- Die wichtigsten Fragen und Antworten zur möglichen früheren Öffnung von Kulturstätten, Gastronomie und Einzelhandel.
Köln – Die Stadt Köln ist von der Landesregierung als Modellstadt ausgewählt worden und darf ein sicheres Öffnungskonzept erproben. Das hat Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart am Freitagvormittag verkündet. Köln kann in einer zweiten Gruppe ab dem 26. April öffnen – vorausgesetzt, dass die 7-Tage-Inzidenz bis dahin unter 100 liegt. Davon ist die Stadt Köln aktuell noch weit entfernt.
Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick
Wie hat Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker die Entscheidung des Landes aufgenommen?
Mit Freude, wie sie sagt. Mit dem Zuschlag für Köln erkenne das Land die Innovationskraft der Stadt an. Dass der Modellversuch erst ab einer Inzidenz von unter 100 starten darf, habe sie nicht nur erwartet, sondern: „Ich begrüße das ausdrücklich“, sagte Reker. Nach einem Jahr Pandemie sei es „unser Anspruch, durch die Entwicklung und den Einsatz geeigneter Werkzeuge und Konzepte den Weg zu einem weitgehend normalen Leben aktiv mitzugestalten“. Der Zuspruch aus der Stadgesellschaft hinsichtlich einer Beteiligung und Mitwirkung an dem Modellprojekt sei schon vor der Bewerbung groß gewesen.
Wie soll das Modellprojekt funktionieren?
Vorbild für das Projekt ist die Stadt Tübingen in Baden-Württemberg. Bei einem negativem Test-Ergebnis erhalten die dort lebenden Menschen ein digitales Tagesticket für Einkaufen, Kino, Theater und Besuche in der Außengastronomie. Überprüfen lässt sich die Echtheit des jeweils aktuellen negativen Tests über das Smartphone. Dazu sollen jeweils regionale Nachverfolgungs-Apps entstehen, die an die Software der Gesundheitsämter angekoppelt werden soll. Oliver Kehrl, Landtagsabgeordneter der CDU aus Köln, sagte im Düsseldorfer Landtag, die Einführung des digitalen Tagespasses werde vom Wirtschaftsinstitut RWI begleitet.
Wie positioniert sich die Stadt Köln?
Entscheidend für den Erfolg des Modellprojekts seien eine sehr gute Kontaktverfolgung – die es in Köln seit einem Jahr gebe – und eine systematische Teststrategie, wie sie in den Kölner Seniorenheimen ebenfalls seit einem Jahr existiere, sagt Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Die Stadt setze aktuell eine Strategie um, die die bereits vorhandene Vielfalt der Kontaktnachverfolgungslösungen in der Stadtgesellschaft unterstütze und zugleich im Falle notwendiger Kontaktnachverfolgungen durch das Gesundheitsamt beherrschbar mache.
„Man muss nicht nur einen Test machen, man muss auch nachweisen, dass man diesen Test selbst und aktuell gemacht hat und dieser gültig ist“, sagt Reker. Dafür seien eine Zertifizierung und auch eine Validierung notwendig. Mit der Voraussetzung eines solchen digitalen Zertifikats in Verbindung mit einer digitalen Kontakterfassung für den Besuch von Friseuren, Museen und im Zoo habe Köln bereits erfolgreich einen eigenen Weg zur Umsetzung in diese Richtung eingeschlagen.
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Für welche Bereiche gilt die sichere Öffnungsstrategie?
Es soll die Öffnung von Einzelhandel, Sportstätten und Museen erlaubt werden, wenn Kontaktverfolgungen und gesicherte Negativ-Tests durch die IT-Systeme sicher möglich sind. Auch einzelne Einkaufszentren sollen in das Projekt eingebunden werden. Shopping-Center könnten als coronafreie Zonen öffnen. Die Stadt Köln kann sich auch eine Ausweitung auf Kulturveranstaltungen und die Außengastronomie vorstellen, falls das Infektionsgeschehen das zulässt. Reker setzt sich aufgrund der vorhandenen Expertise bei der Landesregierung dafür ein, dass Köln in so vielen Bereichen wie möglich zur Modellkommune wird, die Öffnungen mit Schnelltests ausprobieren darf. Die Sichtweise der Stadt sei es, digitale Lösungen nicht als Flickenteppich zu verstehen, sondern als einen harmonischen Gesamtprozess mit aufeinander aufbauenden Elementen. Im Rahmen des Modellversuchs denke sie dabei an räumlich begrenzte Bereiche, die beispielhaft für das stadtgesellschaftliche Leben unter Einbeziehung der Wohnbevölkerung mit Einzelhandel, Gastronomie, Hotellerie und Veranstaltungsbranche stehen. Reker geht davon aus, dass das Land Köln als größte Stadt in NRW mit vielfältigen Lebenslagen in den Modellversuch aufnehmen wird.
Wie sieht es mit den in Köln vorhandenen Testkapazitäten aus?
Die notwendige Testkapazität für die Öffnungsperspektive stehe zur Verfügung, sagte Reker. Stadtweit sei es derzeit möglich, pro Tag 25 000 Tests anzubieten. Tatsächlich würden davon im Durchschnitt nur rund ein Drittel in Anspruch genommen. „Das ist noch viel zu wenig“, sagte die Oberbürgermeisterin. Sie kündigte an, mit Blick auf die Öffnungsstrategie die vorhandenen Kapazitäten mit städtischen Angeboten auszuweiten, gerade auch in Stadtteilen mit einer hohen Inzidenz. Im städtischen Krisenstab werde am Freitag auch über eine flächendeckende Testung seitens der Stadt in den Schulen und Kitas diskutiert.
Wie reagiert die Wirtschaft?
Der Handelsverband Deutschland sieht in dem Konzept viel Potenzial. „Die positiven Auswirkungen bestehen nicht nur darin, dass so ein Teil von Handel und Gastronomie öffnen kann“, sagte Jörg Hamel, Geschäftsführer in der Region Aachen, Düren und Köln. Das Angebot würde in der Bevölkerung auch zusätzliche Anreize für Testungen schaffen. In der Folge könnte sich auch die Verbreitung des Virus im Privaten verlangsamen, weil Infizierte schneller herausgefischt würden. „Wir hätten hier also einen Mehrfacheffekt.“
Wie bewertet das Gastronomie- und Hotelgewerbe den Ansatz?
Der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in NRW begrüßt den Vorstoß. „Wir machen uns grundsätzlich dafür stark, dass die drei G’s – Getestete, Geimpfte und Genesene – Zugang zu unseren Betrieben bekommen“, sagte ein Sprecher am Donnerstag. „Daher begrüßen wir alles, was in diese Richtung passiert.“ Ziel müsste allerdings eine flächendeckende Öffnung des Gastgewerbes sein, nicht nur in Modellkommunen – und auch nicht bloß auf die Außengastronomie beschränkt. „Unsere Forderung geht hier also noch deutlich weiter.“ Eine funktionierende Teststrategie sei für die Branche der wichtigste Baustein auf dem langen Weg zur Herdenimmunität.