Wo steht Köln? Nach zwei Jahren sinkender Kriminalität in der Stadt ziehen die Zahlen seit Monaten wieder deutlich an. Vor allem die sprunghafte Entwicklung bei einem Delikt bereitet der Polizei Sorgen.
Wo steht Köln?Das sind die Gründe für die steigende Kriminalität in Köln
Es ist ein sonniger Vormittag im April 2020, mitten im ersten Corona-Lockdown, als der damalige Kölner Kripochef Klaus-Stephan Becker in der morgendlichen Besprechung mit dem innersten Führungszirkel der Polizei Mühe hat, Straftaten zu finden in der Statistik der vergangenen 24 Stunden: „Die Lage stellt sich ähnlich dar wie in den letzten Wochen“, sagt Becker, „nämlich ausgesprochen überschaubar.“ Unter anderem sechs Festnahmen, sieben Taschendiebstähle und ein einziger Wohnungseinbruch.
Diese Zeiten sind vorbei. Längst steigt die Zahl der Straftaten in Köln wieder an, in manchen Bereichen sogar sprunghaft. Eine Bestandsaufnahme.
Einbruch
Konkrete Zahlen will die Polizei erst im kommenden Frühjahr mit der Bekanntgabe der Kriminalstatistik für das Jahr 2022 nennen – das gilt für alle Delikte. Aber ein einziger Einbruch in 24 Stunden wie noch im April 2020 ist es nicht mehr, inzwischen sind es im Durchschnitt wieder mehr als fünf pro Tag, so wie vor Corona, Tendenz steigend.
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Die Menschen sind wieder häufiger unterwegs, Einbrecher finden wieder vermehrt leere Wohnungen vor. Einen weiteren Grund nennt der amtierende Kölner Kripochef Michael Esser: „Flüchtlinge strömen wieder vermehrt über die Balkanroute nach Deutschland, und mit ihnen kommen auch Einbrecherbanden hierher.“
Taschendiebstahl
Auch hier registriert die Polizei seit Monaten einen spürbaren Anstieg. Die Innenstadt sei wieder voller, dies ziehe auch vermehrt wieder Straftäter an, nennt Kripochef Esser die wohl wichtigste Ursache. Verantwortlich sind laut Polizei vor allem Täter aus dem Bereich Nordafrika, insbesondere Algerien, die die Stadt regelrecht „überfluten“, wie es ein Ermittler ausdrückt. Die Täter treten als Taschendiebe auf, begehen Gepäckdiebstähle und haben es auf wertvolle Güter wie Laptops, Handys, Markenkleidung und Kamerazubehör abgesehen.
Betrug
Die Straßenkriminalität ist zwar zwischen 2020 und Anfang 2022 insgesamt stark zurückgegangen, aber die Zahlen beim Betrug im Internet zum Beispiel sind im selben Zeitraum um fast 40 Prozent gestiegen – ein immenser Zuwachs, den es so bei keinem anderen Delikt gibt. Und diese Entwicklung wird sich nach Einschätzung der Polizei noch weiter fortsetzen. Das hat vor allem damit zu tun, dass die Menschen zunehmend im Internet shoppen.
„Corona war natürlich bei dieser Entwicklung ein riesiger Beschleuniger“, sagt ein Ermittler. Meistens handelt es sich um Warenbetrug über Fakeshops, täuschend echt aussehende Verkaufsplattformen oder auch Reiseveranstalter, die den Websites seriöser, namhafter Händler nachempfunden sind. Die Ermittlungen für die Kripo sind schwierig, die Täter sind der Polizei technisch oft ein Nasenlänge voraus – mindestens.
Drogenkriminalität
74 Menschen sind im Vorjahr in Köln an ihrer Drogensucht gestorben, das waren 25 mehr als 2021. An den altbekannten Hotspots floriert der Drogenhandel: Neumarkt, Wiener Platz, Ebertplatz. Täglich und fast zu jeder Stunde sind dort Deals zu beobachten, vor allem auf dem Neumarkt scheinen manche Dealer alle Hemmungen verloren zu haben.
Der neue Drogenkonsumraum am Neumarkt hilft vielen Betroffenen, hat auf der anderen Seite aber noch mehr Süchtige angezogen. Zu beobachten ist seit Monaten die zunehmende Verelendung eines ganzen Viertels, und das mitten in der Innenstadt. Die Stadt ist zwar mit Sozialarbeitern vor Ort, Polizei und Ordnungsamt laufen regelmäßig Streife – sichtbare Verbesserungen gibt es nicht.
Kinderpornografie
Hohe Zuwächse von mehr als 90 Prozent verzeichnet die Polizei Köln bei der Herstellung und Verbreitung von Kinderpornografie. Entsprechende Verdachtsfälle mit Bezug nach Deutschland, die vor allem die US-amerikanische Organisation NCMEC hierhin übermittelt, seien derzeit „mehr als wir abarbeiten können“, sagt ein Ermittler.
Auch bei den Ermittlungen im Bereich Kinderpornografie ist zunehmend technisches Knowhow bei der Polizei gefordert: „Ermittlungen im Darknet oder die Kommunikation der Täter über kryptierte Handyverbindungen sind ernstzunehmende Hürden“, sagte der damalige Kripochef Stephan Becker noch im Frühjahr.