Kölner Versorger stellen schon bald ihre neuen Pläne für das Fernwärmenetz vor. Was die für Kommune und Verbraucher bedeuten könnte.
Wenig Zeit für WärmeplanungKöln setzt auf Fernwärme und Gebäudesanierung
Der Energieversorger wird in wenigen Wochen den Transformationsplan für das Fernwärmenetz in der Kölner Innenstadt vorlegen. Grundsätzlich geht es darum, das Netz deutlich auszubauen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Welche Folgen hat der neue Gesetzesentwurf zur Wärmeplanung und Dekarbonisierung der Wärmenetze des Bundesbauministeriums für Städte und Gemeinden?
Städte und Gemeinden müssen eine flächendeckende Wärmeplanung vorlegen und ihren Bürgern verbindlich mitteilen, ob und wo sie auf ihrem Gebiet neue Netze für Fernwärme oder Wasserstoff planen. In Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohnern muss diese Planung bis zum 30. Juni 2026 vorliegen. Das sind sechs Monate weniger als im ersten Gesetzesentwurf vorgesehen war. Die restlichen Kommunen haben zwei Jahre länger Zeit, also bis zum 30. Juni 2028. Kleine Gemeinden bis 10.000 Einwohnern können sich zusammenschließen und gemeinsame Pläne erstellen. Das betrifft rund 9200 von 10.800 Kommunen in Deutschland.
Alles zum Thema Rheinenergie
- Keine Mehrbelastung Ratsmehrheit stoppt geplante Grundsteuer-Erhöhung in Köln
- Verbesserte Radweginfrastruktur Eine positive Radwegsanierung in Sürth – mit einem kleinen „aber“
- Im Bereich Großer Griechenmarkt Stromausfall in Kölner Altstadt wieder behoben
- Bezirksvertretung Ehrenfeld Verwaltung soll Vorkaufsrecht für Fläche im Kölner Liebig-Quartier prüfen
- Rewe, Bayer, KVB und mehr Das sind die 90 größten Arbeitgeber in Köln und der Region
- In mehreren Nächten Rhein-Energie plant Spezialflüge über das Kölner Fernwärmenetz
- Stolperfalle in Köln-Mülheim Ballett-Besuch endet für Kölnerin mit Sturz im Dunkeln
Wer bezahlt die Wärmeplanung?
Der Bund will sich mit 50 Prozent beteiligen, den Rest müssen Städte und Gemeinden selbst aufbringen. Die neuen Wärmenetze müssen ab 1. Januar 2030 zu mindestens 30 Prozent mit erneuerbaren Energien gespeist werden. Im alten Gesetzentwurf waren es noch 50 Prozent.
Die Planung ist aufwändig und teuer. Wie sollen das vor allem kleine Gemeinden finanzieren?
Für kleine Gemeinden ist ein vereinfachtes Verfahren vorgesehen. Außerdem wird eine Vorprüfung eingeführt. Damit können ohne umfassende Bestands- und Potenzialanalyse Teilgebiete identifiziert werden, für die es sehr wahrscheinlich ist, dass die Wärmeversorgung nicht über ein Wärmenetz oder ein Wasserstoffnetz erfolgen wird. Für diese Teilgebiete gelten reduzierte Anforderungen an die weitere Wärmeplanung; insbesondere ist die Erhebung von Daten entbehrlich.
Wie geht es weiter, wenn die Planung vorliegt?
Dann treten die Regeln aus dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) in Kraft. Das sogenannte Heizungsgesetz verpflichtet Bürger und Unternehmen, ihre Immobilien entweder an Fernwärme anzuschließen oder beim Kauf und Einbau einer neuen Heizung dafür zu sorgen, dass diese zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben wird. In Köln wäre das also ab 30. Juni 2026 der Fall. Allerdings gibt es teilweise Übergangsfristen.
Was heißt das genau?
Die 65-Prozent-Regel tritt nicht automatisch in Kraft, wenn eine flächendeckende Wärmeplanung vorliegt. Städte und Gemeinden müssen für sich erst verbindlich festgestellt haben, dass die Planung abgeschlossen ist. Erst dann müssen sich die Bürger an die Regeln des Heizungsgesetzes (GEG) halten. Die 65 Prozent beziehen sich auf den gesamten Raumwärmebedarf einer Kommune.
Das klingt kompliziert.
Ist es auch. Das bedeutet, wenn feststeht, dass in einer Straße auf absehbare Zeit keine Fernwärme zur Verfügung stehen wird, müssen Immobilienbesitzer beim Tausch ihrer Heizungsanlage ab 2024 Wärmepumpen, Biomasse-Heizungen oder Gasthermen einbauen, die zu 100 Prozent Wasserstoff verbrennen können. In Gebieten, in denen die Kommune Fernwärme vorsieht, können Eigentümer abwarten und weiterhin Heizungen einbauen, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden. Wärmenetze in Neubaugebieten müssen von Beginn an zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden.
Bundesrepublik soll ab 2045 klimaneutral sein
Was geschieht, wenn Städte und Gemeinden ein sicher zugesagtes Wärmenetz doch nicht bauen?
Hauseigentümer wird in diesen Fällen eine Übergangsfrist von drei Jahren gewährt. Danach müssen sie die Vorgaben des Heizungsgesetzes erfüllen.
Was ist mit bereits bestehenden Wärmenetzen?
Sie können weiter genutzt, müssen aber bis 2030 mit einem erneuerbaren Anteil von 30 und bis 2040 von 80 Prozent betrieben werden. Auch hier gibt es Ausnahmen: Die Fristen können verlängert werden, wenn die Umsetzung innerhalb der vorgeschriebenen Zeit unverhältnismäßig teuer wäre. Spätestens Ende 2044 ist Schluss, weil die Bundesregierung ein klimaneutrales Deutschland ab 2045 zum Ziel gesetzt hat.
Das ist die Theorie. Wie sieht die Praxis aus? Schafft der neue Gesetzesentwurf mehr Klarheit?
Aus Sicht der Rhein-Energie sind die aktuellen Entwürfe des Heizungs- und des Wärmeplanungsgesetzes ein Fortschritt, um zu einer bezahlbaren und umsetzbaren Dekarbonisierung der Wärmversorgung zu kommen. Problematisch sei weiterhin, dass der Netzbetreiber Anschlusszusagen für bestimmte neue Energieträger abgeben muss, die innerhalb von zehn Jahren erfüllt sein müssen. Ansonsten können die Kunden Regressansprüche geltend machen. Das schaffe erhebliche unternehmerische Risiken und erwecke den Eindruck, als seien Ausbaupläne für komplexe Energiesysteme nicht anspruchsvoll und herausfordernd, heißt es auf Anfrage.
Fernwärmenetz in Köln soll um 50 Kilometer wachsen
Wie sieht der Austausch über die Erweiterung der Wärmenetze mit der Stadt Köln aus?
Die Rhein-Energie wird in wenigen Wochen den Transformationsplan für das Fernwärmenetz in der Kölner Innenstadt vorlegen. Grundsätzlich geht es darum, das Netz deutlich auszubauen. Mit der Innenstadt sind prinzipiell das Gebiet innerhalb der Ringe und der Kernbereich von Deutz gemeint.
Was heißt das konkret?
Das Netz soll bis 2030 von derzeit 380 Kilometer um 50 Kilometer wachsen, bis 2035 sollen weitere 150 Kilometer hinzukommen. Um die gesteckten Ziele zu erreichen, müssen rein theoretisch jeden Monat 1,1 Kilometer Wärmeleitung in Köln entstehen. Der Ausbau pro Kilometer kostet rund drei Millionen Euro. Ein zentraler Baustein für die Wärmewende ist der Bau einer Großwärmepumpe mit 150 Megawatt in Köln-Niehl. Das ist eine Leistungsklasse, die es in Deutschland und Europa noch nicht gibt. Sie soll die Umweltenergie des Rheinwassers nutzen.
Wie hoch ist der Anteil der Fernwärme derzeit?
18 bis 20 Prozent. Es gibt bisher nur drei Inselnetze: das große Innenstadtnetz, im Rechtsrheinischen ein kleines Netz für Merheim und Neubrück und das Netz „Neue Stadt“ im Kölner Norden, an dem auch Bocklemünd hängt.
Stadt fordert bis 2035 eine jährliche Sanierungsrate von vier Prozent
Das wird aber nicht reichen, oder?
Nein. Mit der Fernwärme werden in Köln lediglich 1,4 Terawattstunden des Wärmebedarfs abgedeckt. Der Gesamtbedarf liegt aber bei 7,4. Den größten Anteil hat Erdgas mit 4,3. Wollte man ganz Köln mit Fernwärme versorgen, müsste sich ihr Anteil mehr als vervierfachen.
Deshalb wird bei der Transformation neben Wärmepumpen sowie Gas- bzw. Wasserstoffnetzen vor allem das Einsparen von Energie durch Gebäudesanierungen eine entscheidende Rolle spielen. Die Stadt fordert bis 2035 eine jährliche Sanierungsrate von vier Prozent. Das scheint unrealistisch. Derzeit liegt sie bei knapp ein Prozent. Selbst eine Verdoppelung der Sanierungsrate wäre schon ein gigantischer Aufwand.