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Trotz Corona-VerbotHunderte feiern illegale Raves an Wochenenden in Köln

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An den Wochenenden lösen Einsatzkräfte in Köln und NRW regelmäßig derzeit verbotene Tanzveranstaltungen auf.

Köln – „Echt Alter, heute geht’s ab“, sagt der bärtige Mann in Jeans und schwarzem T-Shirt mit dem böse dreinblickenden grünen Drachenkopf auf der Brust. Er und Dutzende weiterer Frauen und Männer, die Mehrzahl Anfang Zwanzig und jünger, stapfen um ein Uhr in der Nacht durch den dunklen Wald bei Köln-Gremberg. Die Karawane zieht über matschige Wege, unter Brücken hindurch und entlang der Autobahn 559.

Die Aktion sollte geheim ablaufen. Erst zwei Stunden zuvor hatten die 196 Teilnehmer in einer geschlossenen Whatsapp-Gruppe die Koordinaten des Treffpunktes mitten im Wald bekommen. „Handylicht aus und unauffällig in kleinen Gruppen“, sollten sie kommen, hatte es im Chat geheißen. „Keine Boxen oder Alkohol auf dem Weg.“ Denn „schon so oft“ sei ein Event „wegen sowas“ aufgeflogen. Und vor Ort, in der Location, dann „Flugmodus anmachen oder Handy ausschalten“, wird gemahnt: „Das ist wichtig, weil die Polizei sonst die GPS-Daten abliest.“

Tanzverbot in NRW: Keine Statistik über Verstöße

Illegale Techno-Partys und andere Tanzveranstaltungen, die nach der Corona-Schutzverordnung verboten sind, beschäftigen die Behörden immer häufiger. In den vergangenen Monaten wurden derartige Veranstaltungen beispielsweise in Dortmund oder Euskirchen von der Polizei aufgelöst. Eine gesonderte Statistik wird zwar nicht geführt. In mehreren Gastronomiebetrieben in der Altstadt jedoch sei zuletzt „ein diskoähnlicher Betrieb festgestellt und entsprechende Ordnungswidrigkeitenverfahren seien eingeleitet worden“, teilt das Düsseldorfer Ordnungsamt auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit.

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In der Vergangenheit „wurden neben den Einsatzmaßnahmen in Diskotheken und Clubs - stets orientiert an den jeweiligen Regelungen der geltenden Rechtslage - eine Vielzahl an privaten Partys aufgelöst, die rechtswidrig in privaten Räumlichkeiten sowie angemieteten gastronomischen Räumlichkeiten stattfanden“, lässt auch das Presseamt der Stadt Aachen wissen.

Köln: An den Wochenenden regelmäßige Partyauflösungen

Köln scheint ein Hotspot der Szene zu sein. „Vor allem an den Wochenenden“ würden derartige Feste aufgelöst, weiß Stadtsprecherin Simone Winkelhog. Vorletztes Wochenende beispielsweise seien „drei Diskotheken wegen Verstößen gegen die Coronaschutzverordnung geschlossen worden. In allen drei Fällen stellten die Ermittler*innen unzulässigen Diskobetrieb mit Tanz fest.“ Die Polizei habe sieben Strafanzeigen wegen des Verdachts der Fälschung von Testnachweisen erstattet. Und bei einer Party, die man am vergangenen Sonntag im Kölner Stadtteil Mülheim sprengte, wurden nach Polizeiangaben Drogen sichergestellt und 39 Anzeigen wegen Verstoßes gegen die Corona-Schutzverordnung geschrieben. Einige der Gäste seien über angrenzende Dächer geflohen.

Auch die Feierwütigen, die in der Nacht zum Sonntag durch den Gremberger Wald schleichen, erleben eine böse Überraschung. Bevor die Party losgeht, erhellt Blaulicht die Dunkelheit. Vier Streifenwagen versperren den Weg zum Ziel, wo die DJ-Anlage bereits aufgebaut ist. Ein Festungsbau aus der Preußenzeit, der im Zweiten Weltkrieg als Bunker genutzt wurde. Die Raver haben vor einigen Wochen eine mannshohe „Tür“ in die 40 Zentimeter dicke Außenwand geschlagen. Für die Stahlbewährung im Mauerwerk war dann wohl eine Flex nötig.

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Die Raver haben am Sonntagmorgen im Gremberger Wäldchen volle Bierkisten und viel Müll hinterlassen

„Geile Location, da knallt die Musik, und draußen ist kaum noch was zu hören“, sagt ein Junge, der Aufkleber mit Logos von Techno-Labels verteilt. Drinnen im Bunker, in dem häufiger schon getanzt wurde, sind die Räume hoch und stickig. Auf dem Boden liegen leere Flaschen und Zigarettenschachteln. Wer zum ersten Mal durch das Eingangsloch klettert, fühlt sich wie in einem Labyrinth. Nur in einigen Bereichen gibt es ein kleines Lüftungsloch in Deckenhöhe. Etwa 200 Menschen, die hier stundenlang tanzen – der Supergau für jeden Virologen und Aerosol-Experten.

Über Instagram gelangt man schnell zum Rave in Köln

Man benötigt keine drei Clicks im Internet, um etwa auf der Plattform Instagram über anstehende Raves an abgelegenen Orten informiert zu werden. Anschließend wird stolz gepostet: Videos etwa aus der Silvesternacht zeigen einen vollen Raum, eine Halle oder ähnliche Lokalität, und die Menge rastet aus. Die einschlägigen Profile haben mehrere Tausend Follower. „Rave Indoor“ beispielsweise wurde die Party auf Instagram beworben, die am vergangenen Sonntag in Gremberg geplant war. Sogar das Line-Up mit den ausgewählten DJs wurde aufgelistet.

Kein privates Fest also, eine gewerblich organisierte Veranstaltung. Eine einzige Nachfrage reicht, um „eingeladen“ zu werden: Gegen eine „Spende“ von 15 Euro über die Zahlungsplattform Paypal wird man in die geschlossene Whatsapp-Gruppe aufgenommen, die in der Nacht zum Sonntag den Bunker-Standort verrät. Einzige Voraussetzung für die Teilnahme: ein 24-Stunden alter Schnelltest, egal ob geimpft oder nicht.

Rave Chats

Die Chatverläufe

Auf Partys abseits jeglicher Corona-Regeln macht der Verein Gastro Kwartier Latäng schon seit fast zwei Jahren aufmerksam. Ein Mitglied, das anonym bleiben möchte, sagt, man habe der Stadt Köln bereits öfter Namen von Gaststätten genannt, in denen es Verstöße gab. „Die Mehrzahl der Gastronomen halten sich an das Verbot. Aber eine bestimmte Klientel nicht“. Dem Verein würden immer wieder Videos von Tanzfeiern zugespielt. „2G und 2G-Plus wird dort nicht kontrolliert. Für das Pandemiegeschehen ist das katastrophal“, so der Gastronom. „Da wir dagegen kämpfen, haben wir auch schon Drohungen erhalten“.

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Veranstalter drohen Bußgelder, Gästen nicht

Den Veranstaltern illegaler Partys droht ein Bußgeld in Höhe von 5000 Euro. Bei den Gästen ist die Rechtslage kniffeliger. Denn die bloße Teilnahme an einer illegalen Tanzveranstaltung existiert nicht als eigenständiger Bußgeldtatbestand. Sanktioniert werden kann im Einzelfall aber über Umwege. So droht beispielsweise ein Bußgeld in Höhe von 500 Euro, wenn man weiß, dass die Veranstaltung behördlich verboten wurde und dies missachtet wird.

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In einer geschlossenen Whatsapp-Gruppe kommunizieren die Raver. 

Die Raver, die sich am Sonntagmorgen im Gremberger Wäldchen versteckt haben, interessiert das nicht. Es hat ein bisschen etwas von einem Räuber-und-Gendarm-Spiel, wie sie da im Dunkeln warten. „Haltet euch von den Straßen fern und hört auf, über die Gleise zu laufen“, heißt es gegen zwei Uhr in der geschlossenen Whatsapp-Gruppe, nachdem Polizei und Ordnungsamt wieder verschwunden sind. „Wir bauen gerade alles wieder auf.“

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Leere Flaschen und anderes hinterließen  die Raver nach einer mutmaßlich doch noch durchfeierten Nacht im Bunker.

Videos auf Instagram zeigen zwei Tage später das dicht gefüllte Gewölbe. Die Raver tanzen zur lautstarken Musik. Es sei noch „krass abgegangen“ in der Nacht, sagt eine junge Frau, die am Sonntagmittag im menschleeren Bunker steht. Sie sucht ihr Handy, das sie beim Feiern verloren hat. Im Gewölbe stehen noch volle Bierkästen, davor liegt jede Menge Müll.

Etwa 200 Raver seien in der Nacht vor Ort gewesen, teilt die Stadt auf Anfrage mit. Die seien beim Eintreffen der Polizei entweder geflüchtet oder aufgefordert worden, das Gelände zu verlassen. Gegen den DJ als mutmaßlichen Veranstalter sei eine Ordnungswidrigkeiten-Anzeige sowie eine Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch gestellt worden. Und dass die Raver allem Anschein nach anschließend doch noch gefeiert haben? „Dazu liegen der Stadt Köln keine Informationen vor“, heißt es.