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„Entscheiden, wie wir leben wollen“Demo gegen CDU-Kurs in Köln – Planschemalöör spielt an Deutzer Werft

Lesezeit 4 Minuten
Der Heumarkt in Köln ist voller Menschen, die gegen die Migrationspolitik der CDU demonstrieren.

Der Heumarkt in Köln ist voller Menschen, die gegen die Migrationspolitik der CDU demonstrieren.

Bei der Abschlusskundgebung an der Deutzer Werft traten Planschemalöör und verschiedene Parteien auf.

Am Samstag, 1. Februar, wurden in Teilen Deutschlands Tausende Menschen zu Demonstrationen gegen die Migrationspolitik der CDU erwartet. Die ersten Kundgebungen hatten bereits am Vormittag begonnen. Auch in Köln waren laut Polizei am Samstag verschiedene Kundgebungen und Versammlungen zwischen 12 und 21 Uhr angekündigt.

Demo in Köln: Deutzer Werft füllt sich und es kommen immer mehr Menschen hinzu

Am Nachmittag begann um 16 Uhr ein Demonstrationszug „gegen den Schulterschluss der CDU, CSU und FDP mit Faschisten“ am Heumarkt und zog in der Kölner Altstadt vorbei am Parteibüro der Kölner CDU zur Deutzer Werft auf der anderen Rheinseite.

Wie ein Polizeisprecher vor Beginn der Kundgebung auf Anfrage mitteilte, gab es starken Zulauf für die Demonstration am Heumarkt. Etwa eine Stunde später seien die angemeldeten 3000 Personen bereits deutlich überschritten worden, so die Schätzung der Polizei.

Gegen 17 Uhr haben sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Kundgebung vom Heumarkt aus auf den Weg durch die Innenstadt gemacht. Am Dom und vorbei am Kölner Hauptbahnhof geht es über die Komödienstraße weiter in Richtung Deutzer Werft. Unter anderem „Nazis raus“ und „Wir sind mehr!“ rufen die Menschen – vor der Kölner CDU-Zentrale nimmt die Intensität der Sprechchöre deutlich zu.

Polizei spricht von Teilnehmerzahlen im „unteren fünfstelligen Bereich“

Die Lage ist nach Angaben Veranstalter und der Polizei friedlich. Die Teilnehmerzahl liegt laut Polizei „im unteren fünfstelligen Bereich“. Die ursprünglich für 17.30 Uhr geplante Abschlusskundgebung an der Deutzer Werft verzögert sich aufgrund der Länge des Umzugs deutlich.

Offizielle Teilnehmerzahlen gebe es seitens der Veranstalter noch nicht, teilt Ulf Brähler von „Zusammen gegen Rechts“ mit. Schätzungen beliefen sich laut Informationen von Brähler auf 35.000 bis 40.000 Menschen.„Der Anfang der Demo war schon am Dom vorbei und da standen immer noch Menschen am Heumarkt, die noch nicht losgegangen sind“, sagt Ulf Brähler. Gegen 18 Uhr war jedoch der Heumarkt laut Polizei wieder frei.

Auftritt von „Planschemalöör“ und Parteien an Deutzer Werft

Auch eine Sprecherin der Veranstalter spricht von 40.000 Teilnehmenden. „Der erste Teil der Demo ist an der Deutzer Werft angekommen“, sagt die Sprecherin gegen 17.50 Uhr. Sie könne aber deutlich sehen, dass von der Deutzer Brücke her noch zahlreich Menschen dazukämen.

Offiziell erwarteten die Veranstalter rund 3000 Teilnehmer – zuletzt waren bei einer vergleichbaren Demo am vergangenen Wochenende in Köln aber deutlich mehr Menschen gekommen. Vielerorts haben Demonstranten zudem angekündigt, Mahnwachen vor den Büros der CDU zu halten.

Auf der Bühne an der Deutzer Werft beginnt die Abschluss-Kundgebung gegen 18.30 Uhr. Es gibt Livemusik unter anderem der Band „Planschemalöör“ und Redebeiträge, auch von Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Parteien, in denen die CDU scharf kritisiert und die AfD als „große Gefahr von Rechts“ bezeichnet wird. „Wir stehen zusammen und setzen ein deutliches Zeichen gegen Verachtung und für Sicherheit der Menschen in diesem Land“, heißt es in einer der Reden.

Demonstrierende kritisieren Friedrich Merz auf Plakaten: „Fritz hör auf Mutti!“

Viele Teilnehmende kritisierten mit ihren Schildern deutlich den Kurs der CDU und ihres Chefs, Friedrich Merz: Auf mehreren Transparenten war das „C“ von „CDU“ durchgestrichen. „Kein Merz ab März“, „Auch du, Friedrich“ und „SCHmerz lass nach“ stand auf anderen Schildern mit Hinweis auf Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz.

Auf einem Plakat war Merz neben Franz von Papen abgebildet, einem der letzten Reichskanzler der Weimarer Republik, der als Steigbügelhalter Hitlers gilt und zwei Jahre sein Vizekanzler war. Ein selbst gemaltes Bild zeigte ein Haus mit erleuchteten Fenstern und dem Hinweis: „Bei Hitlers brennt noch Licht“. Eine andere Teilnehmerin trug ein Schild mit der Aufschrift: „Fritz hör auf Mutti!“. Altkanzlerin Angela Merkel (CDU), die in ihrer Regierungszeit zuweilen „Mutti“ genannt wurde, hatte sich gegen gemeinsame Abstimmungen mit der AfD ausgesprochen.

In bunten Lettern steht „Lillifee statt AfD“ auf dem Schild, das die achtjährige Mona am Rand der Kundgebung in die Höhe hält. Sie findet es „doof“, wenn Menschen nach Herkunft oder Hautfarbe unterschiedlich behandelt werden. „Wir stehen hier, weil wir darüber entscheiden müssen, wie wir in Zukunft leben wollen – offen und tolerant, oder abgeschottet“, ergänzt die Oma, die am Samstagnachmittag mit ihrer Enkelin zum Heumarkt gekommen ist.

Zwei Frauen halten Demo-Schilder in die Höhe mit den Aufschriften „Herz statt Merz“ und „Nicht jeder Merz bringt Frühlingsgefühle“.

Nach der Migrations-Abstimmung im Bundestag gibt es viel Kritik gegen Friedrich Merz – das zeigen auch Plakate auf der Demo am Kölner Heumarkt.

Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat sich zu den Demonstrierenden auf dem Heumarkt gesellt. „Nie wieder ist heute!“, schreibt der Kölner auf X mit einem Bild von sich in der Menschenmenge.

„Ich habe gestern den Tiefpunkt meiner Arbeit in 20 Jahren im Bundestag erlebt“, sagt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach auf der Bühne an der Deutzer Werft. „Wir lassen es nicht zu, dass uns Rechtsextremisten in den Abgrund führen.“

Kundgebungen auch in anderen Städten in NRW: Brandmauer-Demos in Aachen und Essen

In Essen und Aachen haben am Vormittag die ersten für dieses Wochenende in NRW geplanten Demonstrationen gegen den Kurs der CDU in der Migrationspolitik begonnen. In Essen beteiligten sich nach Polizeiangaben etwa 200 Menschen an einer Kundgebung unter dem Motto „Merzrevolution – Die Brandmauer ist gefallen“. In Aachen habe eine Demo von „Omas gegen rechts“ begonnen, sagte ein Polizeisprecher.

Zu einer weiteren Kundgebung in Essen wurden am Nachmittag etwa 3.000 Menschen erwartet.

Die Union hatte am Mittwoch mithilfe der AfD einen Antrag zur Verschärfung der Migrationspolitik im Bundestag durchgesetzt. Ein Gesetzentwurf zur Begrenzung der Migration scheiterte am Freitag allerdings. (mit dpa)