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Erstochener MarlonWende vor Gericht? Kölner Mediziner schließt Unfall nicht aus

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Der Angeklagte Klaus P. im Landgericht mit seinen Verteidigern Marco Heymann und Abdou Gabbar (v.r.).

Köln – Zwei Gutachter haben den Schausteller Klaus P. im Prozess um den auf dem Takufeld erstochenen Marlon (15) zumindest teilweise entlastet. Eine Psychiaterin schloss eine verminderte Schuldfähigkeit des Angeklagten aufgrund einer möglichen Bedrohungslage nicht aus. Ein Gerichtsmediziner sprach zudem von der zumindest bestehenden Möglichkeit eines Unfallgeschehens.

Kölner Gerichtsmediziner schließt Unfallgeschehen nicht aus

„Es ist theoretisch denkbar, dass Marlon ins Messer gefallen ist“, äußerte der Gerichtsmediziner sich am Montag in Saal 10 des Justizgebäudes zu dem Vorfall im April 2012. Das wäre möglich, wenn der 15-Jährige bei einem Sprung auf seinen Nachbarn hin auf eine feststehende Klinge getroffen wäre. Sicher sei feststellbar, dass das Messer den Jungen äußerst wuchtig getroffen habe.

Opfer-Anwalt Tobias Westkamp machte deutlich, an einen Unfall nicht zu glauben. So soll der Angeklagte mit dem Messer regelrecht gefuchtelt haben, und das mache man wohl kaum mit einem starr, sondern viel mehr mit einem locker gehaltenen Handgelenk. Bei letzterem Szenario hätte die Klinge laut Westkamp aber nicht solche Verletzungen im Körper anrichten können.

Angeklagter könnte Todesangst verspürt haben

Eine Psychiaterin schilderte, der Angeklagte könnte am Tatabend womöglich Todesangst verspürt haben. Klaus P. sei nach zwei Herzinfarkten gesundheitlich schwer angeschlagen gewesen. Er habe geschildert, Marlons Vater, der Junge und weitere Personen hätten ihn regelrecht eingekesselt. P. könnte das Messer daher im Affekt eingesetzt haben.

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Ein am vergangenen Verhandlungstag abgespielter Notruf-Mitschnitt hatte die Dramatik des Vorfalls auch aus der Sicht des Angeklagten zeigt. So hatte Klaus P. nach dem fatalen Messerstich selbst bei der Feuerwehr angerufen und einen Notarzt verlangt. „Ich bin das Opfer“, hatte der heute 68-Jährige dabei schwer atmend geäußert, sodass der Leitstelle die Rollenverteilung zunächst nicht ganz klar war.

Verteidiger kritisieren Hartnäckigkeit der Polizei

„Ich würde nie ein Kind angreifen“, hatte Klaus P. nach seiner Festnahme bekräftigt, wie ein Beamter der Mordkommission in einer Vernehmung festgehalten hatte. Die Verteidiger Abdou Gabbar und Marco Heymann kritisierten am Montag die Hartnäckigkeit der Befragung. So hätten Polizisten den Mandanten nochmals befragt, obwohl dieser geäußert habe, keine Angaben mehr machen zu wollen.

Richter Achim Hengstenberg äußerte, dass er das Verhalten der Polizisten als legitim ansehe, was Verteidiger Abdou Gabbar mit dem Ausspruch „ohne Worte“ quittierte. Hengstenberg schlug daraufhin hart auf den Richtertisch, offenbar leicht wütend rief der Vorsitzende in Richtung von Verteidiger Gabbar: „Nein, das ist nicht ohne Worte! Dann nennen Sie mir einen Verstoß!“

Man könne es schon als Nötigung oder Erpressungsversuch werten, dass Klaus P. ohne anwaltlichen Beistand erneut vernommen worden sei, beim zweiten Mal unter dem Hinweis, dass Marlon in der Zwischenzeit an seinen schweren Verletzungen am Herzen verstorben sei, meinte Verteidiger Gabbar daraufhin. Das Argument genügte dem Richter jedoch nicht, einen Regelverstoß der Polizei zu sehen.

Kölner Verteidiger wollen Freispruch erreichen

Bei einem ersten Prozess hatte der Angeklagte fünf Jahre Haft wegen Totschlags erhalten, der Bundesgerichtshof hatte die Entscheidung aufgrund von Formfehlern aufgehoben. Durch die Gutachten könnte nun auch eine fahrlässige Tötung in Betracht kommen. Bei einer angenommenen Affekttat könnte der Strafrahmen nun zudem um einiges gesenkt werden.

Nachdem Klaus P. bereits 19 Monate in Untersuchungshaft gesessen hatte, und der Fall danach viele Jahre unbearbeitet bei der Justiz lag, könnte ihn nun nur noch eine geringe zusätzliche Gefängnisstrafe erwarten. Den Verteidigern reicht diese Aussicht nicht. Sie gehen gänzlich von einer Notwehrlage aus und wollen einen Freispruch erreichen. Der Prozess wird fortgesetzt.