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InnenstadtMohrenstraße in Köln wird umbenannt – gegen den Willen der Anwohner

Lesezeit 3 Minuten
22.04.2024 Köln. Die Mohrenstraße wird in Gregorius-Maurus-Straße umbenannt. Der Begriff Mohr gilt als rassistisch.

Die Mohrenstraße erhält einen neuen Namen. Möhrenstraße wird sie nicht heißen.

Der aktuelle Straßenname ist kein rassistisches Erbe der Kolonialzeit, und dennoch empfahl eine Expertin einen neuen Namen.

Noch ein Jahr trägt die Kölner Mohrenstraße ihren aktuellen Namen, dann bekommt sie einen neuen. Das hat die Bezirksvertretung Innenstadt jetzt beschlossen – gegen den Willen der Anwohnerinnen und Anwohner. Ab dem kommenden Jahr wird ihre Straße Gregorius-Maurus-Straße heißen.

Erster Versuch schon 2020

Schon im Sommer 2020 hatte die SPD erstmals eine Umbenennung vorgeschlagen. Das rassistisch konnotierte Wort „Mohr“ gab dafür den Anstoß, die Partei wollte es aus dem Ortsbild und von Straßenkarten entfernt wissen. Dabei ist die Kölner Mohrenstraße kein Verweis auf die Verschleppung afrikanischer Sklaven nach Europa in der Zeit des Kolonialismus – sondern verweist auf Gregorius Maurus. Der Kirchen-Legende nach soll er als einer der Anführer der Thebäischen Legion im Jahr 304 mit seinen Gefährten in Köln hingerichtet worden sein, da er sich weigerte, Christen zu verfolgen und zu töten. Die Mohrenstraße führt auf die Kirche St. Gereon zu, wo Erzbischof Anno die Reliquien des Märtyrers bestatten ließ. Gregorius gilt seit dem Mittelalter als Mitpatron der Kirche.

Und dennoch empfahl Marianne Bechhaus-Gerst, Afrikanistik-Professorin der Universität zu Köln und Expertin für die Kolonialzeit, der Bezirksvertretung im vergangenen Jahr, die Mohrenstraße umzubenennen. Der Begriff sei „rassistisch und diskriminierend“, ihr Urteil: „schwer belastet/nicht haltbar“.

Im Frühjahr dieses Jahres hatte die Bezirksvertretung dem Gutachten folgend die Verwaltung mit dem Umbenennungsverfahren beauftragt. Dieses beinhaltete die Beteiligung der Anwohnerinnen und Anwohner. Von 174 zugestellten Umfragen gingen 70 Stellungnahmen bis Ende Juni bei der Stadt Köln ein. Nur etwas weniger als ein Drittel von ihnen sprach sich dabei für die Umbenennung aus. 48 von 70 Stellungnahmen aber, gut 69 Prozent, stimmten dagegen.

Umbenennung nicht im Verhältnis zum Aufwand

Die meisten Anwohnenden, die sich gegen einen neuen Namen aussprachen, begründeten das mit dem historischen Bezug auf die Mauren. „Eine Diffamierung oder rassistischer Hintergrund wird im Namen nicht empfunden“, schreibt die Stadt dazu. Anderen Fürsprechern der Mohrenstraße erschienen Kosten und Aufwand zu hoch, laut Verwaltung plädierten sie dafür, „die Finanzen für wichtigere Projekte einzusetzen“. In mehreren Antworten sei auch Kritik am Gutachten der Historikerin Marianne Bechhaus-Gerst geäußert worden. Die von ihr vorgebrachten Argumente würden als nicht ausreichend empfunden und stünden „in keinem Verhältnis zum Aufwand“.

Den neuen Namen „Gregorius-Maurus-Straße“ lehnten viele ab, weil er zu lang sei. Vorgeschlagen wurden stattdessen „Maurenstraße“ und „Zu den Heiligen Mauren“. Genauso oft sei der Verwaltung zufolge aber auch „Möhrenstraße“ genannt worden.

Die Stimmen vieler Anwohner führten jedoch nicht zu einem Umdenken bei Grünen, SPD, Linken, FDP, Klima-Freunden und Die Partei. An das Votum der Öffentlichkeitsbeteiligung sind die Parteien nicht gebunden. Sie nahmen das Ergebnis daher bloß zur Kenntnis und beschlossen die Umbenennung gegen die drei Stimmen der CDU.

Ein Jahr lang zwei Schilder

Genau ein Jahr nach der Bekanntgabe des Beschlusses im städtischen Amtsblatt wird die Mohrenstraße zur Gregorius-Maurus-Straße. Diese Frist soll den Anwohnenden und Gewerbetreibenden die Chance bieten, sich auf den neuen Namen einzustellen und die neue Adresse an sämtlichen Stellen zu hinterlegen.

In der Übergangszeit soll es vor Ort eine Doppelbeschilderung geben, schreibt die Verwaltung auf Anfrage. Zusätzlich zum ursprünglichen Straßennamensschild wird ein weiteres mit dem neuen Namen angebracht. Dieses wird jedoch von einem roten Diagonalbalken überdeckt. Nach Ablauf des Jahres wandert der rote Balken auf den alten Straßennamen – der einen Monat später schließlich ganz verschwindet.

Völlig getilgt wird der rassistische Begriff aber nicht: Der Text für ein Erläuterungsschild, das in der Straße angebracht werden soll, ist bereits geschrieben. Darauf soll die Begriffs- und Geistesgeschichte erläutert und die Bedeutung der Heiligen Mauren für die Kölner Stadtgeschichte hervorgehoben werden.