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Aids-Gedenkfeier in KölnWarum diesmal kein neuer Stein eingelassen werden durfte

Lesezeit 3 Minuten
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Das Kunstprojekt „Namen und Steine“ besteht aus mehr als 100 in den Boden eingelassenen Steinen.

Köln – Unscheinbar ist die Installation „Kaltes Eck“ von Tom Fecht, über die am Ende der Markmannsgasse täglich zahlreiche Menschen gehen oder radeln, um das Rheinufer in der nördlichen Altstadt Kölns zu erreichen. Das Werk aus dem Kunstprojekt „Namen und Steine“ besteht aus mehr als 100 in den Boden eingelassenen Steinen auf denen die Namen von Kölnern zu lesen sind, die an den Folgen von Aids-Erkrankungen verstorben sind. Einmal im Jahr ist der 1998 entstandene Ort allerdings die zentrale Gedenkstelle für die Mitglieder der Trans- und Homosexuellen-Szene, wenn im Rahmen der Veranstaltungen „Cologne Pride“ und „Christopher Street Day“ (CSD) den Toten gedacht wird.

„Seit mehr als zehn Jahren versammeln wir uns regelmäßig hier, um die Erinnerung an diese Menschen und ihre Geschichten aufrecht zu erhalten, jedes Jahr fügen wir neue Steine und Namen hinzu “, sagte Kölns Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes (SPD), die in ihrem Amt als Vorstand der Aidshilfe Köln am Freitagabend eine Rede vor rund 40 Menschen hielt, die mit Blumen zu der Kunstinstallation gekommen waren.

CSD und Pride verschoben

Die Schutzauflagen vor dem neuartigen Coronavirus machten es 2020 in Köln unmöglich, in gewohnter Weise um die Opfer des schon seit Jahrzehnten auf der Welt verbreiteten HI-Virus zu trauern. Wie viele andere Großveranstaltungen auch, sind die für Juni und Juli angesetzten Cologne Pride und CSD aufgrund der Covid-19-Pandemie vom Ausrichter, dem Kölner Lesben- und Schwulen Tag (Klust) abgesagt, beziehungsweise zunächst in den Herbst verschoben worden.

Zu den Auflagen, unter denen das Ordnungsamt die Gedenkfeier in Köln zugelassen hatte gehörte auch, diesmal keine neuen Stein in die Markmannsgasse einzulassen. „Darum wollen wir heute stellvertretend für alle Aids-Opfer hier und weltweit an Jean-Claude Letist denken, der seit 30 Jahren tot ist“, so Scho-Antwerpes weiter. Letist war unter anderem Gründungsmitglied der Aidshilfe Köln und setzte sich für die Gleichberechtigung von Homosexuellen ein. „Einer von vielen“ war passend dazu auf einem Plakat mit dem Konterfei Letists neben dem Kunstwerk zu lesen, um das sich die Menschen bei Musik und zu den Worten eines seiner Weggefährten im gebotenen Abstand versammelten. „Dies ist ein Ort der Begegnung und des Zusammenhalts“, sagte Georg Roth. „Jean Claude hat dafür gekämpft, dass es mehr solcher Anlauforte für Homosexuelle, aber auch für alle anderen von Ausgrenzung betroffenen Menschen in Köln gibt.“

Büro der Aids-Hilfe geschlossenDie Coronakrise bedrohe indes nicht nur die Gesundheit vieler Menschen, sondern die „auch jetzt enorm wichtige Arbeit der Aidshilfe“, sagte Scho-Antwerpes. Zahlreiche langjährige Sponsoren hätten angekündigt, ihr finanzielle Förderung künftig teilweise oder ganz einzustellen. Das Büro der Aidshilfe in der Beethovenstraße ist seit Mitte März geschlossen, der „Checkpoint“ dort biete seine HIV-Tests derzeit nur in eingeschränkter Form an. „Wie bei Corona sind bei Aids die Tests ein wichtiges Mittel der Eindämmung, denn viele Menschen wissen nicht, dass sie infiziert sind und verbreiten das Virus weiter“, sagte Scho-Antwerpes. Mit Aids könne man aufgrund guter medizinischer Versorgung heute allerdings mit nur wenigen Einschränkungen eine weitgehend normales Leben führen. Sie hoffe darauf, dass der Kampf dagegen darum weiterhin große Beachtung in der Kölner Stadtgesellschaft finde und nicht aufgegeben werden müsse. Im Anschluss an die Reden wurden am „Kalten Eck“ alle 100 in die Steine gravierten Namen verlesen. In stiller Andacht legten die Versammelten daraufhin ihre Blumen nieder.