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Knobelbecher im belgischen ViertelKölsche Kneipentradition neben neuem Schicki-Micki

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Petra Zemljic steht seit 25 Jahren hinter der Theke in ihrem „Knobelbecher“. Am Mittwoch wird groß gefeiert.

Innenstadt – Die FC-Uhr tickt. Zwischen den weihnachtlichen Tannengirlanden, die die Fensterfronten umrahmen, lugen die ersten Wimpel hervor. Es ist Montagmorgen im Knobelbecher an der Brüsseler Straße, Ecke Aachener.

Petra Zemljic klopft drei Mal auf den Tisch. Am Mittwoch wird die 55-Jährige ihr 25-jähriges Jubiläum in der kölschen Eck-Kneipe feiern. Bis dahin ist noch viel zu tun. Das Plakat hängt seit zwei Wochen: „Getränke wie vor 25 Jahren! Kölsch, Korn, Kabänes“.

Die letzte Bastion

Ein Satz, der nicht besser ausdrücken könnte, was Petra Zemljic und der Knobelbecher seit 25 Jahren inmitten eines Viertels verteidigen, in dem Cosmopolitans als Aperitiv getrunken werden und Büdchen mit Graffiti-Schriftzügen zum Hip-Hop-Konzert auf den Bürgersteig laden: Den Inbegriff der kölschen Kneipentradition – mit Römergläsern in der Vitrine und Kegelbahn im Keller.

Alles zum Thema Aachener Straße (Köln)

Zemljic zeigt die Aachener Straße herunter: Früher habe es hier noch das Pittermännchen gegeben, die Opernschänke, drüben noch den Jülicher Hof, das Brüsseler Eck, sagt sie. „Heute ist das alles Schicki-Micki“.

Zemljic, die mit ihrem damaligen Freund 1990 aus einem Dorf bei Bad Berleburg kam, um den Knobelbecher zu übernehmen – mittlerweile führt sie ihn gemeinsam mit ihrem Ehemann Miran –, sagt das nicht verächtlich. So sei das eben mit der Veränderung, „die schreibt das Leben“.

Mit den Gästen alt geworden

Der Beweis dafür findet sich am Wochenende. Nämlich dann, wenn sich „die Jugend“ unter die Stammkundschaft mischt. „Die hat uns angenommen“, sagt Zemljic. „Weil die wissen, dass es hier ehrlich zur Sache geht – in jeder Beziehung. Die Kinder von heute sind die Gäste von morgen. Ob 20 oder 50 Jahre alt – ich behandele hier jeden gleich.“

Letztlich müsse sie das ja auch, gibt sie zu. „Nur von meinen Stammgästen könnte ich nicht leben.“ So hat sie für die jüngeren Besucher Flimm, einen Waldmeisterschnaps, ins Repertoire aufgenommen. Für ihre „Frühgäste“ öffnet sie die Kneipe schon um 12 Uhr, vertreibt sich die Zeit, bis es der Laden voller wird, mit Putzen. „Die sind hier doch mit mir alt geworden.“

Zum 20-jährigen Jubiläum gab es dafür das „Kölsche Kneipen Diplom für die Bewirtung der kölschen Herzchen, Liebchen, Scheißerchen, Mimöschen und Pappnäschen“. Denn die Namen all ihrer Gäste kann sich Zemljic – „zum Teufel“ – nicht merken.

Fünf weitere Jahre wird die Wirtin, die gleich über der Kneipe wohnt, wohl noch im Knobelbecher bleiben. Den Pachtvertrag hat sie erst kürzlich verlängert.

Wie es danach weitergeht, das weiß sie noch nicht. Vielleicht die Rente. Doch dann, da ist sie sich sicher, wird auch die letzte kölsche Bastion an der Aachener Straße verschwinden. Die Investoren würden jetzt schon anklopfen. „Wir werden sehen“, sagt sie, „aber jetzt kriegt mich hier erstmal keiner raus. Das hier ist mein Leben.“

Das Jubiläum wird am Mittwoch ab 12 Uhr im Knobelbecher, Brüsseler Straße 47, gefeiert – ab 19 Uhr mit Live-Musik von Holger Landrock.