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Kölnerin im Heim vergiftetTochter spricht von Sterbehilfe – Zeuge glaubt nicht daran

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Die beschuldigte Krankenpflegerin und Schöffin mit ihrem Verteidiger Christoph Grabitz im Landgericht Köln

Die beschuldigte Krankenschwester und Schöffin mit ihrem Verteidiger Christoph Grabitz im Landgericht Köln

Die Staatsanwaltschaft wirft der früheren Schöffin zweifachen versuchten Mord vor.

War es versuchte Sterbehilfe oder ein heimtückischer Mordanschlag? Diese Frage klärt derzeit das Landgericht im Strafverfahren gegen eine Krankenschwester, die ihrer Mutter im Pflegeheim eine Überdosis Insulin gespritzt haben soll. Dass die Seniorin dem zuvor ausdrücklich zugestimmt habe, wie die Tochter behauptet, kann sich der zuständige Pfleger der 88-Jährigen nicht vorstellen.

Köln: Staatsanwaltschaft klagt zwei Mordversuche an

Zu zwei Gelegenheiten soll die 62-jährige Angeklagte versucht haben, ihre Mutter zu töten. Einmal mit Tabletten, dann mit einer Insulin-Spritze. In beiden Fällen kam es zu einer Unterzuckerung der dementen Seniorin und zu Krampfabfällen. Die alte Dame kam jeweils in die Klinik, überlebte. Im Januar wurde die Tochter verhaftet. Erst stritt sie alles ab, zuletzt gestand sie den zweiten Vorfall.

Die Beschuldigte hatte über ihren Verteidiger Christoph Grabitz ausgesagt, der Mutter deren sehnlichen Todeswunsch habe erfüllen zu wollen. Regelrecht gedrängt worden sei sie, die Mutter habe so „würdelos“ mit Rollator und Windeln nicht mehr leben wollen. Trotz großer Angst vor dem Gefängnis sei sie dem angeblich bei klarem Verstand geäußerten Wunsch schließlich nachgekommen.

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Kölner Altenpfleger sagt zu Bewohnerin aus

Im Zeugenstand zeichnete ein examinierter Altenpfleger jedoch ein abweichendes Bild von der Heimbewohnerin. Ja, diese habe im Affekt und mit Wut im Bauch zwar auch ihm gegenüber tatsächlich mehrfach einen Todeswunsch geäußert. „Das konnte eine Stunde später aber komplett anders aussehen, da war sie dann auf einmal glücklich und zufrieden“, erklärte der Zeuge.

Nicht vorstellen konnte der Altenpfleger sich hingegen, dass die Seniorin mit ihrer Tochter differenziert über eine mögliche Sterbehilfe gesprochen hat. Dazu sei die Demenzerkrankung schon zu weit fortgeschritten gewesen. Die Bewohnerin sei bereits im Tatzeitraum räumlich und zeitlich nicht mehr orientiert gewesen. Zuletzt habe sie nur noch sehr einfache Sätze formulieren können.

Köln: Der Angeklagten droht lebenslang Gefängnis

Den ersten von der Staatsanwaltschaft angeklagten Mordversuch im September vergangenen Jahres hatte die Angeklagte abgestritten. Dazu hatte sie lediglich eingeräumt, ihrer Mutter Tabletten zur Selbsttötung hingelegt zu haben. Der Zeuge bewertete es aber als unrealistisch, dass die Seniorin die Tabletten später eigenständig und schon gar nicht bewusst zur Selbsttötung eingenommen habe.

Der Angeklagten droht wegen des Vorwurfs des versuchten Mordes eine lange Haftstrafe, maximal sogar lebenslang Gefängnis. Mit Schwurgerichtsverfahren kennt sich die Krankenschwester gut aus, sie war bis zu ihrer Verhaftung als Schöffin am Landgericht tätig. Pikanterweise sogar in der Kammer des Richters, der nun über sie urteilt. Das Verfahren ist bisher bis Mitte Dezember terminiert.