Köln-OssendorfFlüchtling mit 37 Messerstichen getötet – Ehefrau sagt aus
Köln – Es war eine traurige Lebensgeschichte, die die gelernte Krankenschwester aus der Mongolei am Freitag im Zeugenstand vor dem Landgericht offenbarte. Unfälle, Schulden, die Flucht aus der Heimat, Gewaltausbrüche in der Familie. Und letztlich der brutale Tod des 68-jährigen Ehemannes durch 37 Messerstiche in einer Ossendorfer Asylunterkunft. Wegen Totschlags muss sich nun der ehemalige Mitbewohner des Mannes verantworten. Doch der schweigt beharrlich.
Köln: Ehefrau des Opfers sagt als Zeugin aus
Als Nebenklägerin war die 68-Jährige sich in den Gerichtssaal gekommen. Was ihre Eltern in der Mongolei gemacht hätten, wollte Richterin Sabine Kretzschmar von der Zeugin wissen. „Sie waren Viehzüchter.“ „Welche Tiere?“ „Schafe.“ Unverfängliche Fragen, die offenbar das Eis brechen sollten. Denn dann kam die Richterin schnell zur Sache. Ob sie auch etwas zu ihrem verstorbenen Mann berichten könnte, fragte Kretzschmar. „Wie war er charakterlich?“
Die Zeugin berichtete, dass man zunächst ein ganz normales und gutes Leben in der Mongolei geführt habe. Vier Kinder seien aus der Ehe hervorgegangen, drei von ihnen lebten mittlerweile im Ausland. Ihr Mann sei Bergbauer gewesen, nach einem Unfall aber arbeitslos geworden. Nachdem er selbst eine Firma für Kohleförderung gegründet habe, seien dabei zwei Arbeiter getötet worden. Das habe zu Gerichtsverfahren geführt, Entschädigungszahlungen und Schulden.
Gewaltausbrüche nach dem Konsum von Alkohol
Die Tochter habe dann vorgeschlagen, ihr nach Europa zu folgen, um hier einen entspannten Lebensabend verbringen zu können. Doch das genaue Gegenteil trat ein. Ein guter Mensch sei ihr Ehemann gewesen, sagte die Zeugin, doch sei er unberechenbar und äußerst aggressiv gewesen, wenn er Alkohol getrunken habe. Nach der Ankunft in Köln sei es immer wieder zu Ausbrüchen gekommen. Zunächst nur verbal, doch dann sei der Ehemann auch handgreiflich geworden.
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Der Mann habe seine Frau „windelweich geprügelt“, heißt es in einem Polizeivermerk aus dem Jahr 2018. Der Ehemann habe die gemeinsame Unterkunft im Severinsviertel daraufhin verlassen müssen. Nach seiner Rückkehr nach zehn Monaten und vorübergehender Unterbringung in einem Hotel sei es zu einer erneuten Attacke gekommen. Mitbewohner, darunter viele Frauen und Kinder, seien verängstigt gewesen. Der Mann sei schließlich in Ossendorf untergebracht worden.
Köln-Ossendorf: Messerstich durchbohrte das Herz
Das spätere Todesopfer hatte sich mit einem 25-Jährigen aus Bangladesch eine Wohneinheit geteilt. Es habe Streit gegeben um die Kochgewohnheiten des älteren Herrn. Einmal habe der junge Mitbewohner den Kühlschrank ausgeräumt, woraufhin die Lebensmittel verdorben seien. Etwa zwei Tage vor seinem Tod habe der 68-Jährige geäußert, zurück in die Heimat zu wollen. Und sie, die Ehefrau, habe mit ihm gehen wollen. Weil sie ihm verziehen habe, wie sie sagte.
Dann kam der 15. Juni 2021. Laut Staatsanwaltschaft soll der Angeklagte mit einem einseitig geschliffenen Küchenmesser mit einer Klingenlänge von 13 Zentimetern auf seinen Mitbewohner eingestochen haben. Immer und immer wieder. Das Opfer habe sich gewehrt, war noch zur Tür des Appartements gekrochen. Draußen verblutete der Mann. Das Messer hatte ihn an Nacken, Rücken und Beinen getroffen. Ein Stich durchbohrte laut Anklageschrift das Herz.
Kölner Verteidiger will Polizeiakten des Opfers sehen
Das könne doch nicht ohne Grund geschehen sein, hatte die Ehefrau des Opfers gesagt und geweint. Vielleicht habe der Täter ja Drogen verkauft und ihr Mann habe das bemerkt, so ihr Verdacht. „Was haben Sie jetzt vor?“, fragte Richterin Kretzschmar die Zeugin. Sie wolle jetzt nicht mehr zurück in die Mongolei, sagte die 68-Jährige. Ihr Mann sei in Köln gestorben, hier sei er eingeäschert und beerdigt worden. „Dann bleibe ich auch hier“, so die Frau.
Zwar äußerte sich der Angeklagte beim Prozessauftakt nicht zu den Vorwürfen. Anwalt Mario Dujmovic ließ die Verteidigungsstrategie aber erkennen, indem er nach sämtlichen früheren Vorgängen bei Polizei und Staatsanwaltschaft fragte, die den Getöteten beträfen. Ob dies womöglich in der Annahme eines Notwehrszenarios münden könnte, muss der weitere Prozessverlauf zeigen. Bisher hat das Gericht noch sieben Verhandlungstage eingeplant.