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Bis zu 30 Prozent mehrElternvertreter lehnen höhere Kita-Beiträge in Köln ab

Lesezeit 4 Minuten
ARCHIV - 18.04.2016, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Spielzeug liegt in einer Kindertagesstätte auf dem Boden. Jede zehnte Kita in Nordrhein-Westfalen musste im Februar wegen Personalmangels ihre Angebote einschränken. Laut einer Umfrage unter Kita-Leitungen leidet die Förderung von Kleinkindern unter der Situation. (zu dpa «Personalmangel: Jede zehnte Kita in NRW musste Angebote einschränken») Foto: Monika Skolimowska/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Die Elternbeiträge für die Kinderbetreuung sollen in Köln deutlich steigen.

Die Nutzung von Kindertagesstätten soll in Köln bald mehr Geld kosten als bislang. Dabei ist die Stadt im Vergleich bereits jetzt sehr teuer.

Die Stadt Köln rühmt sich seit dem Jahr 2018 damit, eine kinderfreundliche Kommune zu sein und das entsprechende Siegel zu tragen. Doch in Bezug auf die Höhe der Elternbeiträge für die Kinderbetreuung nimmt die Stadt die Position eines negativen Spitzenreiters ein. Ein Blick in die Nachbarstädte und Umlandkommunen zeigt, dass Köln für die Kindertagesstätten und die Kindertagespflege bereits jetzt neben Leverkusen die höchsten Gebühren verlangt.

Entlastung für den Kölner Haushalt

Und ab dem 1. August 2025 soll sich die Situation sogar noch verschärfen. Wie berichtet plant die Stadt Köln, die Höchstsätze für Familien mit einem Bruttojahreseinkommen von mehr als 120.000 Euro deutlich zu erhöhen, in der Spitze um bis zu 30 Prozent. So soll der städtische Haushalt entlastet werden. Das Bruttoeinkommen bezieht sich auf den Verdienst vor Abzug von Steuern und Sozialabgaben.

Wenn beide Elternteile zusammen zum Beispiel ein Bruttojahreseinkommen von 121.000 Euro haben und ihr Kind mit einem Alter von unter zwei Jahren 45 Stunden pro Woche in einer Kindertagesstätte betreuen lassen, zahlen sie bislang pro Monat 638,48 Euro. Ab August sollen es 734,25 Euro sein, was einer Erhöhung um 15 Prozent entspricht. Auf das gesamte Jahr gerechnet zahlt diese Beispiel-Familie für die Kinderbetreuung also 1149,24 Euro mehr als bislang.

Dieselbe Familie würde in Düsseldorf hingegen nur 350 Euro pro Monat bezahlen. Oft entscheiden nur wenige Kilometer Entfernung darüber, wie tief Eltern für die Betreuung ihrer Kinder in die Tasche greifen müssen. So sind es in Pulheim, unmittelbar hinter der westlichen Kölner Stadtgrenze in der Spitze monatlich 381 Euro, im südlich von Köln gelegenen Wesseling 462 Euro und im Norden in Dormagen 449 Euro - das entspricht in etwa der Hälfte des geplanten Höchstsatzes in Köln.

Betroffen sind von den deutlichen Erhöhungen vor allem die Eltern von Kindern im Alter von unter zwei Jahren. Für sie sind die Betreuungsbeiträge grundsätzlich am teuersten. Gleichzeitig haben diese Paare oft gerade eine Elternzeit hinter sich, in der sie nur 65 Prozent ihres Netto-Einkommens vor der Geburt erhalten.

Beitragsfreiheit für Kölner mit niedrigem Einkommen

Die Stadt Köln verweist darauf, dass im Zuge der neuen Beiträge ab dem 1. August im Gegenzug Familien mit einem niedrigen Einkommen entlastet werden sollen, indem die Kinderbetreuung für sie beitragsfrei sein wird. Bislang galt das bis zu einem Bruttojahreseinkommen von 12.271 Euro, in Zukunft sollen es 24.542 Euro sein. Auch mit der neuen Grenze liegt Köln im Vergleich allerdings hinter anderen Städten wie Dormagen (75.000 Euro), Leverkusen (50.000 Euro), Düsseldorf (40.000 Euro) und Bergheim (30.000 Euro).

Der Jugendamtselternbeirat (JAEB) Köln, die Vertretung aller Kölner Eltern mit Kindern in Kindertageseinrichtungen und der Kindertagespflege, hat die Pläne der Stadt Köln angesichts dieser Zahlen deutlich kritisiert. „Eine so eklatante Steigerung der Beiträge ohne Einbindung der Elternvertretung läuft der Chancengerechtigkeit zuwider und hinterlässt den Eindruck, dass Kinder ein Privatvergnügen der Familien seien“, sagt Martina Koch vom JAEB.

Es sei zwar zu begrüßen, dass zukünftig keine Beiträge für die Gruppe  derjenigen mehr erhoben werden sollen, die weniger als 24.542 Euro brutto verdienen. Das sei bislang nur auf Antrag möglich gewesen, obwohl diese Familien direkt von Armut betroffen seien. Trotzdem sei auch die neue untere Stufe zu tief angesetzt. 

Kölner Elternvertreter sehen „fatales Signal“

Auch die Beitragserhöhungen sehen die Elternvertreter kritisch. „Wir sehen Beitragssteigerung als ein fatales Signal für die Chancengerechtigkeit aller Kinder“, sagt Koch. Eine gute frühkindliche Bildung dürfe nicht von den finanziellen Möglichkeiten der Eltern abhängen. „Für Eltern kleiner Kinder darf sich nicht die Frage stellen, rechnet es sich überhaupt, arbeiten zu gehen oder betreue ich aus  Kostengründen das Kind lieber zu Hause“, so Koch. In Zeiten des Fachkräftemangels sei diese Beitragserhöhung eine zusätzliche Bremse für den Arbeitsmarkt und aus gleichstellungspolitischer Perspektive ein erneuter Rückschlag für Frauen.

Der Elternbeirat ruft die Politik dazu auf, nicht wie geplant bereits am 3. April im Stadtrat eine Entscheidung zu treffen. „Wir fordern, dies nicht im Schnellverfahren durch die Gremien wie Jugendhilfeausschuss und Rat der Stadt Köln durchzuwinken, sondern die Entscheidungen vorab zu beraten und den gesetzlich festgelegten Weg einzuhalten“, sagt Koch.

Im Stadtrat zeichnet sich indes eine breite Zustimmung zu den höheren Kitabeiträgen ab. Die Fraktionen von Grünen, CDU, SPD und Volt signalisierten am Donnerstag (20. März) ihre Zustimmung. Sie verfügen zusammen über 70 der insgesamt 91 Stimmen im Stadtrat. FDP und Linke lehnen die Pläne ab. 

Der Vorschlag der Stadtverwaltung zur Beitragserhöhung wird nun zunächst in den politischen Gremien beraten. Der Stadtrat soll in seiner Sitzung am 3. April eine finale Entscheidung treffen.