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KuriosumKölns schmalstes Haus wird verkauft

Lesezeit 3 Minuten

Das schmalste Haus von Köln (Eigelstein 115) soll verkauft werden.

Innenstadt – Es zählt laut Reiseführer zu den 111 Orten, die jeder in der Stadt unbedingt gesehen haben muss: Kölns schmalstes Haus auf dem Eigelstein. Die gläserne Front des Gebäudes ist gerade mal 2,56 Meter breit. Nun steht es zum Verkauf. Noch in diesem Sommer soll das architektonische Kuriosum den Besitzer wechseln. Annemarie Keller, die bisherige Eigentümerin, möchte die gute Situation auf dem Immobilienmarkt nutzen und das Kleinod an den Meistbietenden veräußern. Dafür hat die Süddeutsche den Kölner Makler Volker Cramer beauftragt. Der Geschäftsführer von Cityhouse Immobilien erklärt bei einem Rundgang durch das dreistöckige Haus die tragikomische Ursache des ungewöhnlich schlanken Baus: "Das ist eigentlich eine sehr traurige Geschichte.

Frau Keller hat das Haus Mitte der 90er Jahre von einem Makler erworben, ohne es vorher gesehen zu haben. Damals war das Grundstück noch einstöckig mit einem Kiosk bebaut", fasst er zusammen. Als aber 1996 der Mieter insolvent wurde und Frau Keller neu vermieten wollte, kam die böse Überraschung: Das Grundstück galt infolge des nur provisorisch errichteten Ladengeschäftes als Baulücke, und die Stadt Köln forderte Keller nun auf, diese zu schließen. "Ihr Makler hatte es schlicht und ergreifend unterlassen, sie über den bereits seit 1990 geltenden Beschluss aufzuklären."

Architekturpreis für Umbau

Die Rettung kam mit dem des Architekten Arno Brandlhuber. Der hatte die Vision, auf dem als unbebaubar geltenden Grundstück, ein Wohn- und Geschäftshaus zu errichten. "Das besondere dabei ist die gewählte Bauweise", sagt Cramer. Um jeden zur Verfügung stehenden Zentimeter auszureizen, nutzte der Architekt die Außenmauern der Nachbarhäuser einfach mit, anstatt eigene zu errichten. "Die Geschossdecken des neuen Hauses wurden eingelassen wie Böden in ein Ikea-Regal." Die Treppen zu den oberen Etagen, in denen sich zwei Apartments und eine Maisonettewohnung mit Dachterrasse befinden, verlegte man nach außen auf die Hausrückseite. Die 800 000-Mark-Investition zahlte sich auch unter künstlerischen Aspekten aus; im Jahr 2000 gab es den Kölner Architekturpreis, 2002 den schwedischen Coredesign Award.

"Kunden, die uns das erste Mal besuchen, sind für gewöhnlich baff", berichtet Inga Riedel. Sie arbeitet seit sechs Jahren für die Unternehmensberatung Rendel & Spitz, die das Erdgeschoss des Gebäudes mit Hilfe einer findigen Innenarchitektin zu einem Büro ausgebaut hat. Um den knappen Platz optimal zu nutzen, befinden sich die Arbeitsplätze wie an einer Perlenschnur hintereinander aufgereiht, Stauraum für die Aktenordner und Unterlagen wurde mit seitlich integrierten Kommoden geschaffen. Der Effekt ist beachtlich. Der Raum wirkt keinesfalls beengt, sondern dank des Dachfensters im hinteren Teil des knapp 30 Meter langen Schlauches hell und luftig. An die vielen Touristen und Architekturstudenten, die vor der Tür stoppen und das Haus fotografieren, hat sich die junge Frau längst gewöhnt. "Das ist schon okay. Manchmal rufen sogar Dozenten von der Hochschule an und fragen, ob sie sich das Haus auch von innen anschauen dürfen."

Dass sich die Eigentümerin jetzt dennoch und trotz der soliden Mieteinnahmen von der hippen Immobilie trennen wolle, kann Volker Cramer durchaus nachvollziehen: "Sie wollte ja eigentlich nie Mehrfamilienhaus-Eigentümerin werden. Das ist quasi aus der Not heraus geboren." Um den Kaufinteressenten die Hausnummer 115 möglichst schmackhaft zu machen, hat der Makler sogar ein kleines Video drehen lassen. "Das Mindestgebot liegt bei symbolischen 666 666 Euro", so Cramer. Am Ende könnte der Verkaufspreis aber auch weit darüber liegen. Es seien bereits viele Anfragen eingegangen, so dass er mit einem Stopp des Gebotsverfahrens schon für Ende Juni rechnet.