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Gerichtsprozess in KölnEx-Burgerladen-Chef soll 1,3 Millionen Euro Coronahilfe ergaunert haben

Lesezeit 3 Minuten
Eingabemaske am PC für die Beantragung einer Corona-Soforthilfe

Besonders geschädigten Unternehmen stand eine Corona-Soforthilfe zu.

Dem 45-jährigen Familienvater droht eine lange Haftstrafe. Eine Mitangeklagte brach vor Gericht in Tränen aus.

Es war ein spektakulärer Aufschlag, der deutschen und österreichischen Ermittlern vor 16 Monaten gelungen ist: In Köln durchsuchten sie die Kanzlei eines Rechtsanwalts, und in einem Hotelzimmer im niederösterreichischen St. Pölten verhaftete die Polizei einen heute 45 Jahre alten Kölner – einen Gastronomen, der über Jahre ein bekanntes Burger-Restaurant im Belgischen Viertel geführt hat. Das Lokal wurde vor längerer Zeit geschlossen.

Der Mann soll mit zwei ehemaligen Restaurant-Kollegen – und möglicherweise unter Mithilfe des Anwalts – auf Basis bewusst falscher Angaben Corona-Soforthilfen in Höhe von etwa 3,2 Millionen Euro beantragt haben. Ungefähr 1,3 Millionen, die ihm nicht zustanden, sollen dem Gastronomen nach Erkenntnissen der Ermittler ausbezahlt worden sein. In der Anklage heißt es, der 45-Jährige habe die globale Pandemie nutzen wollen, um sich persönlich zu bereichern und einen aufwendigen Lebensstil zu finanzieren. Wegen Fluchtgefahr sitzt er seit April in Untersuchungshaft. Er hat einen Verlobte und ein kleines Kind.

Köln: Buchhalterin soll Kontakt zu Anwalt hergestellt haben

Jetzt hat der Prozess gegen den Gastonomen vor dem Kölner Landgericht begonnen, den Vorsitz führt Sabine Grobecker. Mitangeklagt sind die beiden ehemaligen Kollegen des Burgerladens, die bei den Anträgen geholfen haben sollen: ein Ex-Betriebsleiter (32), der mit dem 45-Jährigen eine gemeinsame Gastronomiefirma führte, und eine Buchhalterin (36), eine gelernte Rechtsanwaltsgehilfin. Sie soll auch den Kontakt zu dem Anwalt hergestellt haben, der die Soforthilfe-Anträge geprüft haben soll und gegen den ein separates Verfahren läuft.

Alles zum Thema Amts- und Landgericht Köln

Der Prozess ist angesetzt auf 33 Verhandlungstage, ein Urteil soll im November gesprochen werden. Möglicherweise geht aber auch alles viel schneller, denn nach einem Verständigungsvorschlag der Kammer haben der 45-Jährige und sein früherer Betriebsleiter am Donnerstag, dem dritten Prozesstag, umfangreiche Geständnisse abgelegt. Der Hauptbeschuldigte hat zudem eine Schadenswiedergutmachung in Höhe von zunächst ungefähr einer Million Euro in Aussicht gestellt. Dafür will er unter anderem eine Wohnung in Spanien verkaufen. Das könnte das erwartete Strafmaß deutlich mildern, wenngleich noch immer eine lange Haftstrafe droht.

Köln: Ex-Gastronom droht lange Gefängnisstrafe

Vor Gericht muss er sich außerdem wegen Insolvenzverschleppung und Steuerbetrugs verantworten. Hinzu kommt der Vorwurf, er habe über Jahre Mitarbeiter des Burgerladens teilweise nicht ordnungsgemäß angemeldet und ihnen Schwarzlohn bezahlt, um Sozialversicherungsbeiträge zu sparen.

„Als Unternehmer in der Gastrobranche bin ich gescheitert“, sagte der 45-Jährige in seinem Geständnis, das sein Anwalt vor Gericht verlas. Vielleicht habe er seine Fähigkeiten überschätzt, vielleicht habe er seine Eltern nicht enttäuschen wollen. Jedenfalls sei er überfordert gewesen und nicht in der Lage, ein Restaurant zu führen. „Ich möchte mich entschuldigen und bereue mein Verhalten.“

Sein ehemaliger Betriebsleiter räumte ein, bei einigen Anträgen geholfen zu haben. Er habe jedoch auf Weisung des 45-Jährigen gehandelt, vor dessen Wutausbrüchen und Drohungen er Angst gehabt habe. Irgendwann habe er nur noch „rausgewollt“, aber der Hauptangeklagte habe ihn massiv eingeschüchtert. „Ich war ihm nicht gewachsen.“ Er habe keine Nacht mehr geschlafen und schließlich Selbstanzeige gestellt. „Das waren sehr bedrückende Zeiten. Es wird mir eine Lehre sein.“

Prozess in Köln: „Bezirksregierung und Land als Gelddruckmaschine benutzt“

Die frühere Buchhalterin will sich kommende Woche einlassen. Immer wieder schüttelte sie den Kopf, während der Anwalt des 45-Jährigen dessen Geständnis verlas. Offenbar sieht sie einige Dinge anders. Geht es nach der Staatsanwaltschaft, droht aber auch ihr eine Gefängnisstrafe.

Die Angeklagten hätten die Bezirksregierung und das Land als Gelddruckmaschine benutzt, sagte die Staatsanwältin. Die 36-jährige Rechtsanwaltsgehilfin habe über einen längeren Zeitraum eine „kriminelle Energie in erheblichem Maße“ an den Tag gelegt und allein viermal Subventionsbetrug in einem besonders schweren Fall begangen.

Bei diesen Worten brach die Angeklagte in Tränen aus. Der Prozess wird am kommenden Dienstag fortgesetzt.