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Eisbaden in Köln„Es ist für mich eine Mischung aus Disziplin und dem Energieschub danach“

Lesezeit 4 Minuten
Zwei junge Männer gehen im Fühlingersee im Winter baden. Der Himmel ist mit dunklen Wolken behangen.

Am Fühlinger See in Köln gehen Emil (21) und Jeremias (22) regelmäßig im Winter baden.

Statt Wechselduschen oder Sauna-Eisbecken suchen viele die kalten Seen für die Winterherausforderung. Was man beim Eisbaden beachten sollte.

Es ist ein ungemütlicher Samstag im Dezember. Der Fühlinger See liegt grau vor Emil und Jeremias, der Wind zischt. „Komm, einfach machen!“, ruft Jeremias – und steigt ins kalte Wasser.

Emil (21) und Jeremias (22) aus Köln gehen in den kalten Monaten regelmäßig in den Fühlinger See (Lesen Sie dazu „Risiken und Vorsichtsmaßnahmen“ am Ende des Artikels). Die beiden sind leidenschaftliche Eisbader. „Es ist für mich eine Mischung aus Disziplin und dem Energieschub danach“, erklärt Emil. Eisbaden sei die perfekte Ergänzung zu seinem Fitnessstudio-Training und lasse ihn vitalisiert fühlen.

Eisschwimmen und -baden: Was muss man beachten?

Eisbaden liegt im Trend. Wim Hof ist einer seiner Vorreiter. Spätestens seit Wigald Boning sein tägliches Bad öffentlich gemacht hat und in den sozialen Netzwerken regelmäßig darüber berichtet, findet Eisbaden auch bei Menschen, die sich bislang noch nicht mit dem Kältetrend befasst haben, mehr und mehr Beachtung.

Seit rund zweieinhalb Jahren steigt der Komiker bei Wind und Wetter draußen in ein Gewässer. Am 1. Juli 2022 hatte alles begonnen. Seit dem konnten ihn weder Krankheit noch Kälte stoppen. „Ich gehe auch mit Fieber ins kalte Wasser. Die Ärzte im 18. Jahrhundert haben das sogar empfohlen. Diese Lehrmeinung ist zwar überholt, aber kurzfristig senkt es tatsächlich das Fieber“, sagt Boning.

Doch was treibt Menschen dazu, bei klirrender Kälte in eiskaltes Wasser zu steigen? Und woher kommt dieser Trend, der sich in den letzten Jahren immer weiter verbreitet hat?

Wir haben für Sie zusammengestellt, was Sie beim Eisbaden beachten sollten:

Woher kommt der Trend?

Der Niederländer Wim Hof, auch bekannt als „The Iceman“, hat das Eisbaden in den letzten Jahren massentauglich gemacht. Seine Methode kombiniert Kältereize mit spezieller Atemtechnik. Hof war im August sogar in der Kölner Lanxess-Arena zu Gast, um einen Guinness-Rekord im kollektiven Eisbaden aufzustellen.

Seine Wurzeln hat das Eisbaden allerdings bereits im 19. Jahrhundert. Der katholische Pfarrer Sebastian Kneipp machte damals die nach ihm benannte Wasserkur populär. Er nutzte kalte Tauchbäder, Güsse und Wickel, um verschiedene Beschwerden zu lindern. Kneipp-Kurorte wie Bad Münstereifel wurden Zentren dieser Bewegung und zogen zahlreiche Anhänger an. Noch heute hat der Verband Deutscher Kneippheilbäder und -kurorte seinen Sitz in der Region.

Wo kann man in Köln Eisbaden?

In Köln gibt es mehrere Orte, die sich für den Sprung ins kalte Wasser eignen. Neben dem Waldbad Dünnwald gibt es zahlreiche Seen wie den Fühlinger See, sowie die angrenzenden Bleibtreu See und Otto-Maigler See, die teilweise offizielle Einstiegstellen bieten. Laut Facebook-Gruppe trifft sich die Eisbade-Community am Hitdorfer See jeden Sonntag um 14 Uhr. Der Rhein ist aufgrund der Strömung ungeeignet. Wer das Eisbaden zuerst sicher testen möchte, kann in speziellen Eisbecken in Thermen anfangen.

Am Heider Bergsee in Brühl bietet Micro.Retreats.Köln spezielle Kurse für Interessierte und Anfänger, auch reine Frauenkurse. Mehr Infos gibt es hier.

Warum Eisbaden?

Regelmäßiges Eisbaden soll die Gefäßmuskulatur trainieren und das Herz-Kreislauf-System stärken. Es erfordert Disziplin und soll helfen, über persönliche Grenzen hinauszugehen und die innere Ruhe zu fördern. Viele Eisbader berichten von einem gestärkten Immunsystem und einem gesteigerten Wohlbefinden.

In der Medizin ist man sich allerdings noch uneinig über die genauen gesundheitlichen Vorteile des Eisbades, da es bisher keine belastbaren Daten gibt, die diese eindeutig belegen.

Was passiert in unseren Körpern?

Was passiert in den Sekunden im Körper, nachdem das kalte Wasser betreten wird?

  1. die ersten zehn Sekunden: Der Atem bleibt weg und die Herzfrequenz erhöht sich deutlich. Die Blutgefäße verengen sich und der Blutfluss zentralisiert sich um die lebenswichtigen Organe. 
  2. nach 45 Sekunden: Der Atem und die Herzfrequenz stabilisieren sich.
  3. nach drei Minuten: Die Thermogenese, die körpereigene Heizung setzt ein. Der Körper kann anfangen zu zittern und die Dopaminauschüttung erhöht sich.

Die meisten körperlichen Vorteile sollen nach zwei Minuten erreicht sein. Gerade am Anfang sollte die Eisbade-Zeit aber deutlich darunter liegen.

Risiken und Vorsichtsmaßnahmen

Eisbaden ist nicht für jeden geeignet. Menschen mit Herz- oder Gefäßproblemen sowie Schwangere sollten darauf verzichten. Auch gesunde Personen müssen Vorsicht walten lassen.

Wer ins Freiwasser geht sollte immer auf folgende Punkte achten:

  1. Vorher den Körper durch sanfte Aufwärmübungen mit Fokus auf eine ruhige Atmung vorbereiten.
  2. Nur in sicheren Gewässern mit einem guten Einstieg baden.
  3. In keine tiefen Gewässer oder Gewässer mit Strömung wie den Rhein gehen.
  4. Niemals alleine baden! Immer mit Begleitung.
  5. Den Kopf über Wasser halten.
  6. Langsam ins Wasser steigen, nicht springen oder ruckartig eintauchen.
  7. Das Bad auf maximal fünf Minuten begrenzen.
  8. Danach aufwärmen und in leichter Bewegung bleiben, ohne sich körperlich anzustrengen.

Zusätzlich sollte man bedenken, dass kaltes Wasser im Winter eine etwas höhere Dichte hat, was Bewegungen anstrengender macht.

Bisher keine Rettungseinsätze beim Eisbaden in Köln

Laut Polizei und Feuerwehr gibt es bisher keine Einsätze in Köln wegen durch das Eisbaden in Gefahr geratener Personen. Dennoch warnt ein Sprecher der Feuerwehr eindringlich vor den Risiken, die kaltes Wasser birgt, und verweist auf einen tragischen Fall, bei dem er als Retter mitbeteiligt war.

Damals brach im Jahr 1991 ein Junge beim Spielen auf einem zugefrorenen See ein und geriet unter eine Eisscholle. Es dauerte 43 Minuten, bis er gerettet wurde – eine Zeitspanne, die zu einem schweren Sauerstoffmangel führte. Der Betroffene ist bis heute auf permanente Pflege angewiesen. Obwohl dieser Unfall nicht beim Eisbaden geschah, verdeutlicht er laut dem Sprecher der Feuerwehr die potenziellen Gefahren, die mit kaltem Wasser verbunden sind.

Zwischen Trend und Tradition

Ob es nur ein kurzlebiger Trend ist, lässt sich bisher nicht sagen. Fans sind jedoch überzeugt, dass beim Eisbaden Tradition, Sport und Naturerlebnis vereint würden und eine besondere Möglichkeit zur Selbstüberwindung bieten könnten. Mit der richtigen Vorbereitung und Vorsicht kann es zudem eine bereichernde Erfahrung sein, die sowohl den Körper fordere als auch die Seele belebe.