Weniger Autos, mehr Bus und Bahn? Wer bezahlt das? Denn das jährliche Defizit der KVB könnte von 145 auf bis zu 235 Millionen Euro steigen.
Verlust könnte um 90 Millionen Euro steigenKann die KVB die Verkehrswende bezahlen?
In diesen Tagen wird in Köln viel diskutiert über Sinn oder Unsinn der neuerdings fast komplett autofreien Trankgasse am Dom. Die Gegner der neuen Verkehrsführung argumentieren unter anderem, dass erst der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) ausgebaut werden soll, bevor die Autos zurückgedrängt werden.
Doch selbst die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) halten die Mobilitätswende angesichts ihres eigenen Zustandes aktuell nicht für möglich. Im Geschäftsbericht heißt es: „Hierfür ist es zwingend notwendig, den ÖPNV für die Kundinnen und Kunden deutlich attraktiver und zuverlässiger auszugestalten sowie ausreichende Kapazitäten für steigende Fahrgastzahlen zu schaffen.“
Doch dieser Ausbau kostet viel Geld, die KVB selbst geht auf Anfrage davon aus, dass ihr Defizit „erheblich steigen wird“ – und sie ist ist ja jetzt schon hochdefizitär, im Jahr 2021 machte sie rund 145 Millionen Euro Verlust (siehe Grafik).
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Hat die KVB genug Geld, um das Netz zu erweitern, um neue Busse und Bahnen anzuschaffen, um mehr Fahrgäste zu transportieren? Zumal die höheren Löhne und das neue 49-Euro-Deutschlandticket den finanziellen Druck erhöhen. Im Januar hatte KVB-Chefin Stefanie Haaks gesagt: „Die entscheidende Frage ist: Wie viel Verkehrswende will und kann man sich leisten?“ Und: „Dass wir als Verkehrsunternehmen Verluste einfahren, muss bei politisch festgelegten Fahrpreisen aber klar sein.“
Aktuell erstellt die KVB laut eigener Aussage die Wirtschaftsplanung bis 2028. Doch nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ könnte das jährliche Minus laut interner erster Prognosen auf bis zu rund 235 Millionen Euro in den nächsten Jahren steigen, wenn das Unternehmen sein Wachstum wie geplant fortsetzt. Demnach wäre der jährliche Verlust ab 2029 konstant höher als 210 Millionen Euro, die KVB würde von heute bis 2035 insgesamt ein Minus von rund 2,5 Milliarden Euro machen.
Aufsichtsrat bekennt sich zu Ausbauplänen
Trotzdem hat sich der Aufsichtsrat des Unternehmens jetzt dafür ausgesprochen, an der bisherigen Wachstumsstrategie festzuhalten. Das bestätigte die KVB am Donnerstag. Zu der Strategie zählen unter anderem eine neue Stadtbahn im Neubaugebiet Mülheimer Süden, die Verlängerung der Linie 7 bis nach Porz-Langel, die Stadtbahn nach Rondorf, aber auch neue Abstellgleise oder Werkstätten. So sollen aus aktuell rund 280 Millionen Fahrgästen pro Jahr etwa 340 Millionen Fahrgäste im Jahr 2035 werden.
Das Gremium entschied sich dem Vernehmen nach gegen zwei andere Strategien, eine davon sah nur das nötigste an Investitionen vor, auch in diesem Fall hätte der geplante Verlust aber bis 2035 bei rund 2,2 Milliarden Euro gelegen.
Angesprochen auf diese Zahlen, sagte Daniel Kolle, Geschäftsführer des Verdi-Bezirk Köln-Bonn-Leverkusen, und Aufsichtsratmitglied: „Die KVB muss wachsen, um eine Verkehrswende in Köln gestalten zu können. Die gesellschaftlich und politisch gewollte Verkehrswende gibt es nicht umsonst und auch ohne Wachstum im ÖPNV steigen die Kosten, etwa für Diesel, für Strom, für Personal.“
Rückkehr zum regulären Fahrplan völlig offen
Doch statt hochfliegender Ausbauszenarien kämpft die KVB mit Personalmangel, sie musste ab März den Fahrplan reduzieren. Wann sie zum regulären Plan zurückkehrt, ist offen. Die KVB teilte mit: „Einen genauen Zeitpunkt, wann wir komplett zum alten Fahrplan zurückkehren werden, können wir im Moment nicht nennen.“ Eine Option ist es, den regulären Fahrplan in einem Aufwasch mit dem üblichen Fahrplanwechsel erst im Dezember wieder einzuführen.
Wie soll die KVB also das angestrebte Wachstum schaffen, personell wie finanziell? Das Unternehmen teilte mit: „Die Finanzierung ist dabei eine enorme Herausforderung, die wir gemeinsam mit der Stadt und dem Stadtwerke-Konzern bewältigen müssen.“ Die KVB zählt wie unter anderem die Rhein-Energie, Netcologne oder die Köln-Bäder zu den Stadtwerken (SWK). Beispielsweise die Rhein-Energie liefert Gewinne, die KVB seit Jahren Verluste. Am Ende kommt alles in einen Topf, im Jahr 2021 stand so ein Überschuss von 72,7 Millionen Euro. Davon schütteten die Stadtwerke 20 Millionen an die Stadt als Eigentümer aus. 52,7 Millionen Euro gingen in die Rücklagen.
Doch wenn die KVB statt wie bisher 145 zukünftig bis zu 235 Millionen Euro Verlust pro Jahr macht, gerät diese Querfinanzierung im Stadtwerke-Konzern unter Druck. Zuletzt hatte SWK-Finanzchef Michael Theis angesichts von Klimaneutralität und Verkehrswende von „immensen Herausforderungen“ gesprochen. „Da müssen die Unternehmen jeweils schauen, wie sie ihre Ziele erreichen. Und dann müssen wir das mit unserer Eigentümerin in eine ausgewogene Balance bringen.“ Die KVB sagte auf die Frage, ob sie mehr Geld brauche, um ihr Defizit auszugleichen: „Daraus ergibt sich ein höherer Ausgleichsbedarf.“