Ein für die Ermittlungen wichtiges Gespräch zwischen Angeklagten und dem Vater des Opfers lief offenbar ganz anders ab.
15-Jähriger in Kölner Hafen getötetWende im Mordprozess? Vater des Opfers korrigiert Aussage
Der Strafprozess um den gewaltsamen Tod des 15-jährigen Dara K. im Mülheimer Hafen steht womöglich vor einer entscheidenden Wende. Denn ausgerechnet der Vater des Getöteten korrigierte am Dienstag im Zeugenstand des Landgerichts bei der Polizei getätigte Aussagen, die die Angeklagten schwer belastet hatten. Von einem angekündigten Mord und auch den Motiven, die ihm ein Täter am Vorabend der Tat genannt haben soll, war nun plötzlich keine Rede mehr.
Köln: Massiver Blutverlust nach Stichen in den Oberkörper
Zunächst berichtete ein Gerichtsmediziner, wie genau der Jugendliche in jener Märznacht zu Tode gekommen war. Vier Stiche trafen das linke Bein von Dara K. und vier den Oberkörper. Massiver Blutverlust sei die Folge gewesen, zudem gelangte Blut in die Atemwege. Der 15-Jährige hatte keine Abwehrverletzungen. Ob das womöglich mit einem Festhalten durch weitere Täter erklärt werden kann, konnte der Mediziner nicht sagen. Insgesamt vier Beschuldigte sitzen auf der Anklagebank.
Die Staatsanwaltschaft stützt ihren Mordvorwurf auf Rachemotive. Das spätere Opfer soll zwei der Angeklagten bei einem Gerichtsprozess um Drogenhandel belastet haben, um selbst eine milde Bestrafung zu erreichen – er erhielt Sozialstunden. Der Name Joshua sei gefallen. Jener 19-Jährige war dann am Vorabend der Tat zufällig auf den Vater von Dara K. getroffen. Man steche ihm mehrere Messer in den Bauch, das gehe nicht gut aus, habe Joshua M. laut Anklageschrift geäußert.
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Köln: Vater des Getöteten korrigiert frühere Aussagen
Beim Prozess stellte der Vater das damalige Gespräch im Mülheimer Stadtpark aber in wichtigen Punkten anders dar. „Der kriegt mehrere Messer und er wird das sein ganzes Leben nicht vergessen“, habe Joshua M. zu ihm gesagt. „Wer sollte das nicht vergessen, der Dara?“, fragte der Richter irritiert. Oberstaatsanwalt Bastian Blaut warf ein, dass wohl der Vater gemeint war – nur das passt zur Anklage. „Nein, Dara sollte das nicht vergessen“, bestätigte der Zeuge auf mehrfache Nachfrage.
„Das macht aber einen Riesenunterschied, ob hier ein Mord oder eine Körperverletzung angekündigt wird“, kommentierte das Richter Ansgar Meimberg. Es sei ja dann so, dass der 15-Jährige überleben sollte. Bei der Aussage des Vaters waren nicht nur zuvor genannte Messerstiche in den Bauch kein Thema mehr. Auch, dass der Sohn einzelne Angeklagte kurz vor der Tat vor Gericht verraten habe und dafür bezahlen solle, habe Joshua M. laut aktueller Aussage im Park nicht erwähnt.
Zeugin im Landgericht über Opfer: „Der war auf Kokain“
Eine Bekannte der Angeklagten lieferte danach im Zeugenstand eine völlig harmlose Variante des besagten Gesprächs im Park. Demnach habe der Vater gefragt, wo sein Sohn sei. Joshua M. habe nur geantwortet: „Das weiß ich nicht und das interessiert mich auch nicht.“ Von Drohungen oder gar einer angekündigten Tötung habe sie nichts mitbekommen. Der Staatsanwalt hatte diese Aussagen, die die Zeugin bereits bei der Polizei getätigt hatte, als unglaubhaft bezeichnet.
Die Zeugin berichtete hingegen, dass Dara K. selbst im Vorfeld Drohungen gegenüber einem der Angeklagten geäußert habe. „Der Dara war auch auf Kokain und sehr aggressiv“, sagte die 24-Jährige. Man habe sich die Droge mehrfach zusammen im Bereich der Berliner Straße besorgt und gemeinsam konsumiert. Der Gerichtsmediziner hatte früher am Tag bereits bestätigt, dass der 15-Jährige laut Obduktion regelmäßig Kokain konsumiert habe, wenn auch nicht exzessiv.
Köln: Kein Beweis für frühen Anruf bei der Polizei
In der Verhandlung vom Donnerstag wurde auch ein Telefonanruf bei der Polizei in Köln-Mülheim thematisiert, den der Vater kurz nach der angeblichen Bedrohung im Park getätigt haben will. Er habe den Vorfall geschildert, sei aber abgewiesen worden. Eine Anzeige solle er persönlich aufgeben und zur Wache kommen, hätte ihm ein Polizist gesagt, so der Vater. Das habe er dann nicht getan. Das vermeintliche Gespräch tauchte später nicht in der Anrufliste im Handy auf. Der Richter mutmaßte, dass es den Anruf nie gegeben habe.
Der Prozess muss nun mehr denn je aufklären, unter welchen Umständen der 15-Jährige tatsächlich zu Tode gekommen ist. Der 27-jährige Drogenhändler Ahmet Y. hatte von vorangegangenen Revierstreitigkeiten gesprochen, Dara K. habe die Seiten gewechselt. Y. hatte eingeräumt, den Jungen unter Vorhalt einer Schrotflinte zusammen mit Joshua K. entführt zu haben. Aber nur, um Stärke zu demonstrieren. Ausdrücklich nicht, um Dara K. zu töten. Der Komplize, der bisher schweigt, sei dann jedoch ausgerastet. Der Prozess wird fortgesetzt.