Kölner StraßenkarnevalWirte und Anwohner der Zülpicher Straße rufen zu Demo auf
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Köln – Das Chaos ist genau zwei Monate her: Zum Sessionsauftakt am 11.11. versetzten Zehntausende Kostümierte das Viertel um die Zülpicher Straße, auch als „Kwartier Latäng“ bekannt, in Ausnahmezustand. Ein erfahrener Mitarbeiter der Stadtverwaltung sprach später vom „schlimmsten Elften im Elften, den ich je erlebt habe“.
Ein von Oberbürgermeisterin Henriette Reker eingerichteter Runder Tisch erarbeitete Verbesserungsvorschläge. Doch noch bevor sich an Weiberfastnacht zeigen kann, ob die Ergebnisse Früchte tragen, regt sich Kritik. Anwohner, Gastronomen und Einzelhändler rund um die Zülpicher Straße haben für den 2. Februar zu einer Demonstration aufgerufen. Mit den Forderungen ist allerdings nicht jeder im Veedel einverstanden.
Zülpicher Platz komplett überfüllt
„Wir wollen, dass es offensichtlich wird, dass der Runde Tisch die Probleme nicht gelöst hat“, sagt Claudia Uerlich, Vorsitzende des Kwartier Latäng e.V. Zum Sessionsauftakt 2017 waren die Ausschreitungen schlimm wie schon lange nicht – wohl auch, weil der 11.11. auf einen Samstag fiel. Anwohner beschwerten sich über deutlich mehr Alkohol-Exzesse und Wildpinkler. Zwischenzeitlich musste die Polizei die Zülpicher Straße wegen Überfüllung komplett sperren.
Die Idee zur Demo hatten die beiden Wirtinnen Maureen Wolf und Ivana Jankowic von der Gaststätte „Bei Oma Kleinmann“ gemeinsam mit ihrem Mitarbeiter Thore Küther und Anwohner Markus Jennissen. „Wir wollen aus den Hinterhöfen irgendwelcher Anhörungen heraus. Wir wollen, dass endlich etwas passiert“, sagt Jennissen.
Was sie fordern, haben sie auf einem Flugblatt notiert, das sie seit der Genehmigung der Demo am Montag im Veedel verteilen. Sie fordern mehr Ordnungsamt, weniger Müll, aber auch eine stärkere Beschränkung des Zugangs zur Straße.
„Riegelt ab, nehmt Eintritt“, steht auf dem Flyer. Die Hoffnung ist, dass sich so weniger Feiernde für eine Party auf der Zülpicher Straße entscheiden. Umsatzrückgänge befürchtet Gastronomin Wolf nicht: „Unsere Kneipe ist ohnehin voll, ich glaube schon, dass das funktionieren könnte.“
Ganz anderer Meinung ist Yasin Kutlu, Geschäftsführer des „Borsalino“ direkt nebenan. „Ich bin gegen Eintritt auf der Zülpicher Straße. Es ist gut, wenn die Leute zum Feiern zu uns kommen, denn manche Kneipen würde es ohne den Karneval gar nicht geben“, sagt er. Den Ärger über Wildpinkler und Betrunkene könne er zwar verstehen, „es sind aber auch nur fünf Tage im Jahr und keine 365.“
Organisatoren werben um Unterstützer
Dass es unterschiedliche Meinungen und Interessen im Veedel gibt, ist auch den Initiatoren der Demo bewusst. „Es gibt die Alteingesessenen, die Rücksicht auf die Nachbarschaft nehmen. Und es gibt die jüngeren Betriebe, die nicht so ein großes karnevalistisches Verständnis haben“, sagt Claudia Uerlich. Wie viel Rückendeckung die Demo-Organisatoren bei ihren Forderungen haben, möchten sie in den kommenden Tagen herausfinden. Seit Anfang der Woche sprechen sie mit Anwohnern und Gastronomen und werben um Unterstützung. Zugesagt haben die bereits die Betreiber der „Filmdose“, des „Boogaloo“ und des Kinos „Off Broadway“.
Die Forderungen wenden sich gezielt gegen Ergebnisse des Runden Tisches. So hat die Stadt beschlossen, dass an Weiberfastnacht an der Uni-Mensa eine Bühne stehen soll. Das – so die Hoffnung – soll dafür sorgen, dass sich die Masse etwas mehr verteilt. Die Organisatoren der Demo befürchten jedoch, dass genau das Gegenteil der Fall ist. „Ich glaube nicht, dass die Bühne für eine Umverteilung sorgt, sondern sogar noch mehr Leute anlockt“, sagt Gastronomin Wolf. Und sobald das Programm auf der Bühne zu Ende sei, werde die Menge ohnehin wieder auf die Zülpicher Straße strömen.
„Ventil für die Massen“
Dem widerspricht die Stadtverwaltung: „Wir brauchen ein Ventil für die Masse, und das schaffen wir mit der Fläche vor der Bühne“, sagt Ordnungsamtsleiter Engelbert Rummel. Insgesamt werden die Kontrolleure an den Eingängen weniger Menschen als noch am 11.11. hereinlassen, daher könne die Bühne gar nicht für noch mehr Betrieb auf der Zülpicher Straße sorgen. „Irgendwann machen wir dicht“, sagt Rummel. Wie viele Menschen die Kontrolleure auf die Straße lassen werden, soll eine Abstimmung mit der Polizei klären.
Die Kritik der Anlieger bleibt jedoch. Die Bedingungen, unter denen die Ergebnisse des Runden Tisches zustande gekommen sind, seien alles andere als optimal gewesen, kritisiert Uerlich. „Dreimal zwei Stunden sind für so etwas viel zu wenig, da müsste man ein Gesamtkonzept entwickeln“, meint sie. Am wichtigsten sei, dass die Verantwortlichen in der Stadtverwaltung noch intensiver mit den Menschen im Viertel sprechen, sagt Gastronomin Wolf. „Es ist wichtig, dass die Leute hier das Gefühl bekommen, dass sie ernst genommen werden, dann sind viele auch viel eher bereit, von selbst etwas zu organisieren“, meint sie.
Ordnungsamtsleiter Engelbert Rummel verspricht, dass der Runde Tisch keine einmalige Angelegenheit gewesen ist. „Wir wollen weiter mit allen Beteiligten im Gespräch bleiben und nach Karneval gemeinsam schauen, welche Maßnahmen erfolgreich waren“, sagt er. Von den Plänen für eine Demonstration habe er bisher nur aus der Zeitung erfahren.
Die Demonstration
Der Demonstrationszug soll am Freitag, 2. Februar, ab 19.30 Uhr von der Uniwiese neben der Mensa über die Zülpicher Straße, Kyffhäuserstraße, Barbarossaplatz, Hohenstaufenring, Beethovenstraße, Engelbertstraße, Roonstraße, Meister-Gerhard-Straße zurück auf die Zülpicher Straße bis zur Herz-Jesu-Kirche ziehen.
Angemeldet ist die Demonstration für 100 Teilnehmer. „Wenn wir merken, dass es mehr werden, können wir ja noch aufstocken“, sagt Organisatorin Maureen Wolf.