Senioren aus der Domresidenz wollen einen barrierefreien Zugang in die Kirche St. Andreas. Doch der Denkmalschutz blockiert einen Umbau.
„Wir fühlen uns diskriminiert“Senioren kämpfen um Zugang in Kölner Kirche
Bewohner der Seniorenresidenz am Dom kritisieren das Erzbistum der Katholischen Kirche für dessen Passivität in einer langanhaltenden Kontroverse: Stein des Anstoßes sind drei Stufen, die gehbeeinträchtigten Personen den unmittelbaren Zutritt in den Altarraum der Dominikanerkirche St. Andreas erschweren. Der Kirchenbesuch endet hier für Rollstuhlfahrer oder Rollator-Nutzer oftmals unmittelbar nach dem noch barrierefreien Eingang in die Vorhalle des Gebäudes aus dem späten 12. Jahrhundert.
In der Sache kollidieren der Wunsch nach freier Religionsausübung und die Leitlinien des Denkmalschutzes. Eine Privatinitiative der nahegelegenen Senioreneinrichtung fordert seit mehreren Jahren die Installation einer technischen Hubvorrichtung seitlich der Stufen. Das Bistum lehnt dies wegen Sicherheitsbedenken sowie eventuellen Eingriffen in die zu erhaltende historische Bausubstanz ab.
Erzbistum Köln verweist auf alternative Kirchen in der Nähe
Dabei bezieht sich die Kirche in ihrer Stellungnahme unter anderem auf Beratungen mit Architekten, Mitarbeitern der Denkmalpflege und dem Gremium der städtischen Seniorenvertretung. Gemeindepfarrer Dominik Meiering verweist zudem mit dem Dom und St. Gereon auf Alternativen im direkten Umfeld der Basilika, die barrierefrei besucht werden könnten.
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Man nehme die Forderungen der Menschen sehr ernst, erklärt Meiering auf Nachfrage dieser Zeitung. Demnach sollen die Voraussetzungen für eine mobile Rampe geprüft werden, die testweise zum Einsatz käme. Auch eine für Rollstuhlfahrer entlastende Automatisierung der Türen hält der Gemeindepfarrer für möglich.
Anwohner von St. Andreas sehen sich in Glaubensausübung beschnitten
„Unsere Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass Gottesdienstbesucher gerne bereit sind, mobilitätseingeschränkten Personen zu assistieren und Ihnen so eine Teilhabe am Gemeindeleben in St. Andreas zu ermöglichen“, verweist Meiering zudem auf die Hilfsbereitschaft der Personen vor Ort.
Für zukünftige Planungsgespräche lädt der Geistliche zwei Vertreter aus der bürgerlichen Initiative ein. Das Format eines allgemeinen Runden Tisches sei jedoch nicht zweckdienlich, so der Pfarrer.
Die Einwände der Kirche lassen Anwohnerinnen wie Rosita Wolf, Eva Maria Steirer oder Vera Rottes nicht gelten. Für die Seniorinnen bedeutet die Hürde eine klare Beschneidung der individuellen Glaubensausübung. „Wir fühlen uns diskriminiert. Es kann nicht sein, dass wir am Zugang des nächstgelegenen Gotteshauses gehindert werden. Für uns ist es von der Wegstrecke her ein bedeutender Unterschied, ob wir etwa St. Gereon, den Dom oder St. Andreas ansteuern“, sagt Wolf.
Kölner Senioren sehen sich auch rechtlich bestätigt
Im Gegensatz zu den 160 Metern Entfernung von ihrer vis-à-vis gelegenen Wohnstätte betrage die Distanz zu anderen Adressen das Drei- oder gar Vierfache, erklären die Ruheständlerinnen. Die Abhängigkeit von möglichen Helfern sehen die bisher rund 20 Protestler ebenfalls kritisch und betonen die Würde zur Selbstbestimmung sowie verstärkte Unfall- respektive Verletzungsgefahren – immerhin wiege ein Elektrorollstuhl plus Person bis zu 200 Kilogramm oder mehr.
Mit dem Verweis auf Paragraf 18, Absatz 2 des NRW-Denkmalschutzgesetzes sehen sich die Senioren auch rechtlich in der Sache bestätigt: „Darin heißt es, ‚Baudenkmäler oder Teile derselben sollen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, soweit dies möglich und zumutbar ist. Dabei soll den Belangen von Menschen mit Behinderung Rechnung getragen werden‘“, verweist ein Gruppensprecher, der anonym bleiben möchte, auf die Legitimation der Forderung.
Prüfungen durch eine externe Fachfirma hätten darüber hinaus die technische Umsetzung ohne Gebäudeschädigung erwiesen. Ein Gang durch gerichtliche Instanzen sei daher denkbar, wenngleich nicht beabsichtigt. „Es geht uns nicht nur um die Teilnahme an den Messen. Wir möchten auch die Konzerte in St. Andreas hören, Ausstellungen sehen und schlichtweg am kulturellen Leben teilhaben. Für einen jahrelangen Streit haben wir Älteren einfach keine Zeit mehr“, gibt Rentnerin Eva Maria Steirer zu bedenken.