Ehrenfeld – Auf ihrer Suche nach dem „Kölner Weg zum Ausbau und zur Verbesserung der Beteiligungskultur“ machte Oberbürgermeisterin Henriette Reker im Stadtbezirk Ehrenfeld Station. Mission ihrer Tour durch alle neun Bezirke ist es, im Dialog von den Bürgern zu erfahren, welche Wünsche und Ansprüche sie an die Formen der Mitwirkung und Mitentscheidung in dieser Stadt haben.
Im überfüllten Saal des Bürgerzentrums Ehrenfeld hörten ihr gut 250 Menschen nicht nur aufmerksam zu. Sie hatten auch eine Fülle von Vorschlägen, kritischen Anmerkungen und wichtigen Anliegen.
Die wichtigsten Fragen und Aspekte beim Stadtgespräch in Ehrenfeld:
Welche Themen und Probleme brannten den Ehrenfeldern besonders unter den Nägeln?
Meistens ging es um den Straßenverkehr. Insbesondere in den engen Straßen des als Wohngebiet sehr gefragten Stadtteils Ehrenfeld zeigen sich große Probleme. Zwar fahren schon in keinem anderen Stadtteil Kölns so viele Menschen mit dem Fahrrad wie hier, aber dennoch finden Autofahrer kaum freie Parkplätze in den Straßen. Mit einem offenen Brief an die Oberbürgermeisterin machte eine Initiative auf die gängige Praxis aufmerksam, dass das illegale Abstellen von Autos auf Gehwegen seitens des Ordnungsamtes nicht genügend geahndet werde. Die Oberbürgermeisterin will untersuchen lassen, welche Möglichkeiten zur Verbesserung es hier gibt.
Warum kam Oberbürgermeisterin Henriette Reker nach Ehrenfeld?
Den Anstoß für die erstmals stattfindenden Stadtgespräche zwischen einem Kölner Stadtoberhaupt und den Bürgern gab ein Ratsbeschluss vom 12. Mai 2015. Es war der Auftrag an die Verwaltung, eine Beteiligungskultur für Köln zu entwickeln. Die Stadtgespräche bilden einen Teil davon. Ein Arbeitsgremium, das seit Juni 2016 regelmäßig tagt, wertet die Stadtgespräche aus, erarbeitet daraus die Leitlinien und legt sie dem Stadtrat zur Entscheidung vor. Das Ziel – Leitlinien für die künftige Beteiligungskultur in der Stadt Köln – soll Ende des Jahres erreicht sein.
Gibt es Vorbilder für solch einen Prozess?
Ja, es gibt bereits 30 kleinere Städte in der Bundesrepublik, die Leitlinien haben. Als besonders gut ausgeprägtes Beispiel wird die Stadt Heidelberg hervorgehoben. Hier gibt es schon seit 2012 Leitlinien zur Bürgerbeteiligung. Köln ist die erste deutsche Millionenstadt, die sich deren Entwicklung vorgenommen hat.
Haben die Kölner zurzeit denn keine Möglichkeit, sich bei Vorgängen und Themen, die sie interessieren oder unmittelbar betreffen, zu beteiligen?
Doch, haben sie. Es gibt zahlreiche Modelle und Formen der Mitwirkung, und sie werden auch angewendet. Zum Teil sind sie sogar gesetzlich vorgeschrieben. Sie reichen von reinen Informationsveranstaltungen und Ideensammlungen bis zu – mitunter mehrmonatigen – Mitbestimmungsprozessen. Eine reine Entscheidungsbefugnis, die alleine beim Bürger liegt, existiert aber nicht.
Gibt es aus der Vergangenheit ein besonderes Beispiel für eine Bürgerbeteiligung in Köln?
Ja, und zwar bei der Entwicklung des Heliosgeländes am Ehrenfeldgürtel. Gegen das ursprüngliche Vorhaben, auf dem Gelände ein Einkaufszentrum zu errichten, gab es große Bedenken und Widerstände in der Bevölkerung. Am Ende eines moderierten Beteiligungsverfahrens wurde das Vorhaben schließlich zurückgezogen. Mehr noch: Ein Grundlagenkodex wurde ausgearbeitet, der klare Vorgaben zur Nutzung und Gestaltung des Geländes beinhaltet. Innerhalb des aktuellen Leitlinienprozesses gilt diese Bürgerbeteiligung in Ehrenfeld als „Vorzeigemodell“.
Was stellen sich die Ehrenfelder unter einer guten Bürgerbeteiligung vor?
Vorgeschlagen wurde unter anderen: Es sollen möglichst alle Teile der Bevölkerung erreicht werden. Die Teilhabe soll zu einem möglichst frühen Zeitpunkt beginnen. Kinder sollen in die Prozesse einbezogen werden und zwar nicht nur, wenn es um Spielplätze geht.
Welche Kritikpunkte hatten die Bürger an den bisherigen Angeboten?
Sehr häufig wurde beklagt, dass die Kommunikation zwischen der Stadtverwaltung und den Bürgern nicht gut funktioniert. Hier wünschen sich viele Ehrenfelder klare Ansprechpartner im Bürgeramt, besser noch in jedem Stadtteil. Angeregt wurden auch neue digitale Informationsmöglichkeiten wie Youtube-Videos und interaktive Planungsplattformen. Das persönliche Gespräch war jedoch bei vielen Besuchern ebenfalls sehr gefragt. Mit dem Verfahren des Bürgerhaushalts zeigten sich viele unzufrieden. Zum einen wurde beklagt, dass es nach dem Einreichen eines Vorschlags keine Kommunikation zwischen Stadt und Bürgern mehr gebe. Viele empfanden das Vorschlagsverfahren auch als „Sackgasse“, weil viele Wünsche gar nicht umgesetzt würden. Alles sei „reine Show“.
Wie geht es jetzt weiter im Leitlinienprozess?
Die Oberbürgermeisterin wurde von einem ganzen Stab an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern begleitet, die an Themenwänden oder mit Hilfe vorgedruckter Karten die Anliegen der Bürger entgegennahmen. Viele Hinweise wurden in verschlossenen Umschlägen abgegeben. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, seine Anliegen per Brief oder E-Mail an das Bürgerbüro zu übermitteln. Die Adresse lautet: Laurenzplatz 4, 50667 Köln. Die E-Mail-Adresse ist buergerbuero@stadt-koeln.de. Die Stadtverwaltung hat zugesagt, allen Einsendern zu antworten.
Gibt es weitere Informationsmöglichkeiten zum Leitlinienprozess?
Ja. Alle Vorschläge und Ideen an den Themenwänden sollen zunächst als Fotoprotokoll auf der städtischen Internetseite veröffentlicht werden. Hier besteht auch die Möglichkeit, sich über die Ergebnisse aus den anderen Bezirken zu informieren. Darüber hinaus sind die Grundlagen des Leitlinienprozesses sowie die Termine der – öffentlichen – Sitzungen des Arbeitsgremiums abrufbar. Hier geht es zur Seite der Stadt Köln: www.stadt-koeln.de/stadtgespraeche.