Köln – Sie heißen „EG Feder“, „EG Stempel“ oder „MK Geist“ – und bekämpfen zum Beispiel Betrug, Urkundenfälschung oder Mord und Totschlag. Wann immer sich bestimmte Straftaten in der Stadt häufen oder sich größere Ermittlungsverfahren anbahnen, bildet die Polizei in der Regel eine so genannte Ermittlungsgruppe (EG) oder bei nicht natürlichen Todesfällen eine Mordkommission (MK).
Köln: Name des Ermittlungsteams darf keinen Verdacht erregen
Die Bezeichnungen, die sich die Teams selber geben, sind oft selbsterklärend, oft aber auch kryptisch und für Außenstehende nicht nachvollziehbar. Mitunter sollen sie das auch sein, denn viele Ermittlungen werden verdeckt geführt, und der Name der EG – sollte er öffentlich bekannt werden – darf dann keinen Verdacht erregen oder Verdächtige aufschrecken. Aber wie kommen die Bezeichnungen eigentlich zustande? Wer wählt sie aus? Welche Begriffe sind tabu?
Im Morddezernat verlaufe die Namenssuche demokratisch, berichtet ein ehemaliger Mordermittler. „Man sitzt im Kollegenkreis zusammen und überlegt sich: Wie heißen wir denn jetzt? Und wenn einer eine gute Idee hat, dann wird die genommen.“ Tabu sind witzige oder verunglimpfende Bezeichnungen – oder alles, was konkrete Rückschlüsse auf Täter oder Opfer zulässt, beispielsweise der Nachname des Opfers, so wie das früher üblich war. Heute wäre das ein Verstoß gegen den Datenschutz.
Köln: Viele Mordkommissionen sind nach dem Tatort benannt
Und so richten sich viele Bezeichnungen schlicht nach dem Tatort. Die „MK Geist“ etwa, die im Herbst 2019 nach dem Tod einer Frau und ihres ungeborenen Babys gebildet wurde, ermittelte nicht etwa gegen ein Phantom, sondern wurde nach dem Krankenhaus benannt, in dem die Opfer starben – dem Heilig-Geist-Krankenhaus in Longerich. Gegen den Mann, der 2018 in einem Supermarkt mit einem Beil um sich schlug, ermittelte die „MK Kaufland“. Und im Fall der ermordeten Besitzerin einer Salatbar in der Kölner Innenstadt recherchierte die „MK Supa“ – was im Gespräch mitunter für Irritationen sorgte. Gemeint war aber nicht „super“, sondern der Name des Imbisses: „Supasalat“.
Köln: Aktuell sind 140 Ermittlungsteams in Köln eingesetzt
Derzeit sind nach Angaben der Polizei aktuell 140 Ermittlungsgruppen und Mordkommissionen in Köln eingesetzt, die meisten im Bereich Bandenkriminalität oder organisierte Kriminalität. Manche Teams bestehen über Monate oder sogar Jahre – etwa die „Besondere Aufbauorganisation (BAO) Berg“ gegen Kinderpornografie; das Verfahren hatte in Bergisch Gladbach seinen Ausgang genommen. Andere Teams werden schon nach wenigen Wochen wieder aufgelöst, sobald der betreffende Fall abgeschlossen ist.
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Grundsätzlich soll der Titel einer Ermittlungsgruppe oder Mordkommission unverwechselbar und einprägsam sein, einprägsamer zum Beispiel als das bloße Aktenzeichen des betreffenden Falls, das zwar einzigartig aber schwer zu merken ist. Der Name eines Ermittlerteams stelle „im weitesten Sinne einen Bezug zu dem Ermittlungsverfahren her“, berichtet ein Polizeisprecher. Die „EG Stempel“ etwa geht Impfpassfälschung auf den Grund. Die „EG Nachtfalter“ jagte vor Jahren eine Einbrecherbande, die ausschließlich nachts zuschlug. Die „EG Bulgari“ – angelehnt an die italienische Schmuck- und Luxusartikelmarke – jagte Juwelenräuber ebenso wie die „EG Bubi“; so nannte sich die Fahndergruppe, die sich nach einem Überfall auf einen Juwelier auf der Hohe Straße an die Fersen der sehr jung aussehenden Täter heftete. Die „EG Abseits“ arbeitete 2013 einen gewalttätigen Angriff von Kölner Ultra-Fußballfans gegen einen Fanbus aus Mönchengladbach auf.
Und die „EG Feder“? Durchsuchte zuletzt am Dienstag dieser Woche Wohnungen und Steuerberaterkanzleien in Köln und Bergisch Gladbach nach Beweisen für mutmaßlichen Betrug mit Corona-Soforthilfe-Anträgen. „Feder“ deshalb, weil die Soforthilfen eigentlich die finanziellen Schäden der Solo-Selbständigen abfedern sollten.