AboAbonnieren

Sechs Jahre alter U-Bahn-PlanKölner SPD schlägt Doppellösung für die Ost-West-Achse vor

Lesezeit 5 Minuten
So soll die U-Bahn-Haltestelle Neumarkt bei einer Tunnellösung für die Ost-West-Achse aussehen.

So soll die U-Bahn-Haltestelle Neumarkt bei einer Tunnellösung für die Ost-West-Achse aussehen.

Diesen Vorschlag machte die Fraktion bereits vor sechs Jahren – ohne Erfolg. Kann so eine Entscheidung über die Ost-West-Achse getroffen werden?

Nach wie vor gibt es keine politische Entscheidung, ob auf der Ost-West-Achse zwischen Heumarkt und Aachener Weiher ein 2,7 Kilometer langer Tunnel entstehen soll oder nicht. Während CDU und FDP im Stadtrat einen Tunnel favorisieren, setzen sich Grüne und Linke für einen oberirdischen Ausbau ein. Die Fronten sind verhärtet. Die SPD hatte sich zuletzt bedeckt gehalten, obwohl der Fraktion eine entscheidende Rolle zukommt.

SPD will einen Tunnel unter dem Rhein und eine oberirdische Trasse

Jetzt gehen Fraktionschef Christian Joisten und der verkehrspolitische Sprecher Lukas Lorenz in die Offensive – und zwar mit einem sechs Jahre alten Plan. Die SPD will zwar einen U-Bahn-Tunnel bauen, aber gleichzeitig oben bleiben. Der damalige Fraktionschef Martin Börschel und der damalige verkehrspolitische Sprecher Andreas Pöttgen hatten genau diese Idee bereits im März 2018 vorgestellt. Nun präsentiert sie auch der jetzige Fraktionschef Christian Joisten: „Wir wollen die U-Bahn unter dem Rhein.“ Die Doppellösung soll so funktionieren: Der neue Tunnel soll nicht wie von der Stadt geplant am Heumarkt beginnen, sondern in Deutz und unter dem Rhein hindurchführen.

So soll die Stadt-Bahn-Haltestelle Heumarkt für die Ost-West-Achse aussehen.

So soll die Stadt-Bahn-Haltestelle Heumarkt für die Ost-West-Achse aussehen. 

Die Stadtbahn-Linien 1 und 9 sollen durch diesen Tunnel fahren, während die Linie 7 weiterhin oberirdisch fährt. Hinter dem Neumarkt würde die Linie 7 auf der bisherigen Strecke der Linie 9 nach Sülz weiterfahren, so dass es nicht nötig wäre, dort ein unterirdisches Bauwerk zum Abbiegen zu errichten. Das würde einerseits Kosten sparen und andererseits müsste auf dem Mauritiussteinweg kein Tunnel an die Oberfläche geführt werden. Außerdem würde so eine neue, direkte Verbindung zwischen Porz und Sülz entstehen. Die Linien 1 und 9 würden bis zum Aachener Weiher unterirdisch fahren.

Alles zum Thema Stadtrat Köln

Die Linie 7 soll laut SPD-Plänen Porz und Sülz miteinander verbinden

Allerdings kämen die Stadtbahnen beim Plan der SPD erst hinter der Universitätsstraße an die Oberfläche und nicht wie von der Stadt geplant davor. Die Linie 9 würde an der Haltestelle Aachener Straße/Gürtel auf den Gürtel abbiegen und weiter über die Dürener Straße auf dem bisherigen Weg der Linie 7 nach Frechen fahren. „Das ist die Lösung, die für uns die Beste ist. Die Voraussetzungen dafür sind jetzt ganz andere als noch vor ein paar Jahren, weil wir jetzt wissen, wie hoch die Förderquote für so ein Projekt sein kann“, sagt Joisten.

Damit bezieht er sich auf den von einem externen Gutachter berechneten Nutzen-Kosten-Faktor. Liegt dieser über 1,0, ist ein Projekt förderfähig, Bund und Land würden sich mit bis zu 95 Prozent an den Baukosten beteiligen. Der Tunnel erzielte einen Wert von 1,4, die oberirdische Lösung 1,3. Die SPD geht davon aus, dass der Wert ähnlich gut ausfallen würde, wenn der Tunnel unter dem Rhein hindurch nach Deutz verlängert würde. Doch was wäre der Plan, wenn diese Lösung nicht förderfähig sein sollte? Der Nutzen-Kosten-Faktor müsste noch einmal neu berechnet werden. Einen Plan B für diesen Fall hat die SPD laut Joisten nicht.

SPD erhofft sich Zustimmung von Tunnel-Gegnern und -Befürwortern

Doch warum kramt die SPD tief in der Mottenkiste, um einen sechs Jahre alten Plan herauszuholen, den CDU und Grüne damals abgelehnt hatten? „Uns ist die Kapazitätserhöhung wichtig, die Köln in Zukunft brauchen wird“, sagt Lukas Lorenz. Und die gebe es nur, wenn die Stadtbahnen gleichzeitig oben und unten fahren würden. Denn unabhängig, ob die neuen 90-Meter-Bahnen oberirdisch oder unterirdisch unterwegs sind, können sie in beiden Fällen nur dieselbe Menge an Fahrgästen befördern. Eine Doppellösung würde es möglichen, dass gleichzeitig Bahnen oben und unten fahren, also mehr Passagiere gleichzeitig unterwegs sein könnten.

So soll die oberirdische Stadt-Bahn-Haltestelle Neumarkt für die Ost-West-Achse aussehen.

So soll die oberirdische Stadt-Bahn-Haltestelle Neumarkt für die Ost-West-Achse aussehen.

Ein weiterer Grund besteht laut Fraktionschef Joisten darin, dass eine möglichst breite Mehrheit im Stadtrat denkbar wäre. Er hoffe darauf, dass diese Lösung sowohl CDU und FDP als auch die Grünen überzeugen könnte. „Wir wollen in keine Abstimmung gehen, in der die Mehrheitsverhältnisse offen sind und die AfD am Ende für sich beanspruchen kann, den Ausschlag gegeben zu haben“, sagt er. Da die Stadt sowohl die Tunnellösung als auch die oberirdische Variante mit Hilfe eines 90-köpfigen Expertengremiums bis zur Entwurfsplanung ausgearbeitet hat, müsste diese noch einmal aufwendig überarbeitet werden, wenn ein Tunnel unter dem Rhein dazukäme.

Entscheidung über Ost-West-Achse soll noch in diesem Jahr fallen

Notwendig wäre auch eine Neuberechnung des Nutzen-Kosten-Faktors – beides wäre nötig, damit der Stadtrat überhaupt eine Grundlage hat, um einen Beschluss zu fassen. Unklar ist, bis wann der Stadtrat sich danach auf eine solche Lösung einigen könnte. Ursprünglich war geplant, im Juni dieses Jahres zu entscheiden. Die nächste Ratssitzung findet am 1. Oktober statt. „Unser Ziel ist es, noch in diesem Jahr zu einer Entscheidung zu kommen. Wir sind mit den anderen Fraktionen dazu im Gespräch“, sagt Joisten. Im Herbst werden die ersten Parteien ihre Oberbürgermeister-Kandidaten für die Wahl 2025 bestimmen – die Ost-West-Achse geriete mitten in den beginnenden Wahlkampf.

Minister warnt vor ausgehenden Fördergeldern

Dabei ist Zeit ein entscheidender Faktor. Verkehrsprojekte wie die Ertüchtigung der Ost-West-Achse werden von Bund und Land aus einem gemeinsamen Topf finanziert. „Dieser Topf ist bisher nie voll ausgeschöpft worden“, sagt Landesverkehrsminister Oliver Krischer (Grüne). Das ändere sich aber gerade, weil der Bund zuletzt entschieden hat, dass aus diesem Etatposten auch Sanierungsmaßnahmen förderfähig sind – und davon gebe es auch in Nordrhein-Westfalen einige.

„Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass wir bald in eine Situation kommen, dass die Nachfrage höher ist als die vorhandenen Mittel“, sagt Krischer. Das würde zur Folge haben, dass wie auch immer priorisiert werden müsse. „Es ist deshalb leider keineswegs sicher, dass die Städte sich auf die exakte Größenordnung der Förderung verlassen können, wie das früher der Fall war“, sagt Krischer.

Je teurer und aufwendiger ein Projekt werde, desto größer sei auch die Unsicherheit. „Das ist aber eine Entscheidung, die am Ende der Kölner Stadtrat treffen muss“, sagt Krischer. Sprich: Desto länger die Stadt Köln wartet, um eine Förderung für die Ost-West-Achse zu beantragen, umso unwahrscheinlicher wird es, dass Bund und Land tatsächlich fast alle Kosten tragen werden. Gleiches gilt, falls ein Tunnel unter dem Rhein das Projekt noch weiter verteuern sollte. Laut der bisherigen Prognose der Stadt würde die oberirdische Lösung 193 Millionen Euro kosten – ein Tunnelbau käme hingegen auf 1,06 Milliarden Euro.