Am Donnerstag (16. Mai) entscheidet der Stadtrat, ob die Stadt Köln die Nord-Hallen der Messe kauft. Das sind die Details.
Quelle, Bofrost und BenkoDas sind die schillernden Namen beim Kölner Millionen-Deal um die Messe
Beim anstehenden Kauf des nördlichen Messegeländes durch die Stadt Köln gibt es neue Details, wie der Deal zustande kam und welche Protagonisten daran beteiligt waren.
Es sind prominente Namen, unter anderem sind nach Informationen dieser Zeitung Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz, die Schuhdynastie Deichmann, das ehemalige Bankhaus Oppenheim und die Eigentümer des Tiefkühlkost-Unternehmens Bofrost beteiligt. An diesem Donnerstag soll der Stadtrat dem Erwerb des Areals inklusive der Gebäude für 385 Millionen von der Investorengesellschaft RFR absegnen – eine breite Zustimmung gilt als sicher.
Wie kam RFR in den Besitz des Geländes vom ehemaligen Oppenheim-Esch-Fonds?
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Nach Informationen dieser Zeitung begann der US-Investor mit Deutschlandsitz vor einigen Jahren in Frankfurt sukzessive Anteile der „Grundstücksgesellschaft Köln-Messe 15-18 GbR“, also den Nordhallen sowie dem nahe gelegenen Areal „Rheinpark-Metropole“ mit dem Sitz des Fernsehsenders RTL und dem Versicherer Talanx, aufzukaufen. Den Anfang machte dabei dem Vernehmen nach der Anteil der Deutsche Bank, die nach der Übernahme des Bankhauses Oppenheim im Besitz von rund 40 Prozent der Fondsanteile war. Gründe für den Verkauf der Anteile an den Liegenschaften, die mit der Messe, RTL sowie Talanx solvente Mieter hatten, war zum einen die Tatsache, dass sich der Markt für Gewerbeimmobilien massiv im Aufwind befand.
Zum anderen, so ist zu hören, wollte die Deutsche Bank sich auch des durch die vielen Skandale belasteten Erbes der Oppenheim-Esch-Ära entledigen. Nach dem Erwerb des Deutsche-Bank-Pakets ging RFR dann offenbar gezielt auf weitere teils hochvermögende Anteilseigner der Fonds zu.
Unter den Beteiligten bei den Nordhallen waren dem Vernehmen nach Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz, die Schuhdynastie Deichmann, die LTU-Erben Conle-Kalinowski, Maxdata-Gründer Holger Lampatz sowie wohl Matthias Graf von Krockow vom ehemaligen Bankhaus Oppenheim, die ihre Anteile an RFR verkauften. Schließlich gehörten dem Investor rund 80 Prozent. Die restlichen 20 Prozent verblieben bei einer Handvoll langjähriger Fondszeichner, darunter wohl auch die Familie Boquoi, Gründer von Bofrost, einem der größten Direktvertreiber von Tiefkühlkost. Schließlich zahlte RFR dem Vernehmen nach rund 1,1 Milliarden Euro für die Anteile Messe 15-18, Köln-Rheinhallen und Rheinpark.
Warum hat die Stadt damals nicht selbst die Messehallen gekauft?
Aus Verhandlungskreisen ist zu hören, dass einer der ganz zentralen Punkte gewesen sei, dass es politisch absolut undenkbar war, dass die Stadt Millionären und Milliardären ihre Anteile auf Kosten der Steuerzahler abgekauft hätte. Das wäre auch aufgrund der Skandale der Öffentlichkeit nicht zu vermitteln gewesen.
Wer ist eigentlich RFR?
Akteur im aktuellen Verkaufsprozess der Messehallen ist die Immobilienfirma RFR Holding GmbH mit Sitz in Frankfurt. Laut Bundesanzeiger weist der Jahresabschluss 2021 nur sehr geringe Werte im maximal sechsstelligen Bereich auf. Im Hintergrund steht jedoch die US-amerikanische RFR-Gruppe der beiden deutschstämmigen Immobilien-Investoren Aby Jacob Rosen und Michael Fuchs.
Rosen, 1960 in Frankfurt geboren, lebt seit 1987 in New York City. Dort gründete er zusammen mit seinem Kindheitsfreund Michael Fuchs 1991 die RFR, Rosen Fuchs Real Estate. Zum Immobilienportfolio zählen in New York unter anderem das Seagram Building von Mies van der Rohe sowie das berühmte Chrysler-Building. Letzteres hatte RFR 2019 mit der österreichischen, mittlerweile insolventen Signa-Holding des René Benko zu gleichen Teilen erworben. Heute betreut die RFR-Gruppe weltweit ein Immobilienvermögen von rund 16 Milliarden US-Dollar.
Warum will RFR die Messehallen nun verkaufen?
Die Liegenschaft wurde 2021 erworben, damals befand sich der Markt auf einem absoluten Höchststand. Mittlerweile gab es aber einen deutlichen Einbruch, die Preise fielen vor allem im vergangenen Jahr teilweise drastisch. Das Zinsniveau hatte angezogen. Nach Informationen dieser Zeitung ist das Kölner Areal zu weiten Teilen mit Fremdkapital finanziert und demnächst hätte RFR refinanzieren müssen. Im Klartext, der Wert der Immobilie ist dem Markt entsprechend gesunken, die Refinanzierungskosten sind gestiegen – also Verkauf.
Wie lief der Prozess ab?
Aus Verhandlungskreisen ist zu hören, dass die Immobilie im vergangenen Jahr einer größeren Zahl von institutionellen Investoren angeboten worden sei. Es habe mehrere ernsthafte Interessenten gegeben, die Angebote vorgelegt hätten. So auch die Stadt Köln. Sie bekam schließlich den Zuschlag. Dass es auch andere Interessenten gab, sei vor dem Hintergrund der Geschichte wesentlich gewesen. Beim Erwerb durch die öffentliche Hand sollte es keine weiteren Auseinandersetzungen etwa mit der EU wegen rechtswidriger Beihilfe mehr geben. Mit Blick auf den Kaufpreis heißt es aus der Immobilienbranche, er sei marktkonform.
Wie sieht der Deal nun konkret aus?
Die Stadt will die Nordhallen 6, 7, 8 und 9 plus der Grundstücke und Verbindungsgänge kaufen, das südliche Areal mit den Hallen 1 bis 5 sowie 10 und 11 gehört ihr schon mit Ausnahme eines kleinen Grundstücks. Der Kaufpreis beträgt 350 Millionen Euro, die Nebenkosten sind weitere 35 Millionen Euro. Die Stadt will erstens der Messe Planungssicherheit geben und den 2034 auslaufenden Vertrag bis 2054 verlängern. Und zweitens will sie sich den Zugriff auf diese Grundstücke sichern.
Die Stadt Köln ist mit 79,075 Prozent größer Anteilseigner der Messe, weitere 20 Prozent besitzt das Land sowie knapp ein Prozent gehört vier kleinere Anteilseignern. Die Messe würde ihre Pacht an die Stadt zahlen, das Geld bliebe in der Familie. Laut Kämmerin Dörte Diemert braucht es für den Kauf keine Kürzungen im städtischen Haushalt, der Deal trägt sich aus sich selbst heraus.
Die Messe hat doch ein Vorkaufsrecht, verzichtet sie darauf?
Laut Amtsgericht ist im Grundbuch des Grundstücks ein Vorkaufsrecht für die Kölner Messe eingetragen. Eine Sprecherin der Messe sagte: „Da der neue 100-prozentige Eigentümer und Vermieter die Stadt Köln ist, die auch Mehrheitsgesellschafterin ist, ist das Vorkaufsrecht – auch aus unternehmensstrategischer Sicht – nicht mehr relevant.“
Und was ist mit dem Streit der Sparkasse Köln und der Messe?
Die Stadt hatte 2003 den Oppenheim-Esch-Fonds mit dem Bau der Hallen beauftragt. Die Stadt mietete die Hallen an, die Messe trat als Untermieter auf. 2009 erklärte der Europäische Gerichtshof das Geschäft aufgrund der fehlenden Ausschreibung für unzulässig. Es folgte die beiderseitige Kündigung des Mietvertrages. Damit der Vertrag aber 2003 zustande kommen konnte, hatte die Sparkasse der Messe den Kauf des Grundstücks mit Hallen nach dem Ende der Mietdauer für 70 Millionen Euro garantiert. Die Messe sieht das Kreditinstitut bis heute an diese Garantie gebunden. Die Sparkasse hingegen argumentiert, dass die Vereinbarung durch das Urteil von 2009 hinfällig ist.
Wie äußern sich Messe und Sparkasse?
Beide teilten dasselbe Statement mit. Demnach sind die seit Jahren laufenden Gespräche „jüngst intensiviert“ worden. Noch liegen laut der beiden Unternehmen die Positionen zur Wirksamkeit der Garantieerklärung „unverändert auseinander“. Die Stadt teilte den Politikern mit, dass Messe und Sparkasse diese Frage lösen müssten, die Garantieerklärung dem Kauf durch die Stadt aber nicht entgegenstehe.