Seit Jahrzehnten hat sich der Neumarkt in der Kölner Innenstadt zum Hotspot der harten Drogenszene entwickelt. Oberbürgermeisterin Henriette Reker will die Wende herbeiführen.
DrogenhotspotStadt Köln will Neumarkt umgestalten – Ebertplatz als Vorbild?
Für Oberbürgermeisterin Henriette Reker steht fest, dass sich die Situation am Drogenhotspot Neumarkt nur dann dauerhaft verbessern kann, wenn die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) die Schienen der Ost-West-Stadtbahn in einen U-Bahn-Tunnel verlegen. „Bei einer oberirdischen Lösung mit längeren Bahnsteigen würde zu viel Platz verloren gehen“, sagte Reker am Montag bei der Vorstellung eines neuen Kulturprogramms für den Neumarkt.
Sie habe eigentlich auf eine Entscheidung bis zum Jahresende gehofft, Verkehrsdezernent Ascan Egerer habe ihr allerdings gesagt, dass die Untersuchungen noch etwas länger dauern werden. „Wir werden sehen, welche Lösung am Ende förderfähig ist“, sagte Reker. Ohne eine größere Unterstützung von Bund und Land wird die Stadt das Großprojekt finanziell nicht stemmen können.
Die Anlieger und Pendler, die den Neumarkt täglich nutzen, müssen sich also einmal mehr in Geduld üben und Wege finden, mit der andauernden Misere umzugehen. Dealer und Drogenabhängige sind allgegenwärtig, auch während des Besuchs der Oberbürgermeisterin gehen sie am Montag ungestört ihren Geschäften nach. Nur wenige Meter vom neuen Kulturpavillon entfernt, den Reker präsentiert, wechseln Geldscheine und handliche Päckchen die Besitzer.
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Da der ganz große Wurf weiter auf sich warten lässt, will die Oberbürgermeisterin die Zeit überbrücken und der Dominanz der Drogenszene mit vielen kleinen Veränderungen zumindest ein wenig entgegenwirken. Der Neumarkt sei nie besonders attraktiv gewesen, das habe sie auch schon von mehr als 50 Jahren gedacht, als sie als Kind auf dem Weg zur Schule dort umsteigen musste, sagt Reker. „Was hier aber in den vergangenen Jahren passiert ist, das ist einfach nicht mehr hinzunehmen.“
Nun soll ein neues Kulturprogramm mit dem Titel „Nimm Platz“ bis Ende August zumindest Linderung bringen. Das Konzept stammt von demselben Team, das vor einigen Jahren auch dem Ebertplatz neues Leben einhauchte. Die Künstlerin Erika Hock hat dafür einen hölzernen, leuchtend gelb gestrichenen Pavillon entworfen, der in der Platzmitte thront. Die Farbe soll an frühere, bessere Zeiten erinnern, als der Neumarkt mit gelben Pflanzenkübeln geschmückt war.
Der Verein Kölner Literaturszene hat organisiert, dass ab dem kommenden Donnerstag, 29. Juni, täglich eine halbstündige Lesung – vom Krimi bis zum Köln-Buch – in dem Pavillon stattfinden wird. Hinzu kommen 35 Veranstaltungen – dazu zählen Filmvorführungen, Gespräche, Comedy und kleine Konzerte. Im Kern geht es darum, den Neumarkt zu beleben. „Wer schreibt, will Menschen erreichen. Und wo geht das besser als mitten in der Innenstadt“, sagt Bettina Fischer, Leiterin des Literaturhauses.
Wenige Meter vom Pavillon entfernt heben Bauarbeiter zurzeit den Untergrund aus, um den früher auf dem Neumarkt stehenden Brunnen zu reaktivieren. Der wenig ansehnliche Bauzaun dient als Untergrund für eine Ausstellung des Kölner Fotografen Wolfgang Zurborn, die das Kulturprogramm ergänzt. Die Motive entstammen seiner Serie „Crowds“ – aufgenommen hat er sie bei Veranstaltungen im Kontext von Politik, Sport, Religion, Tourismus und Entertainment.
„Ich wollte unser gegenwärtiges Leben festhalten und aus den alltäglichen Details heraus erzählen“, sagt Zurborn. Mit dem Neumarkt verbinde ihn eine lange Geschichte. Gemeinsam mit Stefan Worring vom „Kölner Stadt-Anzeiger“, hatte er dort 1987 die Fotowände in der U-Bahn-Haltestelle gestaltet.
Neue Gastronomie für den Kölner Neumarkt geplant
Oberbürgermeisterin Reker will in den kommenden Monaten den Neumarkt Stück für Stück voranbringen. Nach dem Kulturprogramm sollen noch zwei neue Fußgängerüberwege kommen, um die Platzfläche näher an die umliegenden Einkaufsstraßen heranzubringen. Der Brunnen soll bis Ende des Jahres fertig sein. Geplant sei zudem ein gastronomisches Angebot, kündigt Reker an. Dafür fehle aber bislang jemand, der dieses betreiben würde, so Reker.
Ähnlich verhält es sich mit dem Drogenkonsumraum in der nahe gelegenen Lungengasse. Die Öffnungszeiten sollten verlängert werden, damit drogenabhängige Menschen sich möglichst lange am Tag die Spritzen nicht auf offener Straße verabreichen müssen. Doch es sei sehr schwierig, fachlich qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden, sagt Reker. Und so werde es auch dort noch etwas dauern, bis sich die Lage verbessert.