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„Führen seit drei Jahren Raumkampf“Kölner Kollektiv will Technoclub eröffnen und ringt mit der Bürokratie

Lesezeit 3 Minuten
Jonas, Jakob und Sophie im Büze-Park in Ehrenfeld. Die drei sind Teil des Krakelee-Kollektivs, ihre Vision ein Technoclub in Köln.

Drei von zehn Mitgliedern des Krakelee-Kollektivs aus Köln: Sie suchen eine Immobilie, in der sie einen Technoclub eröffnen möchten.

Besonders an dem Technoclub, den das Kollektiv aufmachen möchte: Er soll genossenschaftlich geführt werden. Von großen Wünschen und der schwierigen Wirklichkeit.

Die Suche nach einer passenden Location könnte mühseliger nicht sein. Hunderte Anfragen haben die Mitglieder des Krakelee-Kollektivs schon gestellt. Sicherlich fünf bis zehn pro Woche und das seit 2020, als sie sich zusammengetan haben, mit dem großen Ziel, einen genossenschaftlich geführten Technoclub in Köln zu eröffnen. Der Immobilienmarkt ist hart. Und erschwerend kommen die behördlichen und rechtlichen Hürden hinzu.

Wir treffen Sophia Legge, Jakob Kilian und Jonas Wagemann in Ehrenfeld. Die drei sind Teil des zehnköpfigen Kollektivs, das zuvor schon jahrelang in unterschiedlichen Gruppen in der Untergrundszene des Techno aktiv war. Sie haben sich entschlossen, ihre Leidenschaft für den Techno auf eine professionelle Ebene zu heben – als Genossenschaft.

„Wir halten wöchentliche Sitzungen ab, die Entscheidungen werden im Konsent-Verfahren getroffen“, erklärt Wagemann. Das heißt, in verschiedenen AGs mit Themen wie Öffentlichkeitsarbeit oder Immobiliensuche werden Entscheidungen bereits vorsondiert. Im gemeinsamen Plenum stimmen die Mitglieder schließlich ab. Das Stimmrecht sei dabei lediglich den zehn Gründungsmitgliedern vorbehalten. Wenn es in Zukunft 30 bis 40 Leute sind, die im und für den Club arbeiten werden, soll dieses Verfahren sicherstellen, „dass wir handlungsfähig bleiben. Wir sind aus früheren Kollektiven stundenlange Sitzungen gewöhnt und wollen effizienter arbeiten“, erklärt Sophia Legge.

Kulturelle Nutzung unattraktiv für Vermieter

Muss nur noch eine Lagerhalle her. Die hat idealerweise ein Mindestmaß von 250 Quadratmetern, sodass Tanzfläche und die nötige Infrastruktur Platz haben. „Aber wir sind da flexibel. Auch ein Außenbereich wäre schön, den man bespielen könnte.“ Zweimal sei man in Verhandlungen recht weit gekommen, doch letztlich sei es an den behördlichen Auflagen gescheitert: Brandschutz, Schallschutz, Themen, um die man nicht herumkommt. „Es gibt nicht nur den Druck auf dem Markt durch die konkurrierenden Lagerhallenkonzepte, sondern scheinbar hat die kulturelle Nutzung ein schlechtes Image und wird als Risikofaktor betrachtet“, sagt Jakob Kilian.

Das mache abhängig von der Gunst Einzelner, etwa eines wohlwollenden Vermieters, der gerade zufällig für die Kultur brennt. Krakelee sieht hier die Stadt in der Pflicht, Räume zur Verfügung zu stellen: „Wir führen diesen Raumkampf seit drei Jahren, auch stellvertretend für kleinere Initiativen, denen wir auch einen Raum bieten möchten, wenn wir etwas finden. Aber ohne die Unterstützung der Stadt ist es quasi unmöglich“, sagt Legge. Einiges gebe jedoch auch Grund zur Hoffnung.

In Köln haben viele Clubs geschlossen, wenn acht aufmachen würden, wäre das für alle gut. Wir verstehen uns als Ergänzung.
Sophia Legge, Krakelee-Kollektiv und Klubkomm-Vorstand

Die Entscheidung im Juni vom Stadtrat, die Kulturschutzraumzone bis zum Artheater am Ehrenfeldgürtel zu erweitern war wegweisend“, sagt Wagemann. Auch auf Bundesebene gibt es positive Anzeichen: Der Bundestag hat 2020 beschlossen, Clubs rechtlich nicht mehr als Vergnügungsstätten einzustufen, sondern als Kulturstätten anzuerkennen. Das berge große Vorteile für die Genehmigungsverfahren. Doch bisher wartet die Entscheidung noch auf Umsetzung.

Krakelee-Party am 25. November im Yuca

Wer sind die Menschen hinter dem Krakelee-Kollektiv überhaupt? „Wir haben Personen aus den Bereichen Veranstaltungstechnik, Kulturmanagement, eine Krankenschwester, der ein oder andere studiert noch – also viele Kompetenzen“, so Kilian. Die Clubszene sei noch zu wenig divers, finden sie. Bookings häufig noch zu männlich geprägt, die Betreiber nicht mehr die jüngsten. Das wollen sie ändern: Es gibt bereits von ihnen kuratierte Partys in anderen Kölner Clubs, die nächste findet am 25. November im YUCA am Club Bahnhof Ehrenfeld statt. „Wir hatten bisher noch nie ein vorwiegend männliches Line-Up. Darauf wollen wir achten und jungen DJs aus anderen Städten eine Plattform bieten“, sagt Legge.

Und was soll noch anders sein? „Maßgeblich unterscheiden wir uns von anderen durch die Unternehmensstruktur. Wir wollen nicht gewinnmaximierend arbeiten, wollen weg von Hierarchien.“ Als Konkurrenz zum bestehenden Clubangebot versteht man sich jedoch nicht. „In Köln mussten viele Clubs schließen. Wir sehen den Bedarf nach mehr und verstehen uns als Ergänzung.“