Die prächtigen alte Villen in der Nähe des Riehler Rheinufers in Köln sind bedroht.
Dort residierte einst die Zurich-Versicherung mit ihren Büros.
Nun sollen an gleicher Stelle fast 300 neue Wohnungen entstehen. Anwohner wehren sich.
Innenstadt – Motorsägen-und Häcksler-Lärm schallt durch das Viertel an Zoobrücke und Rhein. Vielerorts, wo vorher Bäume standen – in den Vorgärten an Worringer Straße, Oppenheimstraße sowie im Innenhof des früheren Bürocampus –, ragen nur noch kahle Stümpfe empor. Pünktlich zum Monatsbeginn, dem Ende der Vogel- und Vegetationsschutz-Periode, sind die Fälltrupps zur Tat geschritten. Auch die Gebäude-Abbruchteams sind auf dem Areal aktiv; im Innern der alten Bürohäuser der Zurich-Versicherungsgruppe, die inzwischen komplett leer geräumt sind, laufen die Entkernungsarbeiten. Mit den Vorbereitungen für den Abbruch der Altgebäude wird das Wohnungsbauprojekt auf dem ehemaligen Zurich-Campusareal am Rhein erstmals konkret.
Abbrucharbeiten in Köln ab November
Ab November sollen die ersten Bürohäuser fallen. Vom Abbruch betroffen sind an der Oppenheimstraße die Gebäude mit gerader Hausnummer bis einschließlich 14, an der Worringer Straße die ungeraden Hausnummern bis einschließlich 13. Die Gebäude Riehler Straße 88 bis 92 – mit der berühmten Agrippina-Statue über dem säulenartigen Eingang – bleiben hingegen stehen; sie sind denkmalgeschützt.
Im Carré zwischen Oppenheimstraße, Riehler Straße und Worringer Straße soll in drei Bauabschnitten eine komplett neue Siedlung entstehen: Geplant sind insgesamt 284 Wohnungen zwischen 45 und 160 Quadratmetern, 30 Prozent davon öffentlich gefördert. Laut derzeitigem Zeitplan sollen die letzten Gebäude bis Ende 2024 fertig sein. Die Zurich-Versicherung war Ende August endgültig aus dem Bürocampus ausgezogen; in einem Neubau in der Deutzer Messe-City legt sie ihre bisherigen Standorte in Köln und Bonn zusammen.
Die Interessengemeinschaft (IG) Neustadt-Nord/Villenviertel, die das Bauvorhaben kritisch begleitet, ist empört über die Fällaktion. „Offensichtlich sollen damit so rasch wie möglich Fakten geschaffen werden“, klagen Dr. Kurt Metelmann und Reinald Korte, die Vereinsvorsitzenden. „Adieu, schöne Bäume. Es tut mir sehr Leid, dass wir dies nicht verhindern konnten“, klagt eine Nachbarin, die direkt neben dem zukünftigen Baufeld wohnt. „Einer der Baumfäller meinte selbst zu mir, dass es eine Schande sei, so prächtige, gesunde Bäume zu beseitigen.“ Nach wie vor beklagt der Bürgerverein, dass man beim Entwurf der neuen Siedlung nicht beteiligt worden wäre – die geplanten Neubauten passten mit ihren Flachdächern nicht zur Siedlung, die Verkehrsanbindung über die ein Stück entfernte, nicht barrierefreie U-Bahn-Haltestelle Reichenspergerplatz sei mangelhaft . Und es drohe ein Verkehrschaos.
Diese Kritik wiederholten die Vereinsmitglieder auch beim kürzlichen Veedelsrundgang mit der inzwischen wiedergewählten Oberbürgermeisterin Henriette Reker, einen Tag vor der Stichwahl. „Wir erfuhren im Prinzip aus der Zeitung, was hier neben uns geplant ist“, klagte Pauli. „Man wurde im Prinzip vor vollendete Tatsachen gestellt.“ Die anwesenden Vertreter von Corpus-Sireo verteidigten ihr Vorgehen. „Wir haben jetzt schon vier Jahre laufende Planungen“, hieß es. Die Zurich-Versicherung habe mit dem damaligen Baudezernenten Franz Josef Höing über das Projekt gesprochen und die Realisierung in Form eines städtebaulichen Vertrages vereinbart, der aus Prinzip keine Bürgerbeteiligung vorsehe; man sei erst als Käufer ins Projekt eingestiegen. Im Übrigen sei die Bezirksvertretung Innenstadt eingebunden worden; der städtische Gestaltungsbeirat habe die Architektur des neuen Veedels gutgeheißen. „Wir können Ihnen aber schon heute versprechen, dass es schön werden wird.“
Rechtlich korrekt
Sie verstehe beide Seiten sehr gut, entgegnete Reker. „Rechtlich korrekt ist es gelaufen, aber ob es auch richtig gelaufen ist, ist eine andere Frage. Für Gespräche ist es aber nie zu spät.“ Reinald Korte, der zweite Vorsitzende der IG, bot fürs Projekt einen Bürgerabend an, etwa im Audimax der Katholischen Hochschule, der auch unter Corona-Bedingungen 150 Gäste zulasse.
Wie Maike Kolbeck von der Swiss Life Investment Management Deutschland Holding GmbH erläutert, die das Projekt betreut, seien die Baumarbeiten unterdessen im Wesentlichen abgeschlossen. „Was höchstens noch folgt, sind einzelne Rückschnitt-Arbeiten an Bäumen. Es werden jedoch keine Bäume mehr im Ganzen gefällt“, sagte sie auf Anfrage dieser Zeitung. Inzwischen gibt es auch eine Informations-Website zum Bauprojekt.www.projektentwicklung-riehler-strasse-koeln.de/de-de