Beim Karneval im Kwartier Latäng gehen die Meinungen auseinander. Das zeigt sich auch in den späten Abendstunden an Weiberfastnacht.
Weiberfastnacht in KölnDie Nacht im Kwartier Latäng – Polizei muss bei Schlägerei eingreifen
Schichtwechsel am Barbarossaplatz: Um 17 Uhr an Weiberfastnacht ist es an den Bahnsteigen brechend voll – Polizisten, Superhelden, Menschen in Tierkostümen oder anderen Verkleidungen geben sich die Klinke in die Hand. Während einige nach einem Kölsch zu viel in die Bahn nach Hause stolpern müssen, steigen andere aus.
Sie zieht es ins Kwartier Latäng – hier wird seit den frühen Morgenstunden auf und um die Zülpicher Straße gefeiert. Haufenweise Müll sammelt sich auf der Straße, der ein oder andere Betrunkene sitzt oder liegt ebenfalls am Rand der Feierlichkeiten, anderen Menschen fällt das Sprechen oder die Hand-Augen-Koordination schon merklich schwerer.
Am frühen Abend scheint der Party-Hotspot für die meisten Menschen noch bei den Uniwiesen zu sein. Auf der riesigen Tanzfläche wird ausgelassen zu lauter Karnevalsmusik aus großen Lautsprechern getanzt.
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Moritz (20) ist schon seit 10 Uhr hier, seine Freundin Linda (18) Uhr ist gerade eben erst dazugestoßen. „Ich finde es hier besser als auf der Zülpicher“, sagt Moritz. Die Stimmung sei angenehmer. Für die gebürtige Kölnerin Linda ist es das erste Mal Karneval, sie findet es auf den Uniwiesen „bislang ganz nett“.
Weiberfastnacht in Köln: „Hier ist es nicht so asozial“
Lissi (24), Ina (22) und Kira (19) sind ebenfalls schon seit frühmorgens dabei. Ihnen gefällt es auf den Uniwiesen besser, sagen sie um 18 Uhr. „Hier ist es nicht so asozial“, meint Kira, denn „auf der Zülpicher sind nur Leute, die dich angrapschen!“ Lissi sagt dazu: „Als Frau bist du auf der Zülpicher nicht sicher“. Für ihre Eindrücke wird es später am Abend noch Belege geben.
Ein Teil der Feiernden hat sich derweil an Weiberfastnacht aber auch an den nahegelegenen Aachener Weiher verlagert. Statt einheitlicher Karnevalsmusik dröhnt hier Techno aus diversen Boxen, die die Leute selbst mitgebracht haben.
Marvin (27), Charly (25), Patrick (29) und Vera (25) aus Karlsruhe haben sich auf den Rasen gesetzt und machen Pause, denn sie sind auch schon seit längerer Zeit im Viertel unterwegs. Ihnen gefällt es bislang am Aachener Weiher aber am besten. „Hier haben wir einfach mehr Platz zum Atmen, hier ist es ruhiger“, meint Charlie.
Kölner Polizist: „Heute ist es nicht so schlimm wie am 11.11.“
Auf der Zülpicher Straße sind am frühen Abend immer wieder kleinere Polizeieinsätze zu beobachten, etwa um kurz nach 19 Uhr in Höhe der Hausnummer 33 auf der Zülpicher Straße. Mehrere Polizeibeamte sichern das Geschehen ab: Es kam anscheinend zu einer Schlägerei, zwei junge Männer sind aneinandergeraten. Einer von ihnen versucht sich unter Tränen zu erklären.
Es käme immer mal wieder zu kleineren Auseinandersetzungen zwischen Feiernden, erzählt ein Polizist, der schon seit 8 Uhr morgens im Einsatz sei. Die Weiberfastnacht sei jedoch bislang ein „normaler Karnevalseinsatz“, „aber heute ist es nicht so schlimm wie am 11.11.“, so der Beamte.
Auch der Rettungsdienst der Feuerwehr und der Malteser muss im Kwartier Latäng immer wieder ausrücken. Gelegentlich fahren Rettungswagen durch das Viertel, um Karnevalisten abzuholen, die zu tief ins Glas geschaut, sich Schnittverletzungen an Glasscherben zugezogen haben oder geprügelt haben.
Ein Türsteher der Soul Bar auf der Zülpicher Straße arbeitet zum ersten Mal an Karneval in dem Lokal, seit früh morgens ist er im Dienst. „Aber die Leute sind friedlich, wir haben hier keine Probleme“, erzählt der Mann gegen 19 Uhr, „ich hätte mir das von den Erzählungen viel schlimmer vorgestellt!“
Karneval in Köln: Barkeeper zeigt sich zufrieden
Gegen 22 Uhr hat sich der Straßenkarneval im Kwartier Latäng schon deutlich ausgedünnt. Die Uniwiesen sind schon fast menschenleer. Auf den Platten, die die Rasenfläche schützen soll, liegt ziemlich viel Müll, aus denen Menschen Pfanddosen herauspicken, während die AWB schon die ersten Müllhaufen zusammenkehrt.
Die Absperrungen rund um die Zülpicher Straße werden auch schon abgebaut. Um 23 Uhr sind alle Wege im Viertel wieder frei, auf den Anzeigetafeln der Stadt Köln steht „Vielen Dank für Euren Besuch und kommt gut nach Hause“ – ein Ende der Feierlichkeiten ist allerdings noch nicht in Sicht – in vielen Kneipen wird noch fleißig getanzt.
In der Cuba Bar ist inzwischen allerdings schon Feierabend. Die Mitarbeitenden räumen auf und putzen. „Der Abend war gut für uns“, sagt der Barkeeper mit dem Spitznamen „Latino“. „Zwar nicht so ein gutes Geschäft, die Leute hätten schon mehr Getränke kaufen können, aber es hat Spaß gemacht“, lautet sein Fazit.
Ein Mitarbeiter eines Kiosks schräg gegenüber ist weniger zufrieden. Der Umsatz lag deutlich hinter den Erwartungen – am 11.11. sei das deutlich besser gewesen. Der Kiosk-Mitarbeiter sieht das Problem bei dem Sicherheitskonzept der Stadt Köln. Das hätte zu viele Leute abgehalten, ins Viertel zu kommen.
Karneval in Köln: Eine Vergewaltigung auf der Zülpicher Straße bekannt
Die Feuerwehr Köln ist anderer Meinung. „Das Sicherheitskonzept hat funktioniert“, heißt es vom Lagedienst um Mitternacht. Im Vergleich zum 11.11. im vergangenen Jahr habe man deutlich weniger zu tun gehabt. So wenig, dass bereits um 21.30 Uhr die „besondere Einsatzlage“ im Kwartier Latäng aufgelöst wurde, also Einsatzkräfte abrücken konnten. Bis 23 Uhr gab es rund 110 Einsätze des Rettungsdienstes im Kwartier Latäng – von 800 in ganz Köln an Weiberfastnacht.
Die Leitstelle der Kölner Polizei teilte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ auf Nachfrage mit, dass es im und um das Kwartier Latäng an Weiberfastnacht ein „normales“ Einsatzpensum gegeben habe. Es sei ungefähr mit einer Sommernacht am Wochenende vergleichbar gewesen.
Bis 20 Uhr hatte „Edelgard“, eine mobile Beratungsstelle für Frauen und junge Mädchen, die sexuell belästigt wurden, ebenfalls wenig zu tun. Später allerdings schon: Eine Mitarbeiterin berichtet um kurz vor 1 Uhr von einer Vergewaltigung, die sich auf der Zülpicher Straße zugetragen habe. Ihre Kollegin begleite die Betroffene derzeit ins Krankenhaus.
Außerdem wurden der Beratungsstelle drei Fälle von sexueller Belästigung gemeldet. Und das sind nur die Vorfälle, die Edelgard bekannt sind. Die Leitstelle der Kölner Polizei wollte sich nicht näher dazu äußern, bestätige allerdings, dass es „diverse Sexualdelikte“ gab, jedoch „nur eine einstellige Zahl“.