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„Restriktiv und diskriminierend“ Kölner Flüchtlingsrat will gegen Bezahlkarte für Asylbewerbende klagen

Lesezeit 3 Minuten
Ein Mann und eine Frau vor einem Plakat mit der Aufschrift „Geflüchteten Menschen zu ihrem Recht verhelfen“

Geschäftsführer Claus-Ulrich Prölß und Oberbürgermeisterin Henriette Reker bei der 40-jährigen Jubiläumsfeier des Kölner Flüchtlingsrats im Altenberger Hof.

Geschäftsführer Claus-Ulrich Prölß kritisierte die Bezahlkarte für Geflüchtete – und will zur Not bis vors Bundesverfassungsgericht ziehen.

Der Kölner Flüchtlingsrat will vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, wenn die Bezahlkarte für Geflüchtete eingeführt wird. Das kündigte dessen Geschäftsführer Claus-Ulrich Prölß an, als im Bürgerzentrum Altenberger Hof unter dem Motto „40 Jahre Solidarität statt Hetze“ das 40-jährige Bestehen der Organisation gefeiert wurde.

Die „restriktive und diskriminierende“ Bezahlkarte sei genauso untauglich wie entsprechende Wertgutscheine und Chipkarten, die vor Jahrzehnten eingeführt und relativ schnell abgeschafft wurden. Zunächst werde der Flüchtlingsrat das Guthaben der Bezahlkarten „gegen Geld umtauschen“, sagte Prölß. Das Bundeskabinett hatte vor drei Wochen beschlossen, dass Geflüchtete bestimmte staatliche Leistungen künftig über eine Bezahlkarte erhalten sollen. Was noch fehlt, ist die Zustimmung des Bundestags.

In einer Zeit, in der sich „Hass und Hetze breitmachen“ und die Rechte und der Schutz von Geflüchteten „unter Beschuss“ stehen würden, halte der Flüchtlingsrat „mehr denn je“ dagegen und werde dies auch weiterhin tun, sagte Prölß. Das Recht auf Asyl, seit der Grundgesetzänderung im Jahr 1993 bereits stark eingeschränkt, werde durch die aktuelle Flüchtlingspolitik in Deutschland und der EU weiter verbogen und verstümmelt. „Das Recht droht so zu verschwinden“.

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Geschäftsführer kritisiert „auf Ausgrenzung und Abschottung beruhende Flüchtlingspolitik“

Es sei laut Prölß inakzeptabel, dass der Rechtsextremismus die „Diskurse und Positionen“ mit Angstmacherei bestimme und eine „auf Ausgrenzung und Abschottung beruhende Flüchtlingspolitik“ hinterher eile. Trotz nationaler und europäischer Restriktionen habe der Flüchtlingsrat in Köln einiges erreichen können, weil sich ein „politischer Grundkonsens“ entwickelt habe, wie die kommunale Flüchtlingspolitik gestaltet werden solle.

Der Flüchtlingsrat, der sich März 1984 konstituiert hat und heute mehr als 50 Mitarbeitende zählt, ist sowohl in Köln als auch in der Region tätig. Thomas Zitzmann, stellvertretender Geschäftsführer, erinnerte in seinem Rückblick daran, welche Arbeitsfelder seinerzeit benannt wurden, von der Interessenvertretung für Flüchtlinge über die Einzelfallhilfe bis zur Schaffung von Öffentlichkeit.

Inzwischen unterhält der Verein fünf Rechtsberatungsstellen in Köln, zwei in Bonn und eine in Leverkusen. Weitere Arbeitsfelder sind etwa das Auszugsmanagement, das den Auszug von Geflüchteten aus kommunalen Unterkünften unterstützt, die Arbeit mit Freiwilligen sowie die Jugend- und Bildungsarbeit. Der Verein ist unter anderem Träger der Ombudsstelle, die Hinweise auf Probleme bei der Unterbringung von Geflüchteten entgegennimmt, und des Flüchtlingszentrums „Fliehkraft“.

Kölns OB Reker äußert sich zu Grundgesetzänderung und dankt Flüchtlingsrat

Auch Oberbürgermeisterin Henriette Reker ging auf jene Grundgesetzänderung ein. Das „Einnicken aller damals machtpolitisch relevanten Kräfte“ habe zu einem „faulen Kompromiss“ geführt, zur „Aushöhlung eines Grundrechts“. Flucht und Migration seien „keine Themen, denen mit Abschottung zu begegnen ist“. Dem Flüchtlingsrat, der die gleichen Ziele wie die Stadt verfolge, dankte sie dafür, dass er sich konsequent für diejenigen einsetze, die „sonst niemanden haben, der in ihren Namen spricht“; dies tue er „stets unbeeindruckt von gesellschaftlichem Gegenwind“.