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Keine Reaktion vom LandKlinikverbund in Köln ist offenbar geplatzt – Städtische Kliniken müssen drastisch sparen

Lesezeit 5 Minuten
Städtische Kliniken müssen noch härter sparen als bisher – Klinikverbund mit der Uniklinik Köln ist wohl vom Tisch. (Archivbild)

Städtische Kliniken müssen noch härter sparen als bisher – Klinikverbund mit der Uniklinik Köln ist wohl vom Tisch. (Archivbild)

Die Kliniken haben in den vergangenen Jahren mehrere Hundert Millionen Euro Schulden gemacht, nun soll der Sparkurs beschleunigt werden.

Das Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt geht davon aus, dass der von Oberbürgermeisterin Henriette Reker seit Jahren verfolgte Plan, die finanziell angeschlagenen städtischen Kliniken und die Uniklinik in einem Verbund zusammenzuschließen, nicht mehr zustande kommen wird.

Glauben an Klinikverbund verloren

Die drei Fraktionen hatten Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) am 23. April dieses Jahres in einem Brief aufgefordert, bis Ende Juni eine Entscheidung zum Klinikverbund zu treffen. Das Land müsste als Eigentümer der Uniklinik Köln seine Zustimmung erteilen. Doch obwohl das Land Ende 2022 eine schnelle Entscheidung angekündigt hatte, blieb diese bis dato aus. Auch die vom Kölner Ratsbündnis gesetzte Frist zum 30. Juni ließ der Ministerpräsident ergebnislos verstreichen. Grüne, CDU und Volt haben deshalb offensichtlich auch noch den verbliebenen Glauben an den Klinikverbund verloren und gehen davon aus, die städtischen Kliniken endgültig alleine neu aufstellen zu müssen.

Verlust von 114 Millionen Euro im Jahr 2024 erwartet

Wie berichtet, haben die Kliniken in den vergangenen Jahren mehrere Hundert Millionen Euro Schulden gemacht – das Defizit muss die Stadt Köln als 100-prozentige Eigentümerin ausgleichen. Für das Jahr 2024 wird laut Wirtschaftsplan ein Verlust von 114 Millionen Euro erwartet. Das Ratsbündnis hat am Montag im Hauptausschuss mehrheitlich beschlossen, dass die städtischen Kliniken im kommenden Jahr noch mehr sparen müssen als bislang vorgesehen. Das Defizit muss demnach pro Jahr noch einmal zehn Millionen Euro niedriger ausfallen.

Alles zum Thema Henriette Reker

„Eine Entscheidung der Landesregierung über den Klinikverbund liegt nicht vor. Wir bedauern, dass die intensiven Bemühungen nicht zu einem konstruktiven Verhandlungsprozess durch das Land geführt haben“, heißt es in der Begründung des Antrags. Und weiter: „Daher ist davon auszugehen, dass die Stadt Köln die Kliniken der Stadt Köln auch zukünftig im vollen Umfang finanziell unterstützen muss.“

Es muss also gespart werden. Gelingen soll das, indem das im Juni 2023 vom Stadtrat beschlossene Eins-plus-Null-Modell – die Zusammenlegung der drei derzeitigen Standorte in Merheim, Holweide und Riehl (Kinderklinik Amsterdamer Straße) an einer zentralen Stelle in Merheim – beschleunigt wird. So sollen Fachbereiche in Holweide, die es auch in Merheim gibt, möglichst schnell geschlossen werden, um teure Doppelstrukturen aufzulösen.

Personalabbau ist vorgesehen

Das Krankenhaus in Holweide sollte bislang erst im Jahr 2032 schließen, nun sollen bestimmte Fachstationen Stück für Stück schon vorher wegfallen. Die Geburtenstation in Holweide, die eine wichtige Rolle bei der Versorgung in der Stadt spielt, soll am längsten erhalten bleiben. Alleine schon deshalb, weil dafür in Merheim zunächst neu gebaut werden muss.

Auch ein Personalabbau ist vorgesehen. Vorrangig soll das geschehen, indem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in Rente gehen oder eines der drei Häuser verlassen, nicht nachbesetzt werden. Das Bündnis spricht von einer „natürlichen Fluktuation“. Betriebsbedingte Kündigungen sollen vermieden werden, ausgeschlossen sind sie aber nicht. Pflegekräfte und Hebammen haben Grüne, CDU und Volt vom Personalabbau ausdrücklich ausgenommen.

Wir sind in einer Haushaltssituation, in der es wichtig ist, ob man zehn Millionen Euro mehr oder weniger hat
Henriette Reker, Kölner Oberbürgermeisterin

Damit die Patientinnen und Patienten beim Wegfall bestimmter Fachbereiche in Holweide einfacher nach Merheim gelangen können, hat das Ratsbündnis die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) beauftragt, eine bessere Busverbindung zwischen den beiden Standorten einzurichten. Um die Umsetzung des politischen Auftrags sollen sich der neue Geschäftsführer Daniel Dellmann und der zweite Geschäftsführer Axel Goßmann, Klinischer Direktor der Kliniken der Stadt Köln, kümmern.

Oberbürgermeisterin Henriette Reker hatte seit 2018 für den Verbund geworben. Am Montag bemängelte sie im Ausschuss die fehlende Antwort des Landes und sagte: „Wir sind in einer Haushaltssituation, in der es wichtig ist, ob man zehn Millionen Euro mehr oder weniger hat.“ Der Beschluss der Politik sei eine „verantwortungsvolle Vorgehensweise, die nötig ist, um als Gesellschafterin Pflöcke zu setzen, die der Aufsichtsrat zu beachten hat“. Ohnehin kritisierte Reker das Kontrollgremium, das unter anderem aus Ratspolitikern besteht, sie sagte angesichts der Defizite, die die Kliniken seit Jahren einfahren: „Denn es ist ja so, dass der Aufsichtsrat in diesen mehr als zehn Jahren alleine nicht in der Lage war, die Kliniken so zu kontrollieren und zu führen wie es nötig war.“

Die Träger der Kliniken werden weitgehend allein gelassen
Bernd Petelkau, Fraktionschef der Kölner CDU

Grünen-Fraktionschefin Christiane Martin wies auf das abgelaufene Ultimatum am 30. Juni hin, doch bis heute sei das Gesprächsangebot an das Land unbeantwortet geblieben, „parallel ist die Haushaltssituation der Stadt angespannt“. Martin sagte: „Wir wollen uns jetzt endgültig auf den eigenen Weg machen. Und wir geben der neuen Geschäftsführung einen klaren Beschleunigungsauftrag für das Zukunftsmodell vor.“ Wie berichtet, übernimmt Daniel Dellmann am 1. September den vakanten Posten nach dem Rückzug von Sylvia Langer. Laut Reker ist er über das Zukunftsmodell und dessen Herausforderungen im Bilde.

Bernd Petelkau, Fraktionschef der CDU, sagte: „Es ist enttäuschend, dass das Land bisher nicht auf die Stadt Köln zugekommen ist. Die Träger der Kliniken werden weitgehend allein gelassen, das ist bedauernswert. Wir müssen die Initiative ergreifen, um den Gesundheitsstandort Köln langfristig zu sichern.“ Volt-Fraktionschefin Jennifer Glashagen sprach von einer vertanen Chance des Landes.

SPD-Fraktionschef Christian Joisten begrüßte inhaltlich das Vorgehen des Bündnisses und dass man nun gemeinsam „auf dem Boden der Tatsachen“ stehe und das Heil nicht mehr beim Land suche. „Dieser Weg ist zu Ende.“ Joisten wunderte sich aber, weil es für das Eins-plus-Null -Modell ja einen Zeitplan gab, laut Joisten sollte die Stadt bestimmte Maßgaben nicht überstürzen, es blieben viele Fragen offen. FDP-Fraktionschef Ralph Sterck wunderte sich über den Sparauftrag, seiner Meinung nach sei es eine Selbstverständlichkeit, dass eine Geschäftsführung weniger Verluste machen solle. Laut Heiner Kockerbeck (Linke) ist es seiner Fraktion wichtig, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen gibt.