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Kölner Dom-GeheimnisWarum auf der Rückseite des Klarenaltars ein Kunstwerk glänzt

Lesezeit 4 Minuten

Die Rückseite des Klarenaltars im Dom

  1. Den Dom kennt jeder. Aber wie gut kennen sich die Kölnerinnen und Kölner wirklich aus in „ihrer“ Kathedrale?
  2. Jede Woche haben wir für Sie eine neue Geschichte vom Dom – erzählt von einer, für die er eine Art zweites Zuhause ist: Dombaumeisterin a.D. Barbara Schock-Werner.
  3. In dieser Folge spricht sie über das Kunstwerk der göttlichen Dreifaltigkeit auf der Rückseite des Klarenaltars im Kölner Dom.

Köln – Häufig sehe ich, wie Touristen im Dom ein großformatiges Gemälde auf der Rückseite eines Altars fotografieren, der am Übergang zwischen dem nördlichen, zum Hauptbahnhof hin gelegenen Querhaus und dem Langhaus des Doms steht.

Kein Wunder: Das Bild der göttlichen Dreifaltigkeit in einer mandelförmigen Rahmung, umgeben von Seraphim, Symbolen der Welt und den vier Evangelisten, zieht mit seinen leuchtenden Farben wie aus einer Vision die Blicke auf sich. Es stammt von dem Utrechter Künstler Wilhelm Mengelberg (1871 bis 1951). 1905 fertiggestellt, gehört sein Dreifaltigkeitsbildnis zu den spätesten Zeugnissen der Neugotik im Dom.

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Das Bild der göttlichen Dreifaltigkeit von Wilhelm Mengelberg 

Die Bemalung wurde notwendig, weil der zugehörige Altar von seinem vorigen Platz versetzt wurde und die Rückwand plötzlich freistand. Es handelt sich um den „Klarenaltar“, der in der Mitte des 14. Jahrhunderts für das Kölner Kloster der Klarissen geschaffen wurde. Daher hat er seinen Namen. Er ist nicht nur der größte erhaltene Doppelflügel-Altar im Rheinland, sondern auch einer der frühesten Exemplare, bei denen der Tabernakel zur Aufbewahrung der geweihten Hostie bereits in den Altaraufbau eingelassen ist.

Alles zum Thema Barbara Schock-Werner

Vor der Zerstörung bewahrt

Die Kölner Kunstliebhaber Sulpiz Boisserée (1783 bis 1854) und Ferdinand Franz Wallraf (1748 bis 1824), denen die Stadt den Erhalt zahlreicher Meisterwerke von unschätzbarem Wert verdankt, schafften es in den Wirren französischen Besatzung und der Säkularisation, den Altar aus der Klosterkirche zu bergen, ihn zu verstecken und so – genau wie den Lochner-Altar – vor der Zerstörung zu bewahren. 1811 kam er in den Dom.

Wilhelm Mengelberg in allen Ehren! Aber wenn Sie einmal nach dem eigentlichen malerischen Schatz suchen wollen, müssen Sie sich die beiden schmalen beweglichen Flügel des Klarenaltars ansehen, die in geschlossenem Zustand den Tabernakel verdecken. Im Gegensatz zu den übrigen Altartafeln, die auf Holz gemalt sind, handelt es sich bei diesen beiden um Leinwandbilder und dazu – nach allem, was wir wissen – um die ältesten in Europa überhaupt, noch auf ihren originalen, fast 700 Jahre alten Spannrahmen.

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Auf der unteren Hälfte sieht man eine Kreuzigungsdarstellung. Wer genau hinschaut, erkennt, dass die Madonna ein ganzes Stück größer ist als die Figur des Johannes. Die originale Darstellung wurde im Spätmittelalter übermalt. Die obere zeigt Christus, den Schmerzensmann mit seinen Wundmalen, umgeben von den Passionsinstrumenten wie der Dornenkrone und den Kreuzigungsnägeln.

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Der Klarenaltar in seinen unterschiedlichen Ansichten

Das Tolle an einem Flügelaltar ist die Möglichkeit unterschiedlicher Ansichten – je nachdem, ob die Flügel geöffnet oder geschlossen sind. Neben dem Alltagszustand in der geschlossenen Form präsentiert der Altar zu besonderen Anlässen geöffnet sozusagen seine Schokoladenseite. Mit Doppelflügeln lässt sich dieser Effekt noch einmal um eine Stufe steigern. So bietet der Klarenaltar in der Hochfest-Öffnung dann auch seine prächtigste Version: Die Architekturrahmung ist plastisch ausgearbeitet und vergoldet. In die Innenseiten der Flügel und im Altarkasten sind Nischen für Reliquienbüsten und für zwölf Standfiguren der Apostel eingelassen. Man kann sagen: Die himmlische Welt wird für uns Erdenkinder sichtbar.

Altar häufiger lüften

Ursprünglich war das nur an den zentralen Hochfesten der Fall: Weihnachten, Ostern, Pfingsten. Dann wurde aber festgestellt, dass es im Binnenklima der geschlossenen Flügel zu einer Schimmelbildung kam. Um den Altar häufiger zu belüften, wird er seither auch zu anderen Festtagen wie Christi Himmelfahrt geöffnet. Wir haben damit zwar keine neuen Feste erfunden, wohl aber den Festtagskalender etwas großzügiger interpretiert.

Leserfrage

Haben auch Sie eine Frage zum Dom?

Zuschriften an: Kölner Stadt-Anzeiger,

z. Hd. Joachim Frank,

Stichwort: Geheimnis Dom,

Neven DuMont Haus,

50590 Köln.

geheimnis-dom@dumont.de

Die Büsten des Klarenaltars – wie sollte es in Köln anders sein? – gehören zu einigen der 11000 heiligen Jungfrauen aus dem Gefolge der Stadtpatronin Ursula. Boisserée war über sie ganz außer sich. Der Klarenaltar, schrieb er an seinen Freund Friedrich Schlegel, sei „nicht allein für die Kunstgeschichte ein wahrer Schatz, sondern auch wegen den vielen überaus zarten anmutigen Frauenköpfchen höchst erfreulich anzusehen“.

Drei von Boisserées Hübschen waren allerdings im 19. Jahrhundert spurlos verschwunden. Erst vor wenigen Jahrzehnten konnten zwei Büsten wiedergefunden und in den Dom zurückgeholt werden. In einem Fall war das ein kölscher Kunstkrimi, in dem Kommissar Klefisch alias Willy Millowitsch eine entscheidende Rolle spielt. Eine wahre Geschichte, die Sie sich so spannend im Leben nicht ausdenken könnten. Aber davon erzähle ich Ihnen nächste Woche!

Aufgezeichnet von Joachim Frank