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Streit um Lärm„Wichtiges Stück von Kölns Geschichte“ – Ein Abend an der Schaafenstraße

Lesezeit 4 Minuten
Die Schaafenstraße auf den Ringen.  Foto: Arton Krasniqi

Die Schaafenstraße auf den Ringen.

Auf der Schaafenstraße klagte ein Anwohner wegen „unzumutbarem Lärm“. Doch wie unerträglich ist die Situation an einem Freitagabend?

Das grelle, bunte Licht des bebenden Regenbogenherzes leuchtet bis auf den Habsburgerring. Die Schaafenstraße glüht nach außen, zeigt direkt wofür sie steht. Ansonsten ist die Straße am Freitagabend eher dunkel und vor allem ruhig. Es ist wenig zu hören außer der Autos, die über den Ring fahren, teilweise mit offenen Fenstern und lauter Musik.

Weiter die Straße runter stehen vereinzelt Menschen vor den Bars und rauchen. Sie unterhalten sich ausgelassen miteinander. Aber dass an diesem Ort gerade über den Lärm diskutiert wird, lässt sich nicht vermuten. Ein Anwohner hatte die Stadt vor dem Verwaltungsgericht verklagt. Er forderte, dass die nächtlichen Ruhezeiten eingehalten werden.

Schaafenstraße in Köln: Anwohner klagt wegen Lärm

Vor allem an den Wochenenden abends und in der warmen Jahreszeit würden sich tausende Menschen nicht nur in den Clubs und Bars drängen, sondern auch davor auf den Gehwegen und der Straße. Nach Darstellung des Anwohners würde das zu unzumutbarem Lärm führen. Nach der Zusage der Stadt, ein Lärmgutachten erstellen zu lassen, wurde das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht eingestellt. Das Gutachten liegt jetzt vor, und es stuft die Lautstärke auf der Schaafenstraße zeitweise als „gesundheitsgefährdend“ ein. Die Stadt will demnächst auf alle Beteiligten zugehen und mögliche Lösungen diskutieren.

Doch an diesem Freitagabend und bis in die Nacht hinein zeichnet sich ein gegensätzliches Bild ab: Während wenige hundert Meter weiter auf der Aachener Straße etliche Menschen auf der Straße an Tischen verweilen und aus den Clubs laute Musik dröhnt, sind nur wenige Menschen auf der Schaafenstraße unterwegs, und von Lärm kann wirklich keine Rede sein.

„In der Regel ist es hier immer so von der Lautstärke“, erzählt ein Mann mit Hundemaske, ein beliebter Fetisch in der Schwulenszene. Der Mann arbeitet in einer der Bars, „häufig, gerade im Winter, ist es noch leiser. Aber auch im Sommer gab es eigentlich nie Probleme“.

Die Schaafenstraße auf den Ringen.  Foto: Arton Krasniqi

Die Schaafenstraße auf den Ringen.

Ein Mitarbeiter einer anderen Bar sagt deshalb auch klar: „Der Vergleich mit dem Brüsseler Platz hinkt, die Menschen treffen sich dort auf dem Platz, sie sind auch da, wenn die Gastronomie schließt.“ Auf der Schaafenstraße sei das anders. Die Menschen nutzten nicht die Straße als Partyort, sondern hielten sich in und an den Bars auf.

Wenig Menschen am Freitagabend auf der Schaafenstraße in Köln

Die Türen der Bars sind alle geschlossen, die Musik ist immer nur kurz zu hören, wenn jemand aus einer oder in eine Bar tritt. „Es ist eine Lautstärke wie an jeder anderen Bar in Köln“, sagt eine Besucherin der Mumu. „Die Inhaber sorgen ja selbst dafür, dass es nicht zu laut ist. Beim CSD wird natürlich draußen gefeiert, aber im Alltag feiert man drinnen. Von Verweilen kann keine Rede sein, man will dann ja auch wieder rein, wo die Musik ist.“

Sie steht mit einer Freundin draußen vor der Bar. Sie rauchen, sind fröhlich und unterhalten sich angeregt. Getränke hat keine von ihnen auf der Straße mit. Das würden auch die Bars nicht erlauben, erzählen sie.

Für den klagenden Anwohner haben sie kein Verständnis: „Augen auf bei der Wohnungssuche.“ Auch der Mitarbeiter mit der Puppymaske sagt klar: „Die Schaafenstraße ist seit vielen Jahren bekannt als Partymeile. Das ist, als würde man über dem Vanity einziehen und sich dann über die Lautstärke aufregen.“

Kölner Schaafenstraße ist ein wichtiger Ort für die queere Community

Fàbian (28) aus Lüttich kommt extra zum feiern zur Schaafenstraße auf den Ringen.  Foto: Arton Krasniqi

Fàbian (28) aus Lüttich kommt extra zum feiern zur Schaafenstraße auf den Ringen.

Einschränkungen wie ein Verweilverbot auf der Schaafenstraße halten alle Feiernden und Mitarbeitenden für prekär. „Das wäre ein Schlag in den Magen. Damit würden wir als Community wieder mehr zu Feinden als zu Freunden werden und wir würden wieder mehr eingeschränkt und unterdrückt werden“, sagt der Barmitarbeiter.

„Die Schaafenstraße ist ein großes wichtiges Stück von Kölns Geschichte“, betont die Besucherin der Mumu. „Die Community ist hier tief verwurzelt, das ist ein sicherer Ort für uns.“ Ein Verweilverbot würde die Sache nur verlagern, dann wäre es irgendwo anders laut. „Aber es geht ja nicht nur um uns feiernde Leute, sondern man muss auch mal an die Gastronomie denken“, sagt sie. „Ich finde, das ist ein großer Aspekt. Sie haben schon an Corona gelitten, da hängen Existenzen dran.“

Einer der Besucher im Kingz, einer Bar ausschließlich für männliches Publikum, kommt häufig aus Belgien angereist, um auf der Schaafenstraße zu feiern. „Heute ist es sehr ruhig“, sagt er, „Wenn ich samstags da war, war es ein bisschen lauter, aber nicht exzessiv.“ Wo er herkommt, seien die Straßen deutlich eingeschränkter, so ist beispielsweise in der Gemeinde Brüssel-Stadt das Trinken von Alkohol in der Öffentlichkeit weitgehend verboten. Auf der Straße zu verweilen ist laut Fabian in Belgien nicht möglich.

„Das ist hier eine Art von Freiheit“, sagt der Belgier, der ebenfalls eine Hundemaske trägt und einen roten Lackanzug. „Ich bin immer glücklich, wenn ich hier bin, und es wäre eine große Enttäuschung, wenn es hier Einschränkungen gibt.“