Das Gebäude 9 an der Deutz-Mülheimer Straße gehört zu den beliebtesten Konzertlocations Kölns.
Weil auf dem früheren Industriegelände ein Wohn- und Büroviertel entsteht, war die Zukunft des Clubs lange unklar.
Nach Protesten durfte das Gebäude 9 bleiben. Nun hat es wiedereröffnet. Wir haben uns umgesehen.
Köln – Es gibt jetzt sogar Klobrillen. Ist das noch Rock‘n‘Roll? Nach knapp einem Jahr Umbaupause präsentierte sich am Donnerstagabend das Gebäude 9 in neuem Glanz.
Beinahe wäre der Traditionsclub an der Deutz-Mülheimer Straße einer popkulturell uninformierten Stadtplanung zum Opfer gefallen. Erst Proteste aus der Bevölkerung und von zahlreichen Kulturschaffenden retteten das G9, das nun inmitten eines neu entstehenden Wohn- und Gewerbeviertels steht.
Die Zusammenarbeit mit dem Projektentwickler, der CG-Gruppe, habe prima geklappt, erzählt Jan von Weegen, einer der Betreiber des Gebäude 9. Zum Endspurt habe die Bauleitung richtig Gas gegeben, damit es mit der Eröffnung zur Verleihung des Holger-Czukay-Preises klappt. Am Donnerstagabend wurde der mit 15.000 Euro dotierte Popmusikpreis der Stadt Köln zum ersten Mal vergeben, an den Kölner Techno-Doyen Wolfgang Voigt.
Der Ehrenpreis ging an Irmin Schmidt, der einst zusammen mit Holger Czukay in Köln die Band Can gegründet hat. Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker hatte sich angesagt, und auch Christoph Gröner, der Chef der Immobilienfirma CG-Gruppe, die den neuen Stadtteil im Rechtsrheinischen entwickelt. Da musste es also klappen mit der Bauabnahme.
Tatsächlich, erzählt Clubbetreiber Pablo Geller, sei die Rettung des Gebäude 9 ein langer Prozess gewesen. Mehr als drei Jahre habe man zusammengesessen. „Aber die Projektentwickler haben uns immer miteinbezogen, haben auf Vorschläge von uns reagiert. Das war ja kein Standard, die bauen sonst Wohnungen und Büros, aber eben keine Rockclubs.“
Die Rückkehr an diesen traditionsreichen Ort Kölner Popkultur sorgte auch beim Preisverleihungs-Publikum für Rührung: Zwar präsentierte sich das Gebäude 9 mit neuem Schallschutz und neuer Lüftungsanlage, verbesserter Technik und barrierefreien (und sauberen) Toiletten definitiv aufgewertet.
Aber zum Glück auch weiterhin mit den Insignien versehen, die man über die Jahre liebgewonnen hat: Im sattrot gestrichenen Barraum – die Theke ist um 90 Grad versetzt worden – entdeckt man den ausgestopften Dachs wieder und auch den alten Röhrenfernseher, auf dem früher die immergleichen Trashfilme liefen, und in der Konzerthalle hängt noch derselbe krüppelige Sperrmüllkronleuchter von der Traverse.
Halle ist länger geworden
Auch das Thekenszenen-Gemälde des verstorbenen Singer-Songwriters Nils Koppruch wird bald an seinen angestammten Platz zurückkehren. Es wird nur gerade noch restauriert. „Wir wollten auf jeden Fall, dass man das alte Gebäude 9 wiedererkennt“, sagt Jan von Weegen. „Das hat sich schließlich über Jahrzehnte bewährt.“ Und Geller ergänzt: „Das sind Anker, der Gast soll das alte im neuen Gebäude 9 wiederfinden.“
Die Konzerthalle ist ein wenig länger geworden, die Kapazität soll aber so bleiben, wie sie war. Der frische Anstrich irritiert nur im ersten Moment. Weiß waren die Wände der Konzerthalle auch schon vorher, nur bröckelte der Putz von den Wänden. Man wollte, sagt Geller, ja nie ein normaler Rockschuppen sein. Was sofort einleuchtet, wenn man an das sorgsam kuratierte Konzertprogramm denkt, dem das G9 seinen ausgezeichneten Ruf verdankt.
Backstageräume werden größer
Der Musikjournalist Carsten Schumacher, der die Preisverleihung moderierte, forderte das Publikum prompt auf, dafür zu sorgen, dass hier wieder Patina einkehrt. Das wird nicht lange dauern. Das erste Konzert – Die Liga der gewöhnlichen Gentleman – findet schon am Freitagabend statt.
In einer zweiten Bauphase wird der Club übrigens noch neue, größere Backstageräume bekommen. Im Moment müssen die Künstler mit Containern vorlieb nehmen. Auch der Rest des Geländes ist noch Baustelle. Das Gebäude 9 wird noch um vier weitere Stockwerke aufgestockt, sie sollen Atelierräume beherbergen. Eine Schallschutzwand soll für Ruhe im neuen Wohnviertel im Norden sorgen. Und die Zukunft des Gebäude 9 für viele weitere Jahre sichern.