Die ungewöhnliche Segensfeier richtet sich an Paare verschiedenen Alters, sexueller Identität und Herkunft.
Besondere SegensfeierEvangelische Kirche veranstaltet in Köln „Popup-Hochzeit“ für alle
Hoch über den Dächern Kölns zu heiraten ist wohl für viele heiratswillige Paare ein Traum – für Sabine und Renate geht er tatsächlich in Erfüllung: Gemeinsam stehen sie auf einem Balkon des Turms der Christuskirche am Stadtgarten, im Hintergrund glänzen die Dächer des Belgischen Viertels in der Sonne.
Ohne Festgesellschaft, nur im Beisein der Prädikantin, die die Zeremonie durchführt, und eines Violinisten geben sie sich das Ja-Wort. Erst ein paar Tage zuvor hatten sie aus der Zeitung von dem „Pop-Up-Hochzeitsfest“erfahren. „Das wir hier die Möglichkeit haben, unsere Liebe segnen zu lassen und das auf so charmante Weise, das hat für mich den Ausschlag gegeben zu sagen, in diesem Rahmen möchte ich gerne heiraten“, sagt Sabine.
Christuskirche in Köln: Alle dürfen heiraten – spontan und ohne Anmeldung
Wohl die meisten Paare, die sich ewig binden möchten, planen ihren großen Tag Monate im voraus. Mit ihrer Veranstaltung in der Christuskirche an diesem Wochenende bietet die Evangelische Kirche in Köln und der Region eine andere Möglichkeit: Einen Tag lang haben Heiratswillige gleich welchen Alters, Konfession, sexueller Orientierung oder Identität Gelegenheit, sich unkompliziert und kurzentschlossen kirchlich trauen zu lassen – auch ganz ohne Anmeldung.
„Diese Möglichkeit, sich ganz spontan für einander zu entscheiden, wollten wir den Leuten bewusst lassen und haben daher nur die Hälfte der verfügbaren Termine bereits im Vorfeld vergeben“, sagt Sammy Wintersohl, Pressesprecher der Evangelischen Kirche. Nachdem die Anmeldeliste bereits einige Tage zuvor voll war, haben die über 30 Pfarrpersonen und Prädikanten, die bei dem Fest „im Einsatz“ sind, noch einmal aufgestockt und über 90 Termine angeboten.
An verschiedenen Orten um die Christuskirche herum führen sie daher bis zu zwei Trauungen in der Stunde durch – neben dem Balkon des Kirchturms auch ganz klassisch vor dem Altar, auf dem Kirchvorplatz, oder bei einem Picknick unter den Bäumen des Stadtgartens.Wer möchte, kann im Anschluss auch eine kurze Ausfahrt mit einer Hochzeitsrikscha buchen.
Nicht nur für Sabine und Renate hat die Möglichkeit der Spontanität ihren Reiz, auch Sonja und Michael sind von der Idee sehr angetan. Sonja war durch einen Flyer in einem Restaurant auf das Pop-Up-Hochzeitsfest aufmerksam geworden „Ein neues Konzept, ganz spontan und ungezwungen – da dachte ich, das passt zu uns“, sagt sie. Daniel hat es sogar geschafft, seinen Freund Orestino unter einem Vorwand herzulotsen und mit der Trauung zu überraschen. „Ich sagte ihm, wir gehen zu einem besonderen Event – er dachte, es geht um Sport!“, meint er und lacht.
Wintersohl betont, dass es allein um den Segen vor Gott gehe, unabhängig von einer standesamtlichen Hochzeit: „Manche sind schon lange standesamtlich verheiratet, hatten aber nie eine kirchliche Trauung und wollen das nun nachholen. Für viele ist es ein schönes Ritual, eine Zäsur, um ihre Beziehung zu festigen“.
Denn trotz aller Spontaneität, als Jux sehen die Paare die Aktion nicht. „Den Segen zu bekommen, das ist mir tatsächlich wichtig“, sagt Sabine. Sie und Renate sind eigentlich katholisch, „fröhlich-katholisch“, wie sie sagen. „Aber in der katholischen Kirche kann man natürlich noch lange auf so eine Gelegenheit warten“. Auch Sonja ist von ihrer christlichen Erziehung geprägt.
„Wir sind uns sehr sicher, das wir bis zum Lebensende zusammenbleiben wollen und einen guten Segen zu haben ist mir generell wichtig“, sagt sie. Ähnlich sieht es Daniel. „Ich bin Kreole, meine Mutter stammt von Martinique“, sagt er, „die katholische Kirche spielt einfach eine zentrale Rolle in unserer Kultur. Das ganze Jahr ist bei uns um die kirchlichen Feiertage herum geplant.“
Was aber natürlich auch nicht fehlen darf, ist ein Hochzeitspaar in FC-Trikots – hier sind es Melanie und Jens, die sich mit einem Bekenntnis zur gemeinsamen Leidenschaft die Treue schwören. Für weitere Fragen haben sie allerdings keine Zeit: „Wir müssen ins Stadion, das Spiel geht gleich los“, ruft Melanie noch zurück.