Die Betrugsmasche um Corona-Testzentren in Köln brachte nun den ersten Betreiber vor Gericht.
Strafprozess in KölnSo dreist lief der Betrug mit dem Corona-Testzentrum – immens hoher Schaden
Die Corona-Pandemie beherrschte im Frühjahr des Jahres 2021 den Alltag und Testzentren schossen wie Pilze aus dem Boden. Jeder Interessierte konnte eine solche Teststelle völlig unbürokratisch eröffnen, Nagelstudios oder Discotheken wurden umfunktioniert oder Container und Zelte für den Bürgertest aufgestellt. Unter redliche Betreiber mischten sich aber auch Betrüger. Am Dienstag startete der erste Strafprozess vor dem Landgericht.
Anklage: Testzentrum mit krimineller Energie gegründet
Mehrere Hunderttausend Euro soll der Inhaber eines Corona-Testzentrums in Porz vom Staat erschlichen haben, so heißt es in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft – mit abgerechneten Testungen, die in Wirklichkeit gar nicht stattgefunden haben. Auch hätte der 30-Jährige durch eine fehlerhafte Dokumentation in vielen weiteren Fällen keinen Anspruch auf Auszahlung gehabt.
Der Angeklagte soll für die komplette Kommunikation mit Behörden und den Einkauf von Material wie Testkits, Stäbchen für den Abstrich und Röhrchen zuständig gewesen sein. Er gilt daher als Haupttäter in dem Verfahren. Die Anklagebehörde wirft dem Mann vor, die Zulassung seiner Teststelle im April 2021 bereits mit einem kriminellen Hintergedanken beantragt zu haben.
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Staatsanwältin: Mitarbeiter zum Betrug angehalten
Der Beihilfe beschuldigt ist die Lebensgefährtin des Mannes. Diese soll die Mitarbeiter der Teststelle angewiesen haben, pro Schicht bis zu zehn Testbescheinigungen für Familienmitglieder und Bekannte zu erstellen und so Nachweise für die spätere Abrechnung zu fälschen. Gegen die Angestellten laufen laut Staatsanwältin gesonderte strafrechtliche Ermittlungsverfahren.
Bis August 2022 soll der Angeklagte rund 95.000 Corona-Tests an die Behörden gemeldet haben, ein Drittel davon ohne Berechtigung. Die Beweislage gilt aber als schwierig. Die Richterin schlug daher einen Deal vor. Ein Teil der Anklagepunkte könnte eingestellt werden, übrig bleibe dann ein Schaden von 270.000 Euro. Die Summe müsste der Angeklagte komplett zurückzahlen.
Kölner Richterin stellt Bewährungsstrafe in Aussicht
Die Vorsitzende Richterin stellte dem Beschuldigten bei einem Geständnis eine Bewährungsstrafe in Aussicht, das Verfahren der 20-jährigen Mitangeklagten könnte sogar nach Jugendstrafrecht eingestellt werden. Die augenscheinliche Freude des Pärchens kam bei der Staatsanwältin allerdings nicht gut an – die Anklägerin wollte sich dieser Verständigung zunächst nicht anschließen.
Wie schwierig es war, Testcenter-Betrügern überhaupt auf die Schliche zu kommen, schilderte im Zeugenstand eine Juristin der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, die zuständig für die Abrechnung war. So hätten Betreiber grundsätzlich nur ihre Testzahlen übermitteln müssen – auch ans Gesundheitsministerium, da zusätzlich noch aufgeschlüsselt in positive und negative Tests.
Zeugin: Den Vertrauensvorschuss ausgenutzt
Vereinzelt habe es Prüfungen gegeben, etwa nach auch anonymen Hinweisen von Bürgern, die einen Betrugsverdacht geäußert hätten. „Da haben wir schon mal fünf Umzugskartons an Dokumenten bekommen“, so die Zeugin. Man habe dann geschaut, „ob die Häkchen richtig gesetzt waren“. Grundsätzlich habe es einen Vertrauensvorschuss gegeben, den einige Betreiber ausgenutzt hätten.
Ein Mitarbeiter des Kölner Gesundheitsamtes erklärte, dass zukünftige Betreiber beim Zulassungsantrag lediglich ihre Personalien und den Ort des Testzentrums angeben mussten, medizinische Kenntnisse etwa seien nicht nötig gewesen. Die Politik habe eine flächendeckende Versorgung gewünscht, es habe einen Vertrauensvorschuss gegeben. Der Prozess wird fortgesetzt.