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Drachenglut und HexengalleDas „Spectaclum“ am Fühlinger See lässt das Mittelalter wieder aufleben

Lesezeit 4 Minuten
Eine Frau schießt Bogen.

Beim Spectaculum am Fühlinger See können sich Besucher und Besucherinnen auch im Bogenschießen ausprobieren.

Das „Spectaculum“ am Fühlinger See erfreut sich jedes Jahr großer Beliebtheit. Am Samstag waren zahlreiche Besucher vor Ort.

Am Wochenende verwandelt sich der Fühlinger See wieder mal in einen Ort aus fernen Zeiten: Das Mittelalterfest „Spectaculum Köln“ hat am Samstag (23. September) bereits zahlreiche Besucher angelockt.

Rund um den See bauten mehr als 60 mittelalterliche Händler und Händlerinnen ihre Stände auf. Handwerker verkauften handgemachten Silberschmuck, Felle, Honigwein, Kräutermischungen oder Schwerter. Artisten, Gaukler und Musiker sorgten mit akustischer Musik und Zauberkunst für authentisch mittelalterliche Stimmung.

„Spectaculum“ am Fühlinger See: Authentisch mittelalterliche Atmosphäre in Köln

Wo man nur hinschaut, sieht man Menschen in ausgefallenen Gewandungen, wie die historisch mittelalterliche Kleidung genannt wird: aufwendigen Federschmuck und bestickte Hüte, verzierte Ledergürtel, bunte Rüschenkleider, schwere Schulterfelle und bodenlange Umhänge. Unter dem Motto „Mehr Mittelalter, weniger Plastik“, beschreibt Neuveranstalter Jan Lühr das alte und neue Konzept des Kulturevents. Auf der Folk- und Mittelalterbühne spielen Bands wie Rapalje, Ye Banished Privateers, Die-Streuner, Mythemia, Kupfergold und viele weitere.

Zwei Besucher des Mittelaltermarktes am Fühlinger See

Beim Mittelaltermarkt am Fühlinger See gibt es reichlich zu bestaunen.

Kai (30), Celina (26) und André (30) kommen schon seit 13 Jahren gemeinsam zum Mittelalterfest am Fühlinger See. Am Samstag stehen sie vor einem Stand, an dem handgefertigte Schwerter und Messer verkauft werden und begutachten die Ware. André trägt selbst ein Schwert an seinem Ledergürtel. Er interessiert sich für die mittelalterlichen Waffen, deren Anfertigung und Nutzung. Der 30-Jährige sagt: „Leider habe ich keine Zeit, einem Verein beizutreten, der den Schwertkampf lehrt.“ Um mit vollem Körpereinsatz kämpfen zu können, brauche man zu dem eine teure Ausrüstung, die genau passend auf den eigenen Körper zu geschnitten sein müsse.

Das Interesse der drei Freunde für das Mittelalter sei schon in Kindheit und Jugend durch Kostüme, Spiele und Filme, wie „Der Herr der Ringe“ geweckt worden. André sagt, die Atmosphäre auf solchen Märkten und Festen sei „einzigartig und authentisch“. Mit anderen Besuchern sei man auf der gleichen Wellenlänge. „Man kennt sich nicht, man mag sich trotzdem“, so André.

Mittelaltermarkt am Fühlinger See: Drachenglut, Elfentau und Hexengalle

Schankwirte und Marktköche servieren vielfältige kulinarische Speisen, wie Zyklopenspieße, Rahmfladen und Bratäpfel. Ausgefallene Getränke wie Drachenglut, Elfentau, Hexengalle und Wallnussmet gibt es am Stand „Beerenweine“. Hier verkauft Jochen (37) Weine, Liköre und Schnäpse, nicht nur aus Trauben, sondern auch aus Feigen, Kirschen und Stachelbeeren. Ihm gehört das Unternehmen „Beerenweine“, das seinen Sitz in Minden hat.

Jochen reist quer durch Deutschland, um die Weine und Spirituosen zu verkaufen. Jährlich besucht er 20 bis 30 Märkte, wie das „Spectaculum in Köln“. Auf jedem Markt treffe man neue und interessante Menschen und käme ins Gespräch, erzählt er. Und das schöne sei: „Oft sieht man Leute auf anderen Märkten wieder und es entstehen neue Freundschaften.“

Ein Schmied hämmert herum

Auch die alte Handwerkskunst gibt es an den Ständen am Fühlinger See zu beobachten.

Eine Besonderheit für die Stammkunden von „Beerenweine“ sind die sogenannten Sammeltaler. Fleißige Käufer bekommen pro 25 Euro, die sie bezahlen, einen Taler. Wer insgesamt 50 Taler gesammelt habe, wird zum Ritter geschlagen und bekommt ein Schaukampfschwert überreicht. Einer dieser stolzen Ritter ist Marco (28). Er besucht das Mittelalterliche Phantasie Spectaculum (MPS) schon seit 2013 an verschiedenen Standorten in Deutschland und ist treuer Kunde von „Beerenweine“.

„Spectaculum“: Auch niederländische Händler kommen nach Köln

Denise und Martin stehen am Schmuckstand Papagaio. Seit vier Jahren besuchen sie mittelalterliche Märkte in Deutschland und ihrer Heimat, den Niederlanden. Auf einem Gotik-Festival in den Niederlanden sind sie mit Veranstalter Jan Lühr ins Gespräch gekommen, der sie daraufhin nach Köln einlud.

Ihr Sortiment aus Armbändern, Ketten und Ringen kaufen sie bei einem Händler in Asien ein. Von der Freundlichkeit ihrer deutschen Kunden seien sie immer wieder überwältigt, erzählen die beiden. Nachdem die zwei nach der Corona-Krise wieder am Mittelalterfest in Köln teilnahmen, seien einige Kunden auf sie zugekommen und hätten gefragt, wie es ihnen finanziell geht und sie unterstützt. Das Pärchen sei den Menschen von Herzen dankbar. Denise sagt: „Während der Pandemie fiel unser Job weg und wir hatten ein ganz anderes Leben.“ Deshalb seien sie heute umso glücklicher, wieder am Fühlinger See stehen zu können und mit den Menschen ins Gespräch zu kommen.