Nach Jahren der Verwahrlosung tut sich etwas an Kölns Bahnbögen. Die Bahn hat einen Rechtsstreit gegen den bisherigen Pächter gewonnen.
Eigelstein und EhrenfeldDeutsche Bahn wirft Pächter der Bahnbögen raus – Wie geht es weiter?
90 Bahnbögen gibt es in Köln – 35 am Eigelstein, 55 in Ehrenfeld. Ihr Zustand ist eine von Kölns unendlichen Geschichten: Müll, Verwahrlosung, Leerstand und eine schlechte bauliche Verfassung prägen seit Jahrzehnten das Bild der Bögen. Cafés und Bars, Ladenlokale und Werkstätten, Begegnungsstätten im Veedel – Ideen gab es für die Bahnbögen zuhauf. Passiert ist bislang wenig. Doch nun kommt wieder Bewegung in die Entwicklung der Gewölbe. Denn die Deutsche Bahn, der die Bögen gehören, hat den langjährigen Pächter, die Bahnbögen Köln GmbH, aus dem Vertrag geklagt. Das Urteil des Kölner Oberlandesgerichts (OLG) liegt dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vor.
Deutsche Bahn erhob Räumungsklage für die Bahnbögen
Bis 2044 hatte die Bahnbögen GmbH die Kölner Bahnbögen am Eigelstein und in Ehrenfeld von der Bahn gepachtet, die Pachtverträge gibt es seit 2001 bzw. 2002. Doch damit ist jetzt Schluss. Auf den 18 Seiten des Urteilsschreibens wird ein seit 2020 andauernder Rechtsstreit zwischen der Bahn und dem Pächter ausgeführt. Mit dem Ergebnis: Die Bahnbögen GmbH muss die Bögen räumen. Ein Sprecher der Deutschen Bahn erklärt auf Anfrage, dass die Bahn dem Pächter im Februar 2020 erstmals „aufgrund von Vertragsverletzungen“ gekündigt habe. Diese und weitere Kündigungen habe der Pächter allerdings nicht akzeptiert.
„Daher musste Räumungsklage vor dem Landgericht erhoben werden“, so der Bahnsprecher. Das Landgericht Köln gab der Bahn Recht, der Pächter legte Berufung ein. „Ende letzten Jahres hat das Oberlandesgericht zugunsten der DB entschieden“, so der Sprecher. „Die Entwicklung und Vermarktung der Bögen liegen somit bei der Deutschen Bahn.“
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Deutsche Bahn kannte nicht alle Untermieter der Bahnbögen
Doch was ist vorgefallen zwischen Bahn und Pächter? Was sich hinter den „Vertragsverletzungen“ verbirgt, geht aus dem Urteil des OLG hervor. Es geht dabei vor allem um die Untermietverträge, die der Pächter über die Bahnbögen abgeschlossen hat – und natürlich ums Geld. Denn: Laut dem Urteil des OLG zahlt die Bahnbögen GmbH aufgrund der Sanierungsprobleme „bis heute keine Mietzahlungen an die Klägerin“ – also an die Bahn.
Grund dafür ist ein Passus im Pachtvertrag, laut dem die Bahnbögen GmbH die vereinbarte Pacht von 14.819 Euro erst an die Bahn zahlen muss, „wenn sie selbst ‚nachhaltige Mieteinkünfte erzielt‘“. Beide Parteien gingen davon aus, dass das ab Anfang 2018 der Fall sein würde, bis dahin müsse der Pächter lediglich die Nebenkosten zahlen.
Doch ob die Bahnbögen GmbH mittlerweile eben jene „nachhaltigen Mieteinkünfte“ erzielt, darüber konnte die Bahn sich wohl kein Bild machen. Denn die Untermietverhältnisse, die der Pächter abgeschlossen hat, waren der Bahn nicht komplett bekannt – und damit auch nicht die Mieteinnahmen der Bahnbögen GmbH. Erst im September 2022 habe die Bahnbögen GmbH „eingeräumt, dass sie monatliche Einnahmen in Höhe von 125.000 Euro erzielt“, heißt es im Urteil. Dort sind auch rückständige Mieten und noch ausstehende Nebenkostenzahlungen von insgesamt über einer Million Euro von der Bahnbögen GmbH aufgeführt.
Pächter fordert Sanierung der Bahnbögen von der Deutschen Bahn
Lutz Figge von der Bahnbögen GmbH will sich auf Anfrage zu der gerichtlichen Auseinandersetzung nicht äußern. Er sagt aber: „Die Angelegenheit wird seriös von uns abgewickelt. Die Untermieter müssen keine Befürchtungen haben.“ Von der Bahn fordert er Klarheit darüber, „was sie mit den Bahnbögen vorhat“, so Figge. „Die Bahn muss ihren Verpflichtungen zur Sanierung nachkommen.“
Laut Urteil sind die Bahnbögen am Eigelstein mittlerweile weitestgehend saniert, der Zustand in Ehrenfeld stelle sich aber „insbesondere aufgrund erheblicher Feuchtigkeits-/Wasserprobleme als nach wie vor schwierig dar“. So wurde zum einen der Plan nach Betonschalen in den Bögen, also einer Art Bogen im Bogen verworfen, zum anderen hat ein sogenanntes „Vergelen“, also das Einspritzen von Flüssigbeton in die undichten Stellen, bis heute nicht stattgefunden. Laut des Bahnsprechers könne man aktuell noch nichts Verbindliches zur zukünftigen Nutzung und Sanierung der Bahnbögen sagen. Dazu liefen aktuell „interne Abstimmungsgespräche“, die Untermieter der Bahnbögen würden kontaktiert.
Die bekanntesten dieser Untermieter sind der Baustoffhandel „Doll“ am Eigelstein und der „Club Bahnhof Ehrenfeld“. Dem Urteil nach müssen sie sich über ihre Mietverträge wohl erstmal keine Sorgen machen. Denn solange sie ihren vertraglichen Pflichten nachkommen, kann die Bahn die Herausgabe der Bögen nicht verlangen.
Club Bahnhof Ehrenfeld sieht Zukunft gesichert
Im Club Bahnhof Ehrenfeld hatte man vergangenes Jahr bereits ambitionierte Pläne für die Bahnbögen formuliert. Im Rahmen eines Bundesprogramms erhielten die Betreiber 1,7 Millionen Euro Fördergeld, mit dem nicht nur die bestehenden Spielstätten CBE und das angrenzende Yuca saniert werden sollen. Vielmehr wollten die Betreiber auch zwei weitere, nahegelegene Bahnbögen erschließen, um einen neuen Club zu eröffnen.
Jetzt, wo die Bahn die direkte Vermieterin wird, geht es aber erstmal um die Zukunft der bereits bestehenden Clubs. Mankel Brinkmann, Inhaber des Club Bahnhof Ehrenfelds, sagt: „In der Folge des Urteils sind weitere rechtliche Fragen zu klären.“ In diesem Vorgang befinde man sich momentan. „Wir gehen derzeit davon aus, dass der Bestand unserer Spielstätten auch in Zukunft gesichert ist.“
In der Ehrenfelder Anwohnerschaft reagiert man auf das Urteil des OLGs noch verhalten. „Wir versuchen seit 2019, die Bahnbögen zu beleben“, sagt Dennis Weissenberger vom Ehrenfelder Bahnbögen Verein. Der Verein organisiert Stadtteilfeste und Märkte, wünscht sich in den Gewölben Begegnungsstätten, Lokale, Gastronomie. Und vor allem: ein besseres Erscheinungsbild. „Alles ist besser als die tristen Löcher in der Hüttenstraße, die wir gerade haben“, so Weissenberger. Ob er nun die Hoffnung auf Verbesserung habe? „Mehr Stillstand als jetzt geht zumindest nicht“, sagt er.