Köln – „Kumm, mer holle uns die Zick zoröck nor för ’ne kleine Augebleck. Einmol su noh, wie et domols wor...“, heißt es im Refrain des aktuellen Sessionliedes von Miljö, für das die Band jetzt im Straßenbahn-Museum in Thielenbruch Szenen für das zugehörige Musikvideo aufgenommen hat. „In Zeiten der Corona-Beschränkungen, in denen viele Leute zu Hause sitzen und sich im Internet Filme und Videos angucken, wollen wir etwas Schönes beisteuern“, sagen Frontmann Mike Kremer und Nils Schreiber, der Gitarre und Akkordeon spielt. Die musikalische Zeitreise in vergangene Jahrzehnte ist durchaus nostalgisch angelegt, soll aber nicht melancholisch wirken.
„Wir wollen nicht jammern, dass früher alles besser war“
Und auch keineswegs eine Neuauflage von „Och wat wor dat fröher schön doch in Colonia“ von Willi Ostermann oder der „Superjeilen Zick“ von Brings sein. „Wir wollen nicht jammern, dass früher alles besser war“, sagt Kremer. „Wir haben da eher einen gemütlichen Bierabend mit Familie oder Freunden im Kopf, bei dem man sich an schöne Momente erinnert.“
Und so heißt es in dem Lied auch: „Einmol noch zor Lentstroß jonn, einmol in der Sporthall stonn, einmol T1 jeratz, Arsch huh op däm Chlodwigplatz. Kassett eren un aff an’t Meer – dat es all verdamp lang her.“ Die zugehörigen Bilder finden die Musiker in einem alten Straßenbahnwagen. So einen Film über einen von ihren Vätern ausgeliehenen Stapel alter Langspielplatten – von Willy Millowitsch bis David Hasselhoff und Michael Jackson – ein Radio aus den fünfziger Jahren, Inline-Skater aus den 90ern (Kremer: „Damit sind wir selbst noch gefahren“) und vor allem über eine Zeitmaschine, die irgendjemand in dem Waggon vergessen hat. Und damit geht es zurück ins Köln der 20er, 50er, 60er und 70er Jahre.
Arsch-huh-Organisator steuert historische Aufnahmen bei
Die passenden Filmausschnitte steuert Dokumentarfilmer und Sammler Hermann Rheindorf – er ist auch Mit-Organisator der Künstler-Initiative AG Arsch huh – aus seinem umfangreichen Archiv aus professionellen und privaten Hobby-Filmen bei. „Da geht es nicht um den verträumten Blick zurück, sondern um gemeinsame Erinnerungen jeweils einer gesamten Generation.“ Für seine gesammelten Zeitdokumente gab es schon vielfältige Anknüpfungspunkte in der Musikszene. Sie kamen schon bei Konzerten von Brings und Bap auf den Leinwänden im Bühnenhintergrund zum Einsatz oder auch in der „Ussjebomb“-Revue der Bläck Fööss. Rheindorf: „Als kürzlich die Anfrage von Miljö kam, habe ich mich gefreut, dass nun auch eine junge Band den Staffelstab weiter trägt und sich auf die kölschen Wurzeln besinnt.“
Video erscheint Weiberfastnacht
Veröffentlicht werden soll der fertige Musikclip an Weiberfastnacht. „Es ist aber kein reines Karnevalsvideo, sondern schon ein Ganz-Jahres-Produkt“, so Kremer. Für die fünf Musiker war der Dreh unter der Regie von Franz Leibinger, mit dem die Band zuvor schon fünf Videos produziert hat, eine willkommene Abwechslung im Lockdown. Schreiber: „Die zahlreichen Konzertausfälle waren schon frustrierend. Aber wir haben ja alle etwas Manierliches gelernt und konnten nebenbei ein paar kleine Jobs übernehmen.“
Dazu hat man fleißig neue Songs geschrieben und im bandeigenen Studio aufgenommen. „Mehr als 20 Demos sind schon fertig – und es kommen sicher noch einige hinzu“, sagt Kremer. „Wir haben soviel Material und werden ein Album veröffentlichen – als richtige CD mit Booklet und so.“ In diesen Tagen stehen Miljö auch wieder live auf der Bühne. So bei Konzerten in Autokinos am Südstadion – an diesem Dienstag, 2. Februar um 19.30 Uhr (Karten kosten je 25,90 Euro) – sowie in Bonn, in Monheim und in Bergheim. Und das geht dann mit Open-Air-Sitzungen vor Autos weiter bis Karnevalsdienstag.
„Manchmal haben wir sogar vier Auftritte an einem Tag. Da kommt so etwas wie ein Sessions-Feeling auf“, sagt Schreiber und lacht. Nach einigen Wochen Pause geht es für die Band dann im Gloria weiter: mit zwei Unplugged-Konzerten am 10. und – bereits ausverkauft – am 11. April.