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Vereinsleben in der KriseSo wollen Karnevalsvereine die Gemeinschaft aufrechterhalten

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Kommandant Dirk Wissmann und Präsident Heinz-Günther Hunold im Fernsehstudio.

Köln – Es mag etwas drüber klingen, wenn „Agrippina Courage“ – Oberbürgermeisterin Henriette Reker ist qua Amt General der Roten Funken – in ihrem Video-Grußwort zur Kontrollversammlung des Traditionskorps sagt, dass diese stattfinden könne, sei für sie nach ihrer Wiederwahl die zweitbeste Nachricht des Jahres. Aber es zeigt, wie verzweifelt viele (Karnevals-)Vereine versuchen, den Kontakt zu ihren Mitgliedern trotz der Pandemie und des Lockdowns aufrechtzuerhalten.

Rote Funken

Wie so vieles kann auch diese Kontrollversammlung in Zeiten von „Schnüss-Jardinche“ nur virtuell durchgeführt werden. Das tun die Funken aufwendig: Präsident und Kommandant loben, tadeln und befördern rund zwei Stunden lang aus dem RTL-West-Studio live in rund 300 Wohnzimmer der Funkenfamilie, es gibt eigens produzierte Einspielfilme und Bernd Stelter. Die Orden will man, Ehrensache, zu gegebener Zeit Corona-konform persönlich überreichen. Als Zeichen für die Kölner hatte man bereits am 11.11. einen Zeppelin über die Stadt schweben lassen mit der Botschaft „Bliev zohuss – bleibt gesund“.

Colombina Colonia

Ein Zoom-Meeting ersetzt bei der Damen KG Colombina Colonia derzeit die Vorstandssitzungen, aber vor allem auch den monatlichen Stammtisch im Consilium. „So zwischen 120 und 150 Damen treffen sich dann virtuell“, sagt Colombinen-Sprecherin Susanne Diessner.

Alles zum Thema Henriette Reker

Über das Internet berichten Präsidentin Ursula Brauckmann und Vorsitzende Tamara Elsen-Virnich über Neuigkeiten aus dem Verein und Untergruppierungen wie Reiterstaffel, Golfer, Sing-Düvjer und andere. Zugeschaltet werden stets auch Colombinen, die momentan im Ausland leben. Diese beschreiben ihr derzeitiges Leben mit Corona-Auflagen beispielsweise in New York, Helsinki und Salzburg. Dazu gibt es mal einen Cocktail-Kurs, ein Koch-Rezept oder auch eine Weinprobe sowie stets auch einen musikalischen Beitrag, da die Colombinen „auch alleine zu Hause gerne schunkeln, tanzen und mitsingen“. Für die Musik sorgten zuletzt Jörg P. Weber und Michael Kuhl. Diessner: „Die Stammtische sind zwar nicht mit einem persönlichen Zusammensein vergleichbar, aber wir bleiben in Kontakt und können für ein paar Stunden, das Miteinander genießen.“

Stattgarde Colonia

Ahoj Videobotschaft statt Captain’s Dinner bei der Stattgarde – alle Veranstaltungen der Session wurden abgesagt. „Das ist eine radikale Entscheidung, aber uns fehlt die Fantasie, wie Karneval in Zeiten wie diesen aussehen kann“, sagte Präsident André Schulze Isfort jetzt in einer Videokonferenz mit 13 Vertretern aus Vorstand und allen Abteilungen, die anschließend an alle 720 Mitglieder verschickt wurde.

Das Care-Paket der Großen Allgemeinen KG

Von mehr als 100 vertraglich vereinbarten Auftritten seien derzeit 15 noch nicht storniert – darunter sechs bei der „Lachenden Kölnarena“. Doch Bordkapelle und Shanty-Chor, die bereits im Freien ein neues Medley und ein Sessionslied einstudiert hatten, haben wie das Tanzkorps die Pausentaste gedrückt. „Wir haben alles auf Null gestellt“, sagt KG-Sprecher Jörg Esser. Über die sozialen Medien will man weiter in Kontakt bleiben und auch ein Sessionsheft soll es geben. „Wir waren überrascht, dass gut zwei Drittel unserer Anzeigenkunden dabei geblieben sind“, sagt Esser.

Große Kölner

Der Postweg ist auch für manch andere Gesellschaft derzeit eine Möglichkeit, den Kontakt zu den Mitgliedern zu halten. So hat die KG Große Kölner eine Art Care-Paket verschickt – mit dem neuen Sessionsorden sowie dem Buch „Das Leben ist ganz nah“ mit Erinnerungen an den Komponisten Hans Knipp.

Stromlose Ader

Die KG Stromlose Ader hat eigene Mund-Nasenmasken mit ihrem Logo herstellen lassen und verschickt. „So kann man sich und die Allgemeinheit schützen und gleichzeitig die Verbundenheit zur KG nach außen tragen“, so deren Sprecher Markus Richter. Für die Weihnachtszeit will man sich virtuell aufstellen und ist dazu schon mit verschiedenen Künstlern im Gespräch. Auch wenn niemand wisse, „was wirklich auf uns zukommen wird, gibt es im Vorstand Ideen für die Session.“ Das reiche von einer Galasitzung mit einem verkleinerten Gästekreis über mehrere kleine Konzerte in wechselnden Locations bis hin zu Wohnzimmer-Sitzungen direkt bei interessierten Jecken zu Hause.

Flittarder KG

An Veranstaltungen mag man bei der Flittarder KG noch gar nicht denken. „Es ist ja alles ausgefallen, was unser Vereinsleben so ausmacht“, sagt Vorsitzender Reiner Knillmann. Mitgliederversammlung, Sommerfest, Herbstumtrunk, Ordensabend, Nikolausfeier.

Kommuniziert wird über Telefon, SMS und Skype sowie über spezielle Whats-App-Gruppen. Das Vereinsheim, die „Narrenburg“ an der Paulinenhofstraße, bietet kleinen Gruppen mit Masken und Sicherheitsabstand die Gelegenheit, sich zu sehen – bei Baumschnitt und Laub fegen oder beim Warten der Traktoren. Neue Sessionsorden haben die Flittarder – wenn auch in geringerer Stückzahl – schon anfertigen lassen und auch an einem ein Sessionsheft wird gearbeitet. Heft und Orden will man dann allen Mitgliedern persönlich überreichen.

Große Allgemeine

Wie dies funktioniert hat die Große Allgemeine KG in diesen Tagen vorgemacht. Da haben die Vorstandsmitglieder um Präsident Markus Meyer in abgestimmten Routen so ziemlich allen der mehr als 300 Mitglieder in Köln und der Region ein jeckes Päckchen bis an die Haustür gebracht. Nur bei entlegeneren Wohnorten wie Berlin, Trier, München musste die Post helfen. Liebevoll verpackt waren das neue Festheft, der Orden zum Gesellschaftsjubiläum (die 1900 gegründete KG wird elf mal elf, also 121 Jahre alt), ein Piccolo zum Anstoßen auf die neue Session und eine roten Pappnase.

Videobotschaft des Stattgarde-Vorstandes

„Diese Aktion war gelebte, ganz persönliche Wertschätzung für jedes Mitglied – ganz egal, ob man zur Kindertanzgruppe oder zum Elferrat zählt“, so KG-Sprecher Max Rheinländer. „Die Reaktionen waren überwältigend.“ Für Januar und Februar arbeite man noch an Alternativkonzepten. So überlegt man mit dem Sartory, an Stelle der Kostümsitzung eine Kulturveranstaltung in kleinerer Besetzung mit reduziertem Publikum mit Dinner und Programm durchzuführen.

Bellejeck

Zudem hat man ein Corona-konformes karnevalistisches Format für kleine Gruppen bis 20 Personen entwickelt: „Mit dem Bellejeck op Jöck“. Schließlich ist Alfred Wolf, der in dieser Session die Rolle dieser Traditionsfigur der Großen Allgemeinen übernimmt, ein offizieller Stadtführer in Köln. Sobald wieder möglich und dann bis Aschermittwoch wird Wolf seine Stadtführungen im Kostüm des Bellejeck als „karnevalistische Zeitreise durch et ahle Kölle“ veranstalten.