Das Bordell soll einer mächtigen chinesischen Familie gehören. Dies ist Protokollen zu entnehmen, die der „Kölner Stadt-Anzeiger“ einsehen konnte.
BeschlagnahmungEigentümer des „Paschas“ sollen zur führenden Klasse in China gehören
Die Käufer des Kölner Bordells „Pascha“ seien hoch angesehen in China, sagt Claus Brockhaus. Auch in der dortigen Politik mische die Familie ganz oben mit. Wenn es in der politischen Führung des Landes eine Veränderung gäbe, könnten die Leute sogar an die Spitze des Systems katapultiert werden.
Die Sätze, gesprochen im Oktober 2021, sind in Protokollen einer polizeilichen Telefonüberwachung zu finden, die der „Kölner Stadt-Anzeiger“ einsehen konnte. Brockhaus wurde abgehört, weil er der Kopf einer Schleuserbande sein soll, die wohlhabende Menschen aus China einen Aufenthaltstitel in Deutschland verkauft haben sollen. Die „Vermittlung“, für die nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft zahlreiche Unterlagen gefälscht wurden, kostete bis zu 360.000 Euro.
Schleuser-Razzia mit mehr als 1000 Beamten
Nachdem fast zwei Jahre ermittelt wurde, wurden im April dieses Jahres bei einer großangelegten Razzia in acht Bundesländern zehn Verdächtige verhaftet. Bei dem Einsatz waren mehr als 1000 Beamte der Bundespolizei und der Staatsanwaltschaft beteiligt. Insgesamt wurden 101 Wohn- und Geschäftsräume durchsucht. Vor allem im Großraum Köln, der sich später als Zentrum der mutmaßlichen Schleuserbande herausstellen sollte.
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Die Recherchen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ haben in den vergangenen Monaten dubiose und teils mutmaßlich kriminelle Kontakte der führenden Köpfe der sogenannten „Edelschleuser-Bande“ mit Politikern und Verwaltungsmitarbeitern in NRW-Kommunen öffentlich gemacht. Selbst Kontakte bis in die Spitze der Landesregierung konnte unsere Zeitung aufdecken. Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) beispielsweise hat sich mehrfach mit dem mutmaßlichen Schleuser-Chef getroffen. Ohne allerdings zu wissen, worin sich Brockhaus, ebenfalls langjähriges CDU-Mitglied mit damals noch gutem Ruf, verstrickt hatte.
Europas größtes Bordell wurde von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf beschlagnahmt
Nach der Politik und den Rathäusern hat der Schleuser-Skandal jetzt auch das „Pascha“ erreicht. Europas größtes Bordell ist von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf vorläufig beschlagnahmt worden. Endgültig könnte der Staat das Grundstück mit dem Haus erst nach einem richterlichen Beschluss einziehen. Der Betrieb dürfe derzeit „wie gewohnt weitergeführt“ werden, sagte der Düsseldorfer Staatsanwalt Julius Sterzel vergangene Woche. Durch den Eintrag ins Grundbuch solle verhindert werden, dass die Eigentümer das Gelände und das Haus verkaufen oder jemand anderem überschreiben können.
Die Beschlagnahme steht im Zusammenhang mit den Schleuser-Ermittlungen. Womöglich habe die Bande Schwarzgeld über das Bordell „gewaschen“, heißt es. In den Ermittlungs-Akten zu den Schleusungen, die der „Kölner Stadt-Anzeiger“ einsehen konnte, taucht das „Pascha“ zwar auf – bisher aber nur am Rande.
Das Pascha wurde für elf Millionen Euro verkauft
Dafür, dass die Staatsanwaltschaft auf das Bordell aufmerksam wurde, haben nach den Recherchen unserer Zeitung zwei Männer gesorgt. Anwalt Brockhaus und einer seiner mutmaßlichen Komplizen, ein chinesischer Geschäftsmann aus Frechen. Der Chinese hat während der Corona-Pandemie im Jahr 2020, als das „Pascha“ in Insolvenz gegangen war, mit seinen Kontakten in Peking nach Kaufinteressenten gesucht. Brockhaus hat den Deal, der im März 2021 für elf Millionen Euro abgeschlossen wurde, juristisch begleitet. So jedenfalls stellt es sich beispielsweise in zahlreichen Telefongesprächen dar, die die Ermittler mitgehört und aufgezeichnet haben.
Er wisse nicht, „was hinter all diesen Vorgängen steht“, sagte André Wienstroth, der derzeitige Nutzer und Geschäftsführer des „Pascha“, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Der 51-Jährige hat das Bordell nach der Corona-Pandemie am 18. März 2022 wiedereröffnet. Zuvor hatte er das Haus und das Hotel in der neunten Etage aufwändig renoviert.
„Pascha“-Geschäftführer: „Von eventuellen Menschenschleusungen weiß ich nichts.“
„Ich bin ganz normaler Mieter, zahle die Miete seit drei Jahren und jetzt fliegt mir hier gefühlt alles unverschuldet um die Ohren“, so Wienstroth. Mit Brockhaus habe er „privat null“ zu tun gehabt. „Der hat damals lediglich den Kauf der Immobilie für irgendwelche Chinesen begleitet.“ Natürlich habe er wissen wollen, wer die Investoren sind, sagt Wienstroth und redet sich in Rage. Brockhaus habe ihm gesagt, dass die chinesische Käuferfamilie H. in ihrem Heimatland „ziemlich hoch angesehen ist und deswegen nicht in die Öffentlichkeit darf und wenn dort ein politischer Wechsel stattfinden sollte, vielleicht auch ganz schnell nach Deutschland kommen möchte und sich deswegen hier schon mal eine Grundlage schaffen möchte“, platzt es aus dem „Pascha“-Chef heraus.
Damit habe er sich damals zufriedengegeben. „Warum auch nicht?“, fragt Wienstroth. Von „Menschenschleusungen oder solchen Dingen“ habe er nichts gewusst, geschweige denn, dass er beteiligt gewesen sei, ergänzt der „Pascha“-Geschäftsführer erbost. Seine Angaben passen jedenfalls zu den Fakten, die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ derzeit bekannt sind. Beispielsweise etwa dreieinhalb Monate vor dem Pascha-Verkauf, im Dezember 2021, versicherte der chinesische Geschäftsmann aus Frechen dem mutmaßlichen Schleuser-Chef Brockhaus, dass die Pekinger Interessenten die vereinbarte Summe definitiv zahlen würden. So steht es in den Protokollen der abgehörten Telefonate. Brockhaus solle nur dafür sorgen, den wohl schon etwas nervös gewordenen Wienstroth aufzumuntern und zu beruhigen, dass „von der Investorengruppe alles gut begleitet wird“.
Spekulationen um chinesische Agenten bewahrheiteten sich nicht
Der „Pascha“-Geschäftsführer hatte wohl schon länger auf den Abschluss des Geschäfts gehofft. Auch wegen der Kosten für die geplante Renovierung. Bereits zwei Monate zuvor, am 19. Oktober 2021, hatte Wienstroth am Telefon angeregt, die Einfahrt zum Bordell unter anderem auch deshalb für 58.000 Euro umzubauen, damit die Investoren ungesehen vorfahren und ins Haus gelangen könnten.
Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ aus Justizkreisen erfuhr, soll die „Pascha“-Akte in dem Schleuserkomplex zunächst keine große Rolle gespielt haben. Jetzt aber scheint sich das geändert zu haben. Spekulationen, dass die Investorin aus Peking den neu eröffneten Hotelbetrieb im neunten Stockwerk dazu nutzte, um chinesische Spione zu beherbergen, scheinen sich jedoch nicht zu bewahrheiten. Zumindest ermittelt die Staatsanwaltschaft derzeit nicht in diesem Zusammenhang.
Unternehmen aus Dubai soll Wort- und Bildrechte an der Marke „Pascha“ besitzen
Was die Beschlagnahme des Hauses betrifft, könnte für die Ermittler aber auch eine dubiose Änderung der internen Zahlungsströme beim „Pascha“ eine Rolle gespielt haben. Neben der Miete für das Bordell, wird der chinesischen Investorin dem Vernehmen nach zudem auch noch eine monatliche Gebühr für die Wort- und Bildrechte an der Marke „Pascha“ bezahlt. Als die Schleuser-Ermittlungen Fahrt aufnahmen, sei für diese Gebühr statt der Firma der chinesischen Strohfrau plötzlich eine Firma aus Dubai als Zahlungsempfänger eingesetzt worden, berichtete die Zeitung „Bild“.
Auf Geschäfte mit Dubai soll Brockhaus nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ schon Ende 2021 am Telefon angesprochen worden sein. Der reagierte für seine Verhältnisse überraschend zurückhaltend. Man solle nicht alles am Telefon ausquatschen, dozierte der mutmaßliche Schleuser-Chef. Ein Rat, den er besser auch selbst beherzigt hätte. Denn zum Vergnügen der Ermittler hat Brockhaus sich vor und nach diesem Gespräch am Telefon oft sehr auskunftsfreudig gegeben.