Der Vorsitzende Richter muss über den Befangenheitsantrag gegen eine Schöffin mit Kopftuch nicht mehr entscheiden.
Antrag zu Schöffin mit KopftuchAnwalt macht Kehrtwende in Kölner Missbrauchs-Prozess
Mit einem Ablehnungsgesuch, das auf den Beruf und die Religion einer Schöffin abzielte, wollte ein Angeklagter im Kölner Landgericht die kopftuchtragende Prozessbeteiligte loswerden. Nun nahm der Verteidiger den Antrag im Namen seines Mandanten zurück. Der Verdacht der Befangenheit habe sich nach einer schriftlichen Stellungnahme der Frau nicht bestätigt. Sie bleibt dem Prozess erhalten.
Kölner Schöffin: Beruf und Kopftuch als Befangenheitsgrund
Dem Angeklagten wird mitunter die Verabredung zum schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes vorgeworfen. Anwalt Jan-Maximilian Zeller hatte vorgetragen, dass die Schöffin als Therapeutin für traumatisierte Kinder arbeite. Mit Opfern sexualisierter Gewalt werde sie „besonders tiefgreifend mitfühlen“, was ihre Objektivität beeinflussen könnte. Daher sei die Frau als Schöffin abzulehnen.
Auch hatte Zeller für den Mandanten erklärt, dass das Kopftuch für eine konservative Auslegung des Korans stehe. Der Angeklagte könnte als „Sünder“ angesehen werden, da die im Islam herrschenden Tabuthemen Homosexualität und außerehelicher Sex berührt seien – gemeint waren damit die Vorwürfe des Anfertigens von Nacktbildern eines kleinen Jungen und des geplanten Missbrauchs.
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Landgericht Köln: Schöffin musste sich schriftlich erklären
Dem Vernehmen nach hatte die Schöffin schriftlich unter anderem erklärt, im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit auch Täter zu therapieren. „Die dienstliche Äußerung der betreffenden Richterin konnte einen Eindruck einer eventuellen Voreingenommenheit ausräumen“, erklärt Verteidiger Zeller auf Anfrage. Daher sei der Befangenheitsantrag zurückgenommen worden.
Der Beruf als Kinder- und Jugendtherapeutin habe im Fokus des Ablehnungsgesuchs gestanden, der religiöse Aspekt sei Beiwerk gewesen, „das im Rahmen der von der Rechtsprechung geforderten Gesamtschau von Relevanz sein kann“. Es sei auch nie behauptet worden, die Schöffin sei tatsächlich befangen. Zeller dazu: „Es genügt der bloße Anschein einer möglichen Voreingenommenheit.“
Köln: Mutmaßlicher Mittäter soll als Zeuge aussagen
Der angeklagte Sozialarbeiter Oliver S. (34) ist laut Gericht wegen „seines pädosexuellen Interesses“ vorbestraft, hatte daher bei einer Verurteilung vor dem Landgericht München auch ein lebenslanges Berufsverbot als Sozialarbeiter, Kinderpfleger und generell Betreuer von Kindern und Jugendlichen erhalten. Trotzdem war er nach seinem Umzug nach Köln als Babysitter tätig, er bot sich im Netz an.
Körperliche Übergriffe auf Kinder sind im konkreten Fall nicht angeklagt. Laut Staatsanwaltschaft soll der geplante Missbrauch eines achtjährigen Mädchens in Gelsenkirchen aber nur im letzten Moment verhindert worden sein. Der Bruder hatte das Kind dem Angeklagten im Internet-Chat „angeboten“, der Mann wurde zwischenzeitlich verurteilt. Er soll nun als Zeuge beim Prozess in Köln aussagen.