Die offene Drogenszene breitet sich am Friesenplatz aus. Die Stadtverwaltung erreichen zunehmend Beschwerden von KVB-Kunden und Passanten.
„Angstraum Friesenplatz“Drogenhandel und Crack-Konsum vor Schülern in Kölner KVB-Haltestelle
Auf dem Treppenabgang zur Linie 12 Richtung Ebertplatz sitzen zwei Männer mit Käppie und teilen sich eine Pfeife Crack, auf den Stufen vor ihnen stehen zwei Flaschen Bier und eine Dose Mixery. Unten an der Rolltreppe auf dem Bahnsteig kauern vier Männer in einer Ecke, tauschen Geldscheine gegen Drogen. Ein Mann mit kurzer Hose, der benommen wirkt und sich kaum auf den Beinen halten kann, lehnt an einem Fahrkartenautomaten und zieht ebenfalls an einer Pfeife. Es ist Freitagmittag, 11.30 Uhr. Alltag in der U-Bahnhaltestelle Friesenplatz.
Seit Jahren schon ist der Friesenplatz – wie auch der Ebertplatz, der Appellhofplatz oder der Wiener Platz – Treffpunkt und Hotspot der Obdachlosen- und der offenen Drogenszene. Doch selten war die Situation so massiv und sichtbar wie zurzeit. Die Stadtverwaltung bestätigt auf Anfrage eine „zunehmende Beschwerdelage“ aus der Bevölkerung.
Kölner Friesenplatz: Ordnungsamt und Polizei sind täglich am Brennpunkt im Einsatz
Berufspendlerinnen, Schüler und Passantinnen berichten von „schockierenden Zuständen“, ein KVB-Fahrgast spricht in einer langen E-Mail an den „Kölner Stadt-Anzeiger“ von einer Verwahrlosung des „Angstraums Friesenplatz“. Ein Vater, der jeden Morgen mit seinem Sohn auf dem Weg zur Kita am Friesenplatz aus der Bahn steigt, erzählt im Gespräch, erst vorige Woche habe sich ein Abhängiger vor den Augen des Fünfjährigen eine Spritze in den Arm gestochen.
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Die Lage am Friesenplatz sei auch dem Ordnungsdienst bekannt, sagt eine Stadtsprecherin. Die Einsatzkräfte überwachten den Bereich in der U-Bahn „intensiv“, vor allem morgens und mittags – morgens, weil sich Kinder auf dem Weg zur Schule belästigt fühlten, mittags, weil dann dort substituiert werde, also Drogenersatzstoffe konsumiert würden, die die Abhängigen von einem niedergelassenen Arzt verschrieben bekämen, der seine Praxis in der Nähe des Friesenplatzes habe.
An diesem Freitagmittag ist die Lage in der U-Bahnstation bei genauem Hinsehen friedlich. Passanten haben schon laute Streitereien mitbekommen, mitunter werde jemand handgreiflich. Selten werden auch nach Beobachtung von Stadt und Polizei Unbeteiligte in Konflikte innerhalb der Szene einbezogen. Dennoch verursacht allein die je nach Uhrzeit massive Präsenz von Abhängigen und Dealern bei vielen Fahrgästen und Passanten ein Gefühl der Angst oder Verunsicherung.
Einer, der die Verhältnisse am Friesenplatz seit vielen Jahren täglich hautnah mitbekommt, weil er hier arbeitet, sagt: „Im Moment ist die Drogenszene wieder sehr stark vertreten, das kommt immer in so Wellenbewegungen.“ Ihm seien zuletzt „sehr viele neue Gesichter“ aufgefallen, die er am Friesenplatz noch nie gesehen habe, erzählt der Mann, der anonym bleiben möchte. „Ich schätze, zehn Prozent der Leute verkehren schon seit Jahren hier, 90 Prozent sind neu dazugekommen.“ Auch ihm fällt auf, dass Ordnungsamt und Polizei täglich in der U-Bahn Streife gehen. „Pro Woche machen die bestimmt zwei große Razzien.“ Dann sei kurz „Ruhe im Karton“, doch kaum seien die Beamten weg, kehrten auch die Junkies und Dealer zurück.
Köln: Streetworker kümmern sich um die Drogenabhängigen am Friesenplatz
Die Stadtsprecherin betont, die Ordnungskräfte führten viele präventive Gespräche, könnten aber nur bei „ordnungswidrigem Verhalten“ eingreifen. Bei Vermüllung zum Beispiel, bei übermäßigem Lärm oder Wildpinkeln. In der Regel aber sei das nicht zu beobachten, und der reine Aufenthalt sei nicht verboten.
Die Polizei betont, eine „signifikante Lageentwicklung“ am Friesenplatz sei ihr nicht bekannt. Aber aufgrund des „vergleichsweise kleinen und überschaubaren“ Bereichs der KVB-Zwischenebene könne bereits die Anwesenheit weniger Personen aus der Rauschgiftszene „für Außenstehende bedrohlich wirken“, vor allem, weil Fahrgäste auf ihrem Weg aus der U-Bahn dicht an ihnen vorbeigehen müssten.
Eine Sprecherin der KVB sagt, die Drogenszene am Friesenplatz sei dem Unternehmen genauso bekannt wie an anderen Plätzen, zum Beispiel am Neumarkt. Man sei mit Servicekräften präsent und führe Kontrollen durch. „Es handelt sich hier jedoch um ein gesellschaftliches Problem, das die KVB allein nicht lösen kann.“
Auch die Streetworker des Aufsuchenden Suchtclearings (ASC) kennen den Friesenplatz und die KVB-Zwischenebene als Treffpunkt der Drogenszene, wo Alkohol, Tabletten, Heroin, Kokain und Crack gedealt und konsumiert würden. Der Großteil der Menschen, die sich dort aufhalten, sei „im Hilfesystem angebunden“, betont die Stadtsprecherin.