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Gregor Gysi im Tanzbrunnen in Köln„Denken Sie an mich, wenn Sie in ein Hühnerbein beißen“

Lesezeit 3 Minuten
Gregor Gysi liest im Theater im Tanzbrunnen

Gregor Gysi liest und spricht im Theater im Tanzbrunnen, Hans Dieter Schütt moderierte die Veranstaltung.

Am Montag kam Gregory Gysi für eine Lesung nach Köln. Gelesen wurde zwar wenig, dafür sprach Gysi über die Wahlen im Osten, das Altwerden und berühmte Vorfahren.

Am Montagabend trat Gregor Gysi mit seinem Buch „Auf eine Currywurst mit Gregor Gysi“ im Theater am Tanzbrunnen in Köln auf. Im Gespräch mit Hans-Dieter Schütt erzählte er aus seinem Leben, dem politischen Tagesgeschäft und von seinen prominenten Vorfahren. In der Pause zwischen den beiden 45-minütigen Blöcken, die Gysi jeweils überzog, signierte er im Foyer einige seiner Bücher.

Parteien denken zu wenig über ihre Fehler nach, so Gysi

Auch zu den Wahlen im Osten äußerte sich Gysi, die müsse man erst einmal zur Kenntnis nehmen. Die Parteien würde zu wenig über ihre Fehler nachdenken. „Nach Solingen gab es eben keine Bedenkzeit, wo wir uns mal alle zusammensetzen und sagen, was schiefgelaufen ist und was man anders machen kann“ so Gysi. Jeder würde sein eigenes Süppchen kochen, die CDU würde das Attentat beispielsweise gegen die SPD verwenden und die SPD gegen den CDU-Ministerpräsidenten.

In den anderthalb Stunden sprang Gysi mit Schütt im Eiltempo von einem Thema zum anderen, neben der Thüringer Wahl und dem Anschlag in Solingen beispielsweise über den Russland-Ukraine-Krieg, die schrumpfende Wirtschaft, die Corona-Pandemie und über seinen Alltag.

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Seiner Meinung nach hätte man im Streit um Maßnahmen und Impfungen während der Corona-Pandemie mehr mit den Menschen reden sollen als über sie. Die Schulschließungen bewertet er im Nachhinein als falsch. Aber auch gegen das BSW und Sahra Wagenknecht schoss er vereinzelt. „Ich bin ja auch eitel, aber ehrlich gesagt bin ich noch nie auf die Idee gekommen, eine Partei nach mir zu benennen“, so Gysi.

Gysi und sein Kontakt mit „Menschen mit Problemen“

Gregor Gysi und Hans Dieter Schütt im Theater am Tanzbrunnen

Rund zwei Stunden lief die Veranstaltung im Theater am Tanzbrunnen mit Gysi und Schütt

Gysi erzählte auch, unfreiwillig oft mit Menschen mit Problemen zu tun zu haben. Seine Vermutung im Gespräch war, dass das mit seiner Tätigkeit als Anwalt zu tun hat, bei der er Menschen aus allen Schichten bei ihren Problemen berät und vertritt.

Es sei schon oft vorgekommen, dass Menschen, die ihn vorher gemieden hätten, sich plötzlich öffneten, wenn sie in Schwierigkeiten gerieten. Uli Hoeneß zum Beispiel sei Gysi öfter im Stadion begegnet, habe aber erst mit ihm gesprochen, als es sonst niemand mehr tat – nämlich als seine Steuerhinterziehung ans Licht kam.

Gregor Gysi: Privilegien des Alters muss man schätzen lernen

Mit der Zeit habe Gysi, der mittlerweile 76 Jahre alt ist, auch die Privilegien des Alters zu schätzen gelernt. Viele würden diese ablehnen, um jünger zu wirken, doch Gysi empfiehlt das nicht. Wenn jemand anbietet, einen Koffer zu tragen, solle man das auch annehmen. „Ich fahre ja viel Bus“, gestand Gysi selbstironisch ein, „vor allem vom Empfangsgebäude des Flughafens bis zum Flugzeug“. Damals wäre er für eine Frau mit Säugling noch aufgestanden, mittlerweile würde er dann eher den jungen Mann vor sich antippen. Und der stände dann in der Regel auch auf.

Aber auch Gysis berühmte Vorfahren waren Teil des Gesprächs. Einer seiner Vorfahren besaß große Firmen in Russland, wurde jedoch vom Zaren während des 1. Weltkriegs enteignet, erzählte er. Ein anderer importierte damals die ersten Hühner aus China nach Deutschland, um Zucht mit ihnen zu betreiben. „Denken Sie also immer an mich, wenn Sie in Zukunft in ein Hühnerbein beißen“, sagte Gysi dem Publikum.