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Lange HaftstrafeKölner Gericht verurteilt Ex-CDU-Politiker Bähner

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Hans-Josef Bähner wurde vom Kölner Gericht zu dreieinhalb Jahren Gefängnisstrafe verurteilt. (Archivbild)

Köln – Der ehemalige Kölner CDU-Politiker Hans-Josef Bähner muss für dreieinhalb Jahre ins Gefängnis. Das entschied am Montagnachmittag die 14. Große Strafkammer des Kölner Landgerichts unter Vorsitz von Richter Ralph Ernst. Durch die Schussabgabe in Porz habe der 74-jährige Bähner sich der gefährlichen Körperverletzung, Beleidigung und des illegalen Waffenbesitzes schuldig gemacht.

Bähners Verteidiger hatte Freispruch gefordert

Freispruch hatte hingegen Verteidiger Mutlu Günal für seinen Mandanten gefordert. Und der ehemalige Bezirkspolitiker schloss sich an. Der Schuss auf den jungen Mann in Porz vor zwei Jahren sei rechtlich nicht zu beanstanden, eine Notwehrlage habe dazu geführt. Reue? Fehlanzeige, nicht der Hauch einer Entschuldigung kam Bähner beim Prozess über die Lippen. Nun hat der Senior durch das Gericht offenbar die Quittung erhalten.

Der Vorsitzende Richter erklärte sein Urteil damit, dass Bähner in der Tatnacht vor rund zwei Jahren mit Vorsatz auf einen damals 20-Jährigen geschossen habe, der vor Bähners Bungalow am Porzer Rheinufer mit drei Freunden Musik gehört und Alkohol konsumiert hatte. Dazu mit einer nicht auf ihn registrierten Schusswaffe der Marke Bernardelli. Auch habe Bähner die Männer als „Dreckskanaken“ bezeichnet. Auch das hatte dieser bestritten.

Kölner Richter: Zwei Männer hatten großes Glück

Zwei Männer hätten laut des Kölner Richters großes Glück gehabt. Zum einen das Opfer, das lediglich einen Durchschuss an Arm und Schulter erlitten habe. Und auch der nicht vorbestrafte Bähner, der sich leicht vor dem Schwurgericht hätte wiederfinden können, hätte er sein Gegenüber etwa am Kopf getroffen. Richter Ernst trug die Urteilsbegründung am Nachmittag relativ kurz und trocken vor und bezog sich dabei auch auf das umso ausführlichere und emotionsgeladene Plädoyer von Staatsanwalt Sinan Sengöz, der drei Jahre und neun Monate Haft gefordert hatte.

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Staatsanwalt Sinan Sengöz vertritt die Anklagebehörde im Bähner-Prozess.

Nach Aussage von Sengöz habe sich Bähner in der Tatnacht „perfide und bösartig“ verhalten. „Statt das Ordnungsamt anzurufen und eine Ruhestörung zu melden, hat sich der Angeklagte mit einer Schusswaffe bewaffnet“, so Sengöz, der das Verhalten Bähners als Selbstjustiz bewertete. Bähner habe rassistische Beleidigungen ausgesprochen. Er habe angenommen, dass es sich bei den Männern, die vor seinem Haus Musik hörten, um Personen mit Migrationshintergrund gehandelt haben müsse. Sein politisches Weltbild habe zu dem Groll in der Nacht beigetragen.

Bähner sei kein Neonazi, so Sengöz, habe sich aber in der Vergangenheit auf Facebook gegen Asylsuchende positioniert und rechte Seiten verlinkt. „Es ist unabdingbar, ihn zu einer spürbaren Freiheitsstrafe zu verurteilen“, hatte Sengöz gesagt, das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung sei erschüttert. „In welcher Gesellschaft wollen wir denn leben?“, fragte Sengöz. Sicher nicht in einer, in der völlig ohne Anlass auf Menschen geschossen werde.

Kölner Staatsanwalt: Bähner habe den Konflikt gesucht

Bähner habe in der Tatnacht explizit den Konflikt gesucht, als die vier junge Männer vor seinem Grundstück am Porzer Rheinufer aufgetaucht seien und sich auch laut unterhalten haben, hatte Sengöz vorgetragen. „Komm auf mein Grundstück, dann knall ich dich ab“, habe Bähner mit gezogener Waffe gerufen.

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Laut Staatsanwalt habe der Angeklagte damit versucht, eine Legitimation zu schaffen, die Pistole auch tatsächlich einzusetzen. „Er wollte ihn nicht ins offene Messer, sondern in die geladene Waffe laufen lassen“, formulierte es Staatsanwalt Sengöz. Allerdings ohne Erfolg. Das spätere Opfer habe den Angeklagten hingegen lediglich zurück beleidigt, wenn auch sehr heftig.

Bähner habe das Wortgefecht immer mehr in Rage versetzt, die Situation habe sich hochgeschaukelt. Nach mehreren Versuchen, dem Kontrahenten die Waffe gegen den Kopf zu hauen, habe Bähner mit seiner Bernadelli schließlich abgedrückt. Nicht etwa aus Versehen im Gerangel, wie es Bähner zum Prozessauftakt in seiner Einlassung behauptet habe. Auch der Richter sagte, dass nichts für einen versehentlich gelösten Schuss spreche, da am Abzug entsprechend Kraft aufgewendet werden müsse.

Hans-Josef Bähner sprach vergeblich von Notwehr

Die von Bähner beschriebene Notwehrlage schätzte der Staatsanwalt als Schutzbehauptung ein. Bähner habe seine Aussage an Ermittlungsergebnisse angepasst. Am Tatabend habe er sogar noch alles abgestritten. Ein anderer habe geschossen und die Waffe sei auf sein Grundstück geworfen worden. Daraufhin wurden auch der Beschossene und dessen Freunden auf mögliche Schmauchspuren hin untersucht. Die fanden sich aber lediglich bei Bähner.

Nebenklage-Anwältin Edith Lunnebach kritisierte, dass ihr Mandant seitens des Angeklagten und dessen Verteidigung vom Opfer zum Täter gemacht werden sollte. Dementsprechend aggressiv hätte Verteidiger Mutlu Günal diesen und die weiteren Zeugen befragt. Günal hatte den Beschossenen noch in seinem Plädoyer als „Hochstapler und Lügner“ bezeichnet.

Anwalt spricht von „Skandal-Urteil“ und kündigt Revision an

Günal sagte, dass der Staatsanwalt die Zeugenaussagen der jungen Männer nicht hinterfragt habe. Die hätten aus einem seitens Bähner am Tatabend wohl gefallenen „Dreckspack“ später Begriffe wie „Dreckskanaken“ und „scheiß Ausländer“ konstruiert, davon sei in ersten Polizeivernehmungen nicht die Rede gewesen. Doch auch das Gericht war hier anderer Meinung. Der Fokus habe zunächst voll auf der Schussabgabe gelegen und außerdem habe der Beschossene noch im Krankenhaus zu drei Gelegenheiten von rassistischen Beleidigungen berichtet. Nichts spreche für einen von Bähners Seite beschriebenen Komplott.

„Ich schließe mich meinen Verteidigern an“, hatte Bähner zu den Freispruch-Anträgen von Anwalt Günal und dessen Kollegen Boris Krösing verlauten lassen. Günal sprach von einem „Skandal-Urteil“, das Gericht hätte wesentliche entlastende Begebenheiten außer Acht gelassen. Abgeschlossen ist das Verfahren mit dem Urteilsspruch nicht. Günal kündigte gegen die nicht rechtskräftige Entscheidung Revision zum Bundesgerichtshof an.