Die neue Doku von Hermann Rheindorf zeigt das Rheinland während der Weltwirtschaftskrise, der Industrialisierung und als Kriegsschauplatz.
Mithilfe künstlicher IntelligenzNeue Dokumentation von Kölner Filmemacher zeigt altes Rheinland in Farbe
Gleich zu Anfang des Films werden die Landstriche rechts und links des großen Flusses als „fantastisch wie im Märchen“ beschrieben. Tatsächlich ist der Rhein mehr als nur Wasserstraße, sondern seit jeher mythisch aufgeladene Projektionsfläche für Dichter und Nationalisten, verzaubert durch Ruinen, Ritterburgen und natürlich die Loreley.
Der Kölner Filmemacher Hermann Rheindorf nimmt in seinem neuesten Werk den Zuschauer auf große Fahrt über den viel besungenen Strom. Die Endpunkte der Reise sind Mainz und Köln, dazwischen kommen Bonn, Koblenz, Rüdesheim oder der Rheingau zur Geltung. Wie in seinen zahlreichen übrigen „Historischen Filmreisen“ montiert Hermann Rheindorf alte Aufnahmen zu einem großen Epos.
In diesem Fall bilden größtenteils Szenen aus dem Kaiserreich und den 1920er Jahren die Materialbasis, mühsam zusammengetragen aus privaten und professionellen Quellen. Die Verwüstungen des Zweiten Weltkriegs sind noch Zukunftsmusik, das Mittelrheintal gibt sich noch märchenhafter als heute.
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Film übers Rheinland: Farbe wurde nachträglich mit künstlicher Intelligenz hinzugefügt
Wenn zum Ende des Ersten Weltkriegs französische Truppen Einzug in Mainz halten, wird jedoch klar, dass die Idylle nur Oberfläche ist. Jahrhundertelang war das Rheinland national aufgeladener Schauplatz von Kriegen und Besetzungen. Hinter jeder romantisch verklärten Ruine, das macht der Autor immer wieder klar, verbirgt sich eine historische Tragik.
Dank künstlicher Intelligenz und der Arbeit der Koloristen Georg von Kreisler, Rike Schmidt und Peter Dohr ist es eine Fahrt in nachträglich hinzugefügter Farbe. Mehr als 800 historische Filmszenen wurden für dieses Projekt in mehreren Bearbeitungsstufen eingefärbt. Historisch authentisch sei das Ergebnis zwar nicht, räumt Hermann Rheindorf ein: „Aber die Farbe löst eine Faszination und Nähe aus und birgt eine gehörige Portion Lebendigkeit.“
Das Leben am und auf dem Rhein zieht in opulenten Bildern am Zuschauer vorbei. Doch auch zwischen Schlössern, urigen Fachwerkhäusern und Burgruinen ist der Lebensunterhalt nur mit harter Arbeit zu meistern. Winzer schleppen schwer an ihren Trauben, Fischer jagen Lachse, Binnenschiffer können die Engstellen an der Loreley nur mithilfe eines Lotsen heil passieren.
Älteste Filmaufnahmen stammen vom rechtsrheinischen Kölner Ufer
Dazu kommt reger Verkehr: Der Tourismus boomt auf schwarz qualmenden Ausflugsdampfern, Berge von Kohle werden transportiert und immer wieder sind riesige Gebinde aus Baumstämmen gen Norden unterwegs – ein Anblick, der ebenso der Vergangenheit angehört wie ein durchgehend vereister Rhein. In Wiesbaden-Biebrich nutzen die Leute im Februar 1929 die damals gar nicht so seltene Gelegenheit für eine Schlittschuh-Partie. Chauffeur Adolf Beck ist der erste Mensch, der den Rhein fahrend mit dem Auto überquert. Es sind auch kleine Geschichten wie diese, die den Film sehenswert machen.
Die ältesten Aufnahmen stammen vom rechtsrheinischen Kölner Ufer. 1896 filmte der Franzose Constant Girel im Auftrag der Filmpioniere Lumiere Deutz und seine schwimmende Schiffbrücke. Im Hintergrund ragt die mächtige Dombrücke empor.
Die besonderen wirtschaftlichen Härten, die viele Deutsche in den 1920er Jahren zu ertragen hatten, lässt Hermann Rheindorf bei seinem Streifzug durch die Kölner Altstadt durchblitzen. „In vielen Wohnungen wohnen zwei oder sogar mehr Familien gemeinsam“, lässt er Sprecher Christian Brückner sagen: „Arbeitslose bestimmen das Bild. Wer kann, singt und musiziert auf der Straße.“ Oder entkommt der Misere für ein paar Stunden mit einer Tour zum Drachenfels.
Das Rheintal ist in den 1920er Jahren längst zum verkitschten Fluchtort geworden. Doch am Ende der 80-minütigen Filmreise ist es vorbei mit der Träumerei: Der Zweite Weltkrieg hat auch dieses Paradies heimgesucht. Der größte Teil der Rheinschiffe liegt auf Grund. Kann Toni Goedert in den 1930er Jahren noch ungestört seiner Arbeit als Lotse bei St. Goar nachgehen, kommt die Rheinschifffahrt zum Erliegen. Toni Goedert muss umsatteln und arbeitet als Häutehändler an Land, bis er zehn Jahre später endlich auf den Rhein zurückkehren kann.
„Das alte Rheinland in Farbe“, erhältlich ab dem 25. November als DVD, Video on Demand, Download, ISBN/(EAN): 978-3-948659-08-0, 17,80 Euro, www.rheindvd.de.