AboAbonnieren

Im Schatten des Doms„Historische Mitte“ in Köln wird mindestens 115 Millionen kosten

Lesezeit 5 Minuten

Der erste Architektenentwurf für das neue Kurienhaus (vorne) und das Stadtmuseum

Köln – Knapp vier Jahre sind vergangen, seit der damalige Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) den Bau eines neuen Stadtmuseums auf dem Roncalliplatz vorgeschlagen hat. In den kommenden Monaten soll der Rat entscheiden, wie es mit dem Vorhaben, unmittelbar neben dem Dom eine „Historische Mitte“ zu schaffen, weitergehen wird. Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Was ist geplant?

Die Stadt und die Hohe Domkirche haben eine Absichtserklärung unterschrieben, um gemeinsam ein neues Kurienhaus und ein Stadtmuseum zu bauen. Es soll sich um einen Gebäudekomplex handeln, den beide Partner nutzen. Gleichzeitig soll auch das benachbarte Römisch-Germanische-Museum (RGM) umfassend saniert werden. Beide Museen sollen ihre Ausstellungen darauf ausrichten, 2000 Jahre Kölner Stadtgeschichte abzubilden. Das gesamte Projekt trägt deshalb den Namen „Historische Mitte“.

Alles zum Thema Henriette Reker

Um welches Grundstück geht es?

Das neu zu bebauende Areal befindet sich unmittelbar neben dem RGM und südlich des Doms auf dem Roncalliplatz. Bislang stehen darauf das in die Jahre gekommene Kurienhaus und das marode Verwaltungsgebäudes des RGM.

Die „Historische Mitte“ soll neben dem Römisch-Germanischen-Museum entstehen.

Die Hohe Domkirche will das Kurienhaus, in dem früher das Kolumba-Kunstmuseum des Erzbistums untergebracht war, abreißen lassen, weil es für moderne Nutzungen nicht mehr geeignet ist. Die Stadt könnte ihr angrenzendes Verwaltungsgebäude entweder sanieren oder ebenfalls abreißen. In letzterem Fall stünde für die „Historische Mitte“ die Fläche beider Gebäude sowie des dazwischen liegenden Parkplatzes zur Verfügung.

Wie soll der Neubau aussehen?

Der damalige Baudezernent Franz-Josef Höing hat im Herbst 2014 einen Architektenwettbewerb gestartet, zu dem Stadt und Domkapitel 13 internationale Büros einluden. Der Berliner Volker Staab setzte sich nach zwei Jahren mit seinem Entwurf durch. Er wurde im Oktober 2016 zum Sieger gekürt. Staab und sein Team wollen erneut zwei Gebäude bauen, die sich allerdings einen Sockel teilen. Das neue Kurienhaus soll deutlich schmaler ausfallen als das bisherige Gebäude. Das künftige Stadtmuseum soll versetzt dahinter gebaut werden.

Auf diese Weise würde eine kleine Platzfläche entstehen, die beiden Häusern einen Eingang am Roncalliplatz ermöglicht. Der Abstand zum RGM, das vollständig modernisiert werden soll, könnte großzügig gehalten werden. Da die Fassade als zu beliebig kritisiert wurde, hat Volker Staab seinen Entwurf inzwischen überarbeitet. Auch im Inneren musste er auf Wunsch der beiden möglichen Bauherren Anpassungen vornehmen.

Was soll die „Historische Mitte“ kosten?

Der externe Projektsteuerer Turadj Zarinfar, der für die Stadt auch an der Sanierung der Oper und des Schauspielhauses beteiligt ist, hat die Kosten grob auf einen Betrag zwischen 115 und 140 Millionen Euro geschätzt.

Die Stadtverwaltung ist zurzeit mit einer genaueren Berechnung beschäftigt, ein Ergebnis steht noch aus. Dem Vernehmen nach soll es sich um eine Summe handeln, die „nicht für Überraschungen sorgen wird“. Die Verwaltung will bis zur Ratssitzung im Mai eine neue Kostenprognose präsentieren. Ursprünglich war geplant, die Zahlen im Herbst 2017 vorzulegen.

Wer entscheidet, ob das Vorhaben fortgesetzt wird?

Die Entscheidung liegt in den Händen der Politiker im Stadtrat. Es existiert ein Entwurf für eine Ratsvorlage. Demzufolge befürwortet Oberbürgermeisterin Henriette Reker den Bau des neuen Stadtmuseums, weil eine überzeugende Kostenprognose und eine Organisationsform für die Baustelle ausgearbeitet wurden. Bis 2026 könnten die Gebäude stehen.

Wie stehen die Chancen, dass der Rat zustimmt?

Das hängt in erster Linie von den prognostizierten Kosten ab. Sollten sich diese einigermaßen im vermuteten Rahmen bewegen, gilt es als wahrscheinlich, dass SPD, CDU und Grüne zustimmen werden. Ebenso wichtig ist allerdings die Frage, wer die Gebäude wie bauen soll. Die Ratsfraktionen vertreten überwiegend die Ansicht, dass die Gebäudewirtschaft der Stadt ein Vorhaben dieser Größenordnung nicht bewältigen kann.

Wer könnte als Bauherr auftreten?

Die Kirche hatte sich zunächst angeboten, die Bauherrenschaft zu übernehmen. Wie zu erfahren war, ist jetzt geplant, dass beide Partner eine gemeinsame Gesellschaft für das Projekt gründen. Das hätte den Vorteil, dass die Aufträge zwar europaweit ausgeschrieben werden müssen, aber nicht nach den besonders strengen Kriterien der Stadt. Es sind jedoch noch einige juristische Fragen zu klären.

Was sagen die Fraktionen im Stadtrat?

„Die Historische Mitte bedeutet eine Jahrhundertchance für Köln“, sagt SPD-Fraktionschef Martin Börschel. Nach den verheerenden Erfahrungen mit von der Stadt betreuten Großprojekten hege seine Fraktion allerdings große Zweifel, dass die Verwaltung ein solches Projekt allein stemmen könnte. Ohne eine aktive Rolle des Domkapitels werde es nicht gehen.

„Sobald wir belastbare Zahlen vorliegen haben, werden wir diese genau analysieren und in der Fraktion bewerten“, sagt CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau. Wenn die „Historische Mitte“ aus finanzieller und bauorganisatorischer Sicht umsetzbar sei, dann werde die CDU die Chance ergreifen. „Die Historische Mitte ist städtebaulich eine große Chance“, sagt Grünen-Fraktionschefin Kirsten Jahn. Sollten die Kosten vertretbar sein, würde ihre Fraktion zustimmen. Der Bau bedeute einen Mehrwert für die Dom-Umgebung.

„Ich wäre froh gewesen, wenn wir das Thema schon im vergangenen Herbst beerdigt hätten“, sagt FDP-Fraktionschef Ralph Sterck. Einige Politiker hätten sich leider in die Idee eines Neubaus verrannt. Die FDP plädiere dafür, das Stadtmuseum im Zeughaus zu belassen.

Was sagt das Domkapitel?

„Wir sind noch nicht über die Ziellinie hinweg, aber wir bewegen uns in die richtige Richtung“, sagt Dompropst Gerd Bachner, der sich engagiert für den Bau der „Historischen Mitte“ einsetzt.

Wie geht es jetzt weiter?

Es ist zu erwarten, dass zur Ratssitzung am 3.Mai eine Vorlage der Verwaltung mit einer Kostenschätzung vorliegt. Der Rat wird auf dieser Grundlage entscheiden, ob die Pläne für einen Neubau weiter ausgearbeitet oder eingestellt werden. Dabei handelt es sich aber noch nicht um einen Baubeschluss für die „Historische Mitte“ und somit auch nicht um eine endgültige Entscheidung. Das Vorhaben kann auch danach jederzeit vom Stadtrat gestoppt werden.