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Mit Sprühkreide auf BürgersteigeKölner Ordnungsamt geht gegen illegale Werbung vor

Lesezeit 4 Minuten
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Kölner Ordnungsamt geht gegen illegale Werbung auf Gehwegen vor. (Symbolbild)

Köln – Am 11. November gingen zahlreiche Beschwerden bei Polizei und Ordnungsamt ein, die nichts mit den karnevalstypischen Ärgernissen zu tun hatten. Ein Streaming-Anbieter hatte am Vortag Werbung auf Bürgersteige in der Innenstadt sprühen lassen, an mehr als 50 Stellen. Obwohl Sprühkreide zum Einsatz kam, folgte die Reaktion prompt: Strafanzeige, Bußgeldverfahren, kostenpflichtige Reinigung. Doch ob das die richtigen Mittel sind, um die illegalen Werbeaktionen zu unterbinden, ist offen.

Karsten Fokuhl ist beim Ordnungsamt für das Präventionsmanagement zuständig. Graffiti fällt in seine Zuständigkeit und damit auch die Sprühaktionen, die die Stadt als Sachbeschädigung und illegale Nutzung des Straßenraums wertet. Das kam in diesem Jahr häufiger vor, berichtete Fokuhl vor kurzem in der Bezirksvertretung Innenstadt, wo er die Bilanz der Kölner Anti-Spray-Aktion, kurz: KASA, vorstellte. Drei Fälle habe er bislang auf dem Tisch gehabt. Die Aktion am Tag der Sessionseröffnung sei die größte gewesen. Im Sommer hatte ein Mobilfunkanbieter Werbung in der Stadt sprühen lassen. Im Vorjahr war dagegen kein einziger ähnlicher Fall angezeigt worden.

Kölner Bürgersteige: Die ganze Stadt zum Kunstwerk machen

Agenturen werben mit Originalität und Effektivität im scharfen Kampf um Aufmerksamkeit. „Verwandeln Sie Gehwege, Plätze und Fußgängerzonen in Werbeflächen für Ihre Werbebotschaft“, preist etwa die Kölner Agentur Inovisco die „Kreide-Stencils“ an. Sie verspricht auf ihrer Webseite, „die gesamte Stadt zu einem Kunstwerk Ihrer Marke“ zu machen. Ob sie für die jüngsten Aktionen verantwortlich ist, ist unklar. Mehrfache Anfragen blieben unbeantwortet. Die Stadtverwaltung äußert sich nicht mit Verweis auf laufende Verfahren.

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Die Kölner Anti-Spray-Aktion

Mehr als 20.000 Quadratmeter reinigt die AWB pro Jahr im Auftrag der Kölner Anti-Spray-Aktion. Gegründet sie 1998 von Stadt, Haus- und Grundbesitzerverein und Polizei, um Farbschmierereien zügig zu entfernen. Im Schnitt gelinge das nach 30 Tagen, heißt es im aktuellen Bericht. 407 Aufträge zur Reinigung hat die KASA im Vorjahr erteilt. Ein großer Teil entfällt auf Schulgebäude (108), Brücken und Tunnel (95) sowie Grün- und Sportanlagen (75). Die Innenstadt ist mit 163 Reinigungen am häufigsten betroffen.

Alle Schmierereien an öffentlichen Gebäuden werden zur Anzeige gebracht. Die Aufklärungsquote sei mit zehn Prozent überdurchschnittlich, so der Bericht. Verfassungsfeindliche Symbole, Beleidigungen und Schmierereien im Domumfeld haben für die KASA besondere Priorität. (phh)

Zu den Kunden der Agentur gehört unter anderem besagter Mobilfunkanbieter. Ein anderer Kölner Anbieter ist die Agentur Hanxx von Oliver Welter, der nach eigener Beschreibung seine Karriere mit dem illegalen Kleben von Plakaten begann. Auf seiner Webseite bietet er zwar das Sprühen mit Kreide und Schablonen an. Er nehme solche Aufträge aber nicht mehr an, sagte er auf Anfrage: „Das macht in Köln keinen Sinn.“ Die Stadt verlange die „rückstandsfreie“ Entfernung. Und das habe sich als zu aufwendig erwiesen: „Das zieht richtig in den Asphalt ein“, so Welter.

Größere Reichweite als Gehwege in Köln schwer vorstellbar

Trotzdem scheinen die Aufträge für andere noch attraktiv zu sein. Eine größere Reichweite als die Gehwege der Stadt am Tag der Karnevalseröffnung sei schwer vorstellbar, sagt Karsten Fokuhl zum jüngsten Fall – und das auf Flächen, die nichts kosten: „Andere mieten legale Werbeflächen und bezahlen dafür viel Geld.“ Ein Verursacher sei selten zu ermitteln, Strafanzeigen würden in aller Regel eingestellt. Die Reinigung übernimmt die AWB. Bei trockenem, heißem Wetter müsse mitunter schweres Gerät zum Einsatz kommen. Die Kosten, im jüngsten Fall ein mittlerer vierstelliger Betrag, können dem Auftraggeber aber in Rechnung gestellt werden.

Die städtischen Mitarbeiter versuchen, den Rahmen auszuschöpfen, damit sich das Geschäft der Agenturen nicht mehr lohnt. Sie verhängen deshalb für jede einzelne Fundstelle ein Bußgeld von bis zu 1000 Euro. „Die Leute wollen über die Straße gehen, ohne sich Kleidung oder Schuhe schmutzig zu machen“, sagt Fokuhl.

Köln handhabe solche Werbung strenger als andere Städte

„Köln handhabt solche Dinge strenger als andere Städte“, sagt Antonio Esmail vom Branchenverband Ambientmedia. Zu den Auftraggebern gehörten auch öffentlich-rechtliche Institutionen. In anderen Städten sei dafür eine Genehmigung gegen Entgelt möglich. Der Schaden sei geringfügig, sagt Esmail, die Farbe „nach dem nächsten Regenguss“ verschwunden.

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„Das sind ja auch sehr gute Ideen, die da auf die Straße kommen.“ Dass deswegen Strafanzeige erstattet wurde, habe er „noch nie gehört“. Aber auch er spricht von einer „sehr großen Grauzone“. Die Verantwortung liege letztlich beim Kunden, das stehe auch so im Vertrag. Ob das Vorgehen von Karsten Fokuhl und seinem Team im Ordnungsamt Erfolg haben wird, will Esmail nicht einschätzen. Was ihre Arbeit erschwert, formuliert er so: „Die Nachfrage ist da. Der Markt verlangt das.“