In unserer PLUS-Serie „Köln früher und heute” zeigen wir jede Woche einen Ort in Köln und erzählen von dessen Geschichte und Gegenwart.
In dieser Folge geht es um die Hohenzollernbrücke. Heute vor allem als Liebesbrücke bekannt, war sie früher ein Monument historischer Bedeutung.
Ihre zwei großen Türme verlor sie mit der Zeit. Wir erzählen die Geschichte der Brücke.
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Köln – „Dann dröhnt der Boden plötzlich wie ein Meer: „Wir fliegen, aufgehoben, königlich durch nachtentrissne Luft, hoch übern Strom. O Biegung der Millionen Lichter, stumme Wacht, Vor deren blitzender Parade schwer die Wasser abwärts rollen. Endloses Spalier, zum Gruß gestellt bei Nacht!“ Die neue Brücke, die Ernst Stadler 1913 in seinem Gedicht „Fahrt über die Kölner Rheinbrücke bei Nacht“ mit überschwänglichen Worten bedachte, war mehr als nur ein wichtiger Verkehrsweg.
Sie war ein Monument mit militärischer Bedeutung. In den unteren Geschossen der wuchtigen Eingangsportale hätten im Ernstfall Soldaten Stellung bezogen. Das galt auch für die Türme auf den Zwischenpfeilern. Da die Preußen ständig einen neuen Krieg mit Frankreich befürchteten, bauten sie die Hohenzollernbrücke – wie viele andere Bauwerke auch – zum Bollwerk aus.
Zwischen 1907 und 1911 wurde die spektakuläre Rheinüberquerung errichtet. Alles an ihr war anders und größer als zuvor. Erst 1859 war die Vorgängerin der Hohenzollernbrücke fertig geworden. Die Dombrücke war die erste feste Rheinbrücke seit der Antike und diente dem Anschluss des neuen Centralpersonenbahnhofs direkt neben der monströsen Dombaustelle an das Rechtsrheinische. Ab 1842 wurde der Dom vollendet. Mit der Baustelle wollte Preußen-König Friedrich Wilhelm IV. sein Prestige ausbauen und die Herzen der Rheinländer erobern. „Berlin rang immer darum, die Seele des französisch beeinflussten Kölns zu gewinnen“, sagt der ehemalige Kölner Stadtkonservator Ulrich Krings.
Damit jeder sehen konnte, was die Preußen zustande brachten, wurde die Dombrücke auf die Kathedrale ausgerichtet. Eine „unglaublich kluge Marketingentscheidung“ sei der Domausbau gewesen, sagt Ulrich Krings. Die Großbaustelle ließ etwas entstehen, das heute Tourismus heißt. Dank des neuen Hauptbahnhofs und der Dombrücke konnten die Köln-Besucher nun bequem auch per Zug anreisen, wo sie früher auf die Rheinschifffahrt angewiesen waren. Köln war ein beliebtes Reiseziel geworden.
Schon bald war die Dombrücke mit ihren beiden Brückenzügen (einer für Eisenbahnen, einer für Fuhrwerke) dem Ansturm nicht mehr gewachsen. Die Hohenzollernbrücke sollte die Engpässe beseitigen. Anstatt der bisherigen zwei Gleise entstanden nun drei Brückenzüge mit vier Gleisen sowie Fahrbahnen für den Straßen(bahn)-Verkehr. Der schlichtere Vorgängerbau wich einer monumentalen Architektur, die ganz dem Geschmack Wilhelms II. entsprach. „Burgartige Bauten waren der Lieblingsstil des Kaisers“, sagt Ulrich Krings. Nur die Ausrichtung der Brücke auf den Dom blieb unverändert.
Auf jeder Seite der Eisenbahnbrücke entstanden wuchtige Eingangsportale. Zwischen den Türmen befanden sich drei Bögen, durch die Züge, Autos und Lkw fuhren. „In der ersten Etage darüber saßen die Stellwerker“, so Ulrich Krings. Die unteren Geschosse der Türme waren für Polizeiwachen oder eben für eine militärische Nutzung vorgesehen. Das neue Bauwerk, dem Architekt Franz Schwechten Fassaden aus den damals angesagten Bossenquadern verpasste, war ein Ehrengeschenk der preußischen Bahngesellschaft und der Stadt Köln an den Kaiser – und gleichzeitig eine Demonstration der Macht.
Auch die Zahl der Reiterstandbilder verdoppelte sich. War die Dombrücke noch von zwei kaiserlichen Reitern aus der Dynastie der Hohenzollern flankiert – Wilhelm I. auf Deutzer Seite und sein Bruder Friedrich Wilhelm IV. auf der Dom-Seite –, rückten die Brüder nun gemeinsam ins Rechtsrheinische, während am Dom zusätzlich Kaiser Wilhelm II. und sein Vater Friedrich III. Stellung bezogen. So ist es bis heute geblieben.
Das Erscheinungsbild der Hohenzollernbrücke hat sich jedoch geändert. Nach dem Krieg lagen die eisernen Bogenfachwerkträger im Rhein. Die deutsche Wehrmacht hatte sie in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs selbst gesprengt, um den von Westen anrückenden Amerikanern den Weg abzuschneiden. Zuvor war die Hohenzollernbrücke – wie der Dom – nur unwesentlich zerstört worden.
Kölner Hohenzollernbrücke: Eingangsportale Ende der 1950er Jahre abgebaut
Ende der 1950er Jahre wurden die neoromanischen Eingangsportale abgebaut, obwohl sie nicht zerstört wurden. Ulrich Krings bezeichnet diese Entscheidung als großen Verlust, der auf die Abneigung der Nachkriegszeit gegenüber der Ästhetik des späten 19. Jahrhunderts zurückzuführen sei. Ebenfalls nicht mehr neu errichtet wurde die südliche Fahrbahn für die Autos – ein erster Schritt, um den Dom vom Autoverkehr zu befreien. In den 1980er Jahren kam jedoch im Norden ein Brückenzug für den S-Bahnverkehr hinzu, sodass die Hohenzollernbrücke heute dieselben Ausmaße hat wie früher.
Die Zeiten haben sich geändert. Im Ersten Weltkrieg wurden über die Hohenzollernbrücke Soldaten und Material an die Westfront transportiert. Und 1936 jubelten die Kölner der Wehrmacht zu, die über das Bauwerk in das Rheinland einzog. Heute hängen Tausende Liebesschlösser an den Geländern. Auch das wäre mal ein überschwängliches Gedicht wert.