Kirsten Jahn ist am Samstag zur Co-Chefin der Kölner Grünen gewählt worden. Die Abstimmung war denkbar knapp.
Mit nur 51 ProzentKirsten Jahn knapp zur Kölner Grünen-Chefin gewählt

Kirsten Jahn wird Co-Vorsitzende der Grünen.
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Ein glanzvolles Wahlergebnis sieht sicher anders aus. Kirsten Jahn ist von der Mitgliederversammlung am Samstag denkbar knapp zur Co-Vorsitzenden des Kölner Kreisverbandes der Grünen gewählt worden. 156 Ja-Stimmen entfielen auf die 48-Jährige, gegen sie standen 113 Stimmen, 37 Mitglieder enthielten sich. Das entspricht einer Zustimmung von rund 51 Prozent. Mit 222 Ja-Stimmen, 32 Mal Nein und 27 Enthaltungen fiel die Wahl von Cyrill Ibn Salem als zweitem Co-Vorsitzendem eindeutiger aus (79 Prozent Zustimmung).
Ein ähnliches Ergebnis erreichte die neue politische Geschäftsführerin Sarah Brunner. Euphorie wollte sich bei Jahn dann auch kaum einstellen. Das Ergebnis sehe sie als Auftrag, „mehr Vertrauen von euch zurückzugewinnen“, sagte sie in der gut gefüllten Aula des Deutzer Gymnasiums Thusneldastraße.
Der ehemaligen Fraktionschefin im Kölner Rat war in den vergangenen Wochen scharfe Kritik entgegengeschlagen. Vorgeworfen wurde ihr die maßgebliche Beteiligung an der so genannten Stadtwerke-Affäre im Jahr 2018. Damals verabredeten SPD, Grüne und CDU unter anderem, dass der Posten eines neuen hauptamtlichen Geschäftsführers der Stadtwerke ohne Ausschreibung an Martin Börschel gehen sollte, damals SPD-Fraktionschef im Stadtrat.
Auch sahen die Kritiker einen Interessenskonflikt darin, dass Jahn einerseits für einen Immobilienentwickler arbeitet, andererseits als sachkundige Einwohnerin im Stadtentwicklungs-Ausschuss sitzt. Ihren Job als Geschäftsführerin beim Lobbyverein Metropolregion Rheinland erhielt sie 2019 offenbar ohne Ausschreibung. Auch dies wurde ihr angekreidet.
Grünen-Mitglieder fordern Verschiebung der Wahl
In einem Antrag forderten rund 60 Grünen-Mitglieder, die Wahl der beiden neuen Co-Vorsitzenden zu verschieben. Auch, weil erst vor drei Wochen offiziell bekannt gegeben worden sei, dass die bisherigen Amtsinhaber Katja Trompeter und Stefan Wolters nicht mehr antreten. Jahn habe ihre Bewerbung sogar erst kurz vor Karneval öffentlich gemacht. „Wir haben ein Problem mit dem Verfahren, wie es gelaufen ist“, so Stephan Eckstein.
Doch die Mehrheit der Stimmberechtigten votierten gegen die Vertagung der Wahlen, auch ein Antrag auf geheime Abstimmung scheiterte. Es sei fristgerecht eingeladen worden, hatte Bundestagsabgeordneter Sven Lehmann zuvor argumentiert. Außerdem brauche es angesichts vieler Baustellen und der bevorstehenden Kommunalwahl einen handlungsfähigen Vorstand.
Jahn wirbt für Ausbau von Photovoltaik und Verkehrswende
„Ich bewerbe mich mit einer Geschichte, die von Erfolgen, aber auch von Fehlern geprägt war“, so Kirsten Jahn in ihrer Bewerbungsrede mit anschließender Fragerunde. Der Stadtwerkeskandal sei definitiv ein solcher Fehler gewesen. Doch es gehe darum, eine Fehlerkultur zu leben: „Menschen, die einen Fehler gemacht haben, dürfen auch wieder auf die politische Bühne zurückkehren.“
Als Vorsitzende wolle sie sich für den Ausbau von Photovoltaik einsetzen und für eine Verkehrswende: „Köln kann eine Vorreiterrolle bei Nachhaltigkeit und Klimaschutz einnehmen.“ Interessenkonflikte sehe sie in ihrer Funktion als sachkundige Einwohnerin keine: „Wenn es Interessenskonflikte gegeben hätte, hätte ich das offen gesagt.“ Bei der Metropolregion wiederum habe es sich um ein reguläres Verfahren gehandelt. Sie habe nichts zu verschweigen und könne nur um das Vertrauen der Mitglieder bitten.
Der Vertrauensvorschuss fiel nun bescheiden aus. Reinhold Goss, der zu den Unterzeichnern des Vertagungs-Antrags zählte, sprach nach der Wahl von einer „großen Hypothek“, mit Jahn ihr Ehrenamt antrete: „Dieses Wahlergebnis kann niemanden zufrieden stellen“, so der Sprecher des Ortsverbands Innenstadt. Doch es gelte auch hier: „Gewählt ist gewählt.“