Bei der Diskussion wurde deutlich, dass es außer Zuspruch auch einige Vorbehalte gibt. Kernstück ist die Schaffung eines neuen unterirdischen Fernbahnhofs.
„Köln 2050 – Visionen für die Stadt von morgen“Grünen-Fraktion lud zur Diskussion – Verlegung des Hauptbahnhofs umstritten
„Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“, sagte einst Helmut Schmidt. Positiv verstanden ist eine Vision ein richtungweisendes Zielbild. In diesem Sinne veranstaltete die Grünen-Fraktion im Kölner Stadtrat im Bürgerzentrum Ehrenfeld ihr neuntes Kommunalpolitisches Forum mit dem Titel „Köln 2050 – Visionen für die Stadt von morgen“. „Wir wollen groß denken, das große Ganze im Blick haben“, sagte Fraktionsvorsitzende Christiane Martin als Moderatorin des Abends, bei dem es um eine bestimmte Vision ging: das Konzept der „Neuen Mitte Köln“, das der gleichnamige Verein um den Architekten Paul Böhm vorantreibt. Bei der Diskussion darüber wurde deutlich, dass es außer Zuspruch einige Vorbehalte gibt.
Grundzüge des Projekts gliedern sich in drei Teile
Böhm legte die Grundzüge des Projekts dar, das sich in drei Phasen gliedert. Kernstück ist die Schaffung eines neuen, unterirdischen Fernbahnhofs auf dem Gelände, wo sich bisher der – von Böhm „untergenutzt“ genannte – Güterbahnhof Kalk befindet. Er soll den Hauptbahnhof ablösen und auch die Funktionen des Bahnhofs Köln Messe/Deutz übernehmen. Mehrere Tunnel, etwa unter dem Rhein und auf der S-Bahnstrecke im Bereich Hansaring, sollen den Schienenverkehr unter der Erde verschwinden lassen. Durch all diese Veränderungen würden oberirdische Flächen frei, auf denen Grünanlagen und Quartiere für Wohnen und Gewerbe entstehen könnten.
Auf der Hohenzollernbrücke würden ebenfalls die Schienen weichen und Platz machen für Fuß- und Radwege, Grünflächen und zum Beispiel Cafés. So weit grob skizziert die Vision der „Neuen Mitte Köln“. Der Verein werde in ein paar Monaten eine „Umsetzungs- und Wirksamkeitsstudie“ in Auftrag geben, sagte Böhm. Die Kriterien hat das Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt und Energie erarbeitet.
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Kritik an Verlagerung des Hauptbahnhofs
An der Verlagerung des Hauptbahnhofs nahm manch einer Anstoß. „Da wird ein Herz verpflanzt“, kritisierte ein Zuhörer. Die bisherige Lage sei sowohl für die Einwohner als auch für auswärtige Besucher ideal. Die Fahrtzeit von Kalk in die City oder in den Kölner Westen wäre viel zu lang. Vereinsgeschäftsführer Thomas Müller sagte, dem Einwand sei oft zu begegnen, denn für viele habe der Hauptbahnhof so, wie er platziert ist, einen „emotionalen Wert“. Doch sei zu bedenken, dass der Fernverkehr in Kalk schneller abgewickelt werden könnte. Christiane Martin erinnerte daran, wie oft Züge auf der Hohenzollernbrücke vor der Einfahrt in den Hauptbahnhof warten müssten.
Skepsis an Tunnel-Plänen
Skepsis wurde ebenso mit Blick auf die Tunnel-Pläne laut, auch aus ökologischen Gründen, weil viel Beton verbaut werden müsste. Anlass für Böhm, grundsätzlich zu werden: „Ich glaube, Beton ist mittel- und langfristig alternativlos.“ Allerdings müsse man zusehen, wie sich dieses Material mit geringerem Ausstoß von Kohlendioxid herstellen lasse. Ausgerechnet von einem Grünen, Innenstadt-Bezirksvertreter Martin Herrndorf, kam eine Breitseite. Verkehrspolitisch sei die Vision eine „vollkommene Katastrophe“, die Verbannung des Hauptbahnhofs aus der City sei „der schlimmste Angriff auf den ÖPNV, seit es die Stadt gibt“, auch „klimatechnisch“ habe man es mit einer „Katastrophe“ zu tun, weil „das Auto keinen Quadratmeter verliert“. Wenn, wie vorgesehen, rund um dem neuen Fernbahnhof ein neues Quartier entstünde, würden „gewachsen Strukturen“ in Kalk zerstört, und „bezahlbares Wohnen“ wäre dort nicht mehr möglich.
Böhm hielt dagegen. Woher wolle man zum Beispiel wissen, dass „der ÖPNV hinten runterfällt“? Sein Appell: „Lasst uns erst mal diese Studie machen.“ Das Konzept der „Neuen Mitte“ sei „ganzheitlich“, untestrich er, es umfasse weit mehr als den Schienenverkehr des „Bahnknotens Köln“, den die Deutsche Bahn dabei ist auszubauen. Köln habe die „riesige Chance“ einer „Stadtreparatur“. Im Kern gehe es darum, das Links- und das Rechtsrheinische „zu einer Stadt zu verbinden“. Eine Besucherin, die der Vision offenbar viel abgewinnen konnte, sagte: „Es wird eine völlig andere Stadt sein.“