Hilferuf von Schülern und Eltern: Die Politik einigt sich auf ein Unterstützungskonzept für die Schulen.
Jeder vierte Schüler betroffenKöln finanziert Workshops zur mentalen Gesundheit an allen Schulen
Jeder vierte Jugendliche leidet laut aktuellen Studien unter psychischen Problemen: Essstörungen, Ängste, Depressionen und dauerhaftes Schuleschwänzen nehmen an den Schulen auch nach dem Ende der Pandemie weiter zu. „Wir brauchen endlich Hilfe!“ klang der öffentliche Ruf bereits im Januar aus den Kölner Schulen. Davor hatte die Bezirksschüler*innenvertretung im November ein eindringliches Notsignal ausgesendet. Im Sommer wandte sich schließlich auch die Elternschaft der Kölner Gymnasien mit einem offenen Brief an Oberbürgermeisterin Henriette Reker.
Nun hat die Stadt konkrete Unterstützung beschlossen: Einstimmig votierte der Schulausschuss in einer Dringlichkeitssitzung dafür, dass in diesem und im nächsten Jahr 25.000 Euro in den Haushalt bereitgestellt werden, um die mentale Gesundheit von Schülerinnen und Schülern zu verbessern. Mit dem Betrag sollen nach Möglichkeit an allen Schulen in allen Stadtteilen Workshops zur mentalen Gesundheit in Form von AGs oder im Klassenverbund angeboten werden.
Partner der Stadt soll hierfür die Bezirksschüler*innenvertretung sein, da diese als Schnittstelle zwischen Schulen und Stadt die Bedarfslage vor Ort am besten kenne. Durchgeführt werden sollen die Workshops von Anbietern wie etwa „Verrückt! Na und“, „Kopfsachen e.V.“ oder „Mind the Mind“, die erfolgreich solche Workshops bereits in vielen Städten anbieten.
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Honorarkraft soll die Hilfen in Köln koordinieren
Da die Entscheidungshoheit darüber, ob solche Workshops an ihrer Schule angeboten werden, bei den Schulleitungen und nicht bei der Stadt liegt, wurde der Beschluss mit einem Zusatz versehen: Wenn diese verweigert würden, könnten die Anbieter der Workshops auch in Jugendzentren ausweichen. Mit dem Geld soll auch ermöglicht werden, dass angegliedert an die Bezirksschüler*innenvertretung eine Honorarkraft eingestellt wird. Diese soll die Kontinuität der Arbeit sicherstellen, da die jeweiligen ehrenamtlichen Vertreterinnen und Vertreter der Schüler ja nur auf Zeit gewählt sind.
Dabei war es ein langer Weg, bis die schon lange zugesagte Unterstützung nun endlich konkret wurde: Nachdem das Thema bereits zu Beginn des Jahres von SPD und Linken auf die Tagesordnung gebracht wurde und auch alle anderen Fraktionen einmütig Handlungsbedarf sahen, gab es immer wieder Vertagungen und Änderungsanträge. So auch in der aktuellen Sondersitzung des Schulausschusses: Nach einem Plädoyer des schulpolitischen Sprechers der SPD, Oliver Seeck, keine weitere wertvolle Zeit zu verlieren und einem Kompromissvorschlag des schulpolitischen Sprechers der Linken, Heiner Kockerbeck, einigte man sich aber schließlich doch noch in der Sitzung auf einen modifizierten gemeinsamen Antrag.
Hilferuf der Kölner Schülerschaft
Im November vergangenen Jahres hatten 1000 Schülerinnen und Schüler aus vielen Kölner Schulen initiiert von der Berzirksschüler*innenvertretung und dem Kölner Jugendring mit der Fachtagung „Breaking the Silence“ in der IGIS Gesamtschule ein Zeichen für die Entstigmatisierung psychischer Probleme gesetzt. Gleichzeitig hatten sie deutlich gemacht, wie groß das Problem an den Kölner Schulen ist. Kurz danach richteten Schulleitungen, Lehrkräfte und viele Verbände einen runden Tisch zum Thema mentale Gesundheit ein und setzten einen Hilferuf ab: „Wir brauchen Unterstützung. Und zwar sofort, direkt vor Ort, niedrigschwellig und langfristig finanziert“, hatte die Schulleiterin des Albertus-Magnus-Gymnasiums, Antje Schmidt, im „Kölner Stadt-Anzeiger“ gefordert.
Kurz vor den Sommerferien konstatierte die Kölner Elternschaft der Gymnasien in ihrem Brief an OB Reker, dass psychische Probleme das Thema Schulplatz- und Personalmangel an den Schulen von Platz eins der Sorgen-Liste verdrängt hätten.
Dabei sind die Workshops allenfalls ein Anfang: Schulen fordern von der Landesregierung die Finanzierung von Schulsozialarbeiterstellen für alle Schulen. Die Kölner Schulverwaltung erarbeitet derzeit mit der Uniklinik ein Konzept, mit dem betroffene Kinder und Jugendliche besser über Unterstützungsangebote informiert werden sollen. Außerdem wird der Schulpsychologische Dienst um eine Stelle aufgestockt, um mehr Sprechstunden vor Ort an Schulen anbieten zu können.